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Wirbel um Föderl-Schmid: Rechtspopulistisches Portal bezahlte „Plagiatsjäger“ Weber

Alexandra Föderl-Schmid, Vize-Chefredakteurin der „Süddeutschen Zeitung“, hat sich vorübergehend aus dem operativen Tagesgeschäft zurückgezogen.
Alexandra Föderl-Schmid, Vize-Chefredakteurin der „Süddeutschen Zeitung“, hat sich vorübergehend aus dem operativen Tagesgeschäft zurückgezogen. APA / APA / Herbert Neubauer
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Das Portal „Nius“ beauftragte Stefan Weber, den Umgang der Journalistin Alexandra Föderl-Schmid mit Quellen zu untersuchen. Dafür floss ein niedriger vierstelliger Betrag, berichtet der „Spiegel“.

Eine weitere Wendung in der Geschichte um die österreichische Journalistin Alexandra Föderl-Schmid: Am Montag hatte sich diese als Vize-Chefredakteurin der „Süddeutschen Zeitung“ vorübergehend aus dem operativen Tagesgeschäft zurückgezogen. Grund sind Vorwürfe zu ihrem Umgang mit Quellen, die auch ihre Dissertation betreffen. Der „Spiegel“ berichtete nun, wer das Gutachten beim selbsternannten „Plagiatsjäger“ Stefan Weber finanzierte: Die Prüfung gab das rechtspopulistische Portal „Nius“ in Auftrag, Weber bekam demnach einen niedrigen vierstelligen Betrag für seine Arbeit.

„Nius“, bei dem Ex-„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt, der 2021 wegen Compliancevorwürfen das deutsche Boulevardblatt verlassen hatte, an Bord ist, berichtete am Montag zuerst über Details aus dem Plagiatsgutachten des Salzburger Kommunikationswissenschaftlers. Einen Hinweis auf die Finanzierung sparte das Portal aber aus. Wie aus einer dem „Spiegel“ vorliegenden E-Mail hervorgeht, habe es eine enge Absprache zwischen „Nius“ und Weber etwa in Bezug auf ein gemeinsames Wording zum Auftraggeber gegenüber anderen Medien gegeben. So hielt etwa die Deutsche Presseagentur (dpa) am Montag nach erfolgter Nachfrage bei Weber fest, dass „ein Kunde“ die Arbeit in Auftrag gegeben habe.

Prüfung umfasste Diplomarbeit und Dissertation – nicht aber „SZ“-Artikel

Die Prüfung wurde vergangenen Dezember in Auftrag gegeben und umfasst Föderl-Schmids Diplom- als auch die 1996 eingereichte Dissertationsarbeit. Nicht beteiligt war Weber an Recherchen zu Artikeln der Vize-„SZ“-Chefredakteurin, die bereits vor wenigen Monaten wegen nicht ausgewiesener Quellen in die Kritik kamen. Weber betonte, dass das Gutachten inhaltlich unabhängig von „Nius“ entstanden sei. In seiner Arbeit wies er darauf hin, dass er wie auch Föderl-Schmid am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg studiert habe, sie ihm aber persönlich nicht bekannt sei. Das zeigt ein Auszug, den „ZiB 2“-Anchorman Armin Wolf am Dienstag auf X (früher Twitter) veröffentlichte. Persönlich bekannt sei ihm aber der Begutachter der Dissertation, räumt Weber einen möglichen Interessenskonflikt ein. Schließlich habe er mit diesem als junger Forschungsassistent „seinen ersten schwerwiegenden wissenschaftlichen Konflikt“ gehabt.

Die vor ihrer Position in München unter anderem als „Standard“-Chefredakteurin tätige Föderl-Schmid hat mittlerweile selbst die Universität Salzburg um eine Prüfung ihrer Dissertation gebeten. Auch die „SZ“ schaltete eine externe Kommission ein. Für eine Stellungnahme steht Föderl-Schmid derzeit nicht zur Verfügung.

„SZ“ suchte nach dem „Maulwurf“

Was Föderl-Schmids Umgang mit Quellen in ihrer journalistischen Arbeit angeht, waren schon im Dezember 2023 Vorwürfe des Branchenmagazins „Medieninsider“ laut geworden: Föderl-Schmid soll demnach etwa Formulierungen aus anderen Medien unsauber zitiert, teils wortgleich übernommen haben. Einige Tage später berichtete das Magazin, dass Co-Chefredakteur Wolfgang Krach in einer Redaktionskonferenz die Vorwürfe als Angriff auf seine Zeitung kritisiert habe. Woher wusste das Magazin „Medieninsider“ von solchen internen Diskussionen? Bei der „SZ“ widmete man sich mit einigem Aufwand der Suche nach dem „Maulwurf“: Die Chefredaktion ließ – mit Zustimmung des Betriebsrats – E-Mails und Telefonverbindungen ihrer Mitarbeiter nach Kontakten zum „Medieninsider“ durchsuchen.

Zehn Jahre lang „Standard“-Chefredakteurin

Die 53-jährige gebürtige Oberösterreicherin Föderl-Schmid ist eine der prominentesten Journalistinnen Österreichs, die unter anderem mit dem Kurt-Vorhofer-Preis und dem Ari-Rath-Preis ausgezeichnet wurde. Sie arbeitete 27 Jahre lang für „Der Standard“ - zunächst in der Oberösterreich-Redaktion, später als Korrespondentin in Berlin und Brüssel. 2006 übernahm sie das Wirtschaftsressort der Qualitätszeitung und stieg 2007 als erste Frau zur Chefredakteurin einer österreichischen Tageszeitung auf. Ab 2012 war sie neben Oscar Bronner Co-Herausgeberin. 2017 verließ sie den „Standard“, um als Israel-Korrespondentin für die „SZ“ zu arbeiten. Seit 2020 agiert sie als stellvertretende Chefredakteurin der deutschen Zeitung, wo sie nun das operative Tagesgeschäft vorübergehend ruhend stellte. (APA/Red.)

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