Parlamentsreportage

Kucher zu Kickl: „Herbert, Tom Turbo hätte dir helfen können!“

Nicht nur Medienministerin Raab (ÖVP) verteidigte den ORF gegen die heftigen Angriffe der FPÖ.
Nicht nur Medienministerin Raab (ÖVP) verteidigte den ORF gegen die heftigen Angriffe der FPÖ. APA/Max Slovencik
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Herbert Kickls aus SPÖ-Sicht „große Angst“ vor Journalisten stand am Beginn der ersten Parlamentssitzung des Jahres. An ihrem Ende wurde das Ende des Amtsgeheimnisses beschlossen.

Wien. Für Herbert Kickl (FPÖ) war sie der „passende Einstieg“ in das „Superwahljahr“ 2024, die die volle Breitseite an Kritik gegen den ORF zum Thema hatte. Die erste Sitzung des Nationalrats am Mittwoch startete mit einer Aktuellen Stunde der FPÖ und somit mit lautstarker Polterei gegen „als Journalisten getarnte Polit-Akteure, die den ORF für Propaganda gegen die freiheitliche Partei missbrauchen“. Die neue ORF-Haushaltsabgabe, die seit 1. Jänner für alle Haushalte fällig ist, nannte er „Zwangssteuer“ und „Massengeldstrafe“.

Seine Hiebe Richtung ÖVP im „Angsthasensektor“ fielen ebenfalls gewohnt deftig aus. Die Kanzlerrede in Wels vom Freitag, in der Karl Nehammer Kickl als rechtsextrem bezeichnete, nannte er eine „massentherapeutische Sitzung“ im „größten Panikraum der Republik“. Die ÖVP wälze ihre eigene Angst vor ihm auf die Bevölkerung ab. „Die Zuseher können zu Hause den Angstschweißt schon riechen“.

Was folgte war eine parteiübergreifende Allianz gegen Kickls ORF-Kritik. Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) verteidigte die Reform mit dem Hinweis, dass der Betrag für 3,2 Mio. ehemalige Gis-Zahler nun deutlich günstiger sei. In Richtung Kickl sagte sie, dass er „die ganze Wahrheit“ sagen solle, nämlich, dass er gegen alle kritischen Medien sei. Für Applaus und lautes Gelächter in allen Fraktionen, sogar jenen der Blauen, sorgte SPÖ-Klubchef Philip Kucher. „Wir alle haben wahrscheinlich schon Interviews gehabt, über die wir nicht glücklich waren“, sagte er. „Das ist aber auch nicht die Aufgabe von Journalisten, uns glücklich zu machen. Ein bisschen was muss man auch aushalten. Gerade für dich, Herbert, wäre es so wichtig, dass dich Journalisten immer wieder mit Fakten konfrontieren“.

Kucher verwies auf einen „Sumpf“ in der FPÖ und den Umstand, dass sich Kickl vor Journalisten deshalb fürchte, weil sie ihn daran erinnerten, dabei hätte er selbst, etwa als Generalsekretär rund um die Vorwürfe zu mutmaßlichen Kickback-Zahlungen 2015, darauf schauen müssen. „Du hättest öfter das Kinderprogramm anschauen sollen im ORF. Der Tom Turbo oder der Fritz Phantom, die hätten dir helfen können bei der Recherche, wie schaut es mit dem Goldschatz aus in Tirol, wo sind die Eurofighter-Millionen?“.

Christian Hafenecker (FPÖ) bedankte sich im Anschluss bei der „Schrebergartenpartei“ SPÖ „für die Eröffnung des Villacher Faschings“. Die Grüne Klubchefin Sigrid Maurer sah sich bestätigt, dass die FPÖ „das deklarierte Vorbild Orbán“ habe, in dem „kritische Stimmen stumm gestellt werden“. Neos-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger zeigte ein gewisses Verständnis für die Kritik an der „Zwangssteuer“. Ihre Fraktion plädierte einmal mehr für eine umfassende ORF-Gremienreform.

Kogler und Edtstadler erfreut

Im Anschluss folgte eine Aktuelle Europastunde der ÖVP. Reinhold Lopatka reiste in seiner Rede als frisch gekürter Spitzenkandidat für die EU-Wahl weit in die europäische Geschichte zurück. Er betonte wie Nachrednerin Karoline Edtstadler (ÖVP), dass die Neutralität Österreichs mit einer gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik vereinbar sei. Lopatkas Kritik an EU-Parlamentarier Harald Vilimsky (FPÖ) löste überraschenden Zuspruch aus: Der Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas (ÖVP) saß neben Vilimsky, lachte und klopfte diesem dabei aufmunternd auf die Schulter. Später plädierte Karas für mehr Verteidigungsfähigkeit der EU. „Wenn wir uns ernst nehmen, müssen wir ohne USA und Nato wehrhaft sein“.

Neben Neuwahlanträgen von SPÖ und FPÖ stand mit dem Informationsfreiheitsgesetz am Nachmittag ein Großprojekt von Türkis-Grün an. Mit den Stimmen der SPÖ, aber ohne Unterstützung der FPÖ und Neos, wurde das Ende des Amtsgeheimnisses beschlossen. In Kraft tritt das Gesetz im September 2025. Werner Kogler (Grüne) und Edtstadler sprachen nach dem Ministerrat einmal mehr von einem „Paradigmenwechsel“.

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