Protest von Filmemachern

AfD-Politiker sind zu Berlinale eingeladen, aber „nicht willkommen“

Die Berlinale versteht sich als dezidiert progressives Filmfestival. Dass bei der Eröffnung der 74. Ausgabe am 15. Februar zwei AfD-Vertreter unter den Gästen sein könnten, geht der Festivalleitung selbst gegen den Strich.
Die Berlinale versteht sich als dezidiert progressives Filmfestival. Dass bei der Eröffnung der 74. Ausgabe am 15. Februar zwei AfD-Vertreter unter den Gästen sein könnten, geht der Festivalleitung selbst gegen den Strich.Reuters / Fabrizio Bensch
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Über 200 Filmschaffende protestierten gegen die Einladung zweier AfD-Vertreter zur Eröffnung des Filmfestivals – und brachten die Berlinale-Leitung in Erklärungsnot.

Wer darf zur Berlinale kommen? Besser gefragt: Wen soll das Berliner Filmfestival aktiv zur Eröffnung am 15. Februar einladen? Eine diesbezügliche Kontroverse beschäftigt selbst Hollywood-Medien. Auf die Einladung zweier Vertreter der rechtspopulistischen, teilweise auch als rechtsextrem eingestuften, AfD haben über 200 Kulturschaffende mit einem Protestbrief reagiert. Die Berlinale-Leitung stellte daraufhin klar, dass die Politiker zwar eingeladen, aber „nicht willkommen“ seien.

Das US-Medium „Deadline“ berichtete zuerst über den Brief, der nicht mehr online aufrufbar ist: Man sei „empört“ über die Einladung der AfD-Politiker, heißt es darin. Die Einladung laufe dem Anspruch des Festivals, ein Ort der Toleranz und Verständigung zu sein, zuwider. Die Berlinale gilt politisch als dezidiert progressiv, im Filmprogramm wird der Aufstieg rechtspopulistischer Kräfte oft sehr kritisch beleuchtet. „Wir weigern uns, die Teilnahme von rechten Politikern in unseren Räumen zu normalisieren oder zu erlauben“, zitiert „Deadline“ aus dem Brief.

„Kein sicherer Ort für Juden und Frauen“

Die Eröffnungszeremonie könne, wenn die AfD-Politiker daran teilnehmen, kein „sicherer Ort für Juden, Frauen, Mitglieder der Bipoc-, LGBTI+-, Behinderten-, Roma- und Sinti-Gemeinschaft oder Zeugen Jehovas“ sein – Gruppen, die in den Händen von „einer anderen rechtsextremen, nationalkonservativen Bewegung in Deutschland“ verfolgt und ermordet wurden.

Unterzeichnet wurde der Brief von unterschiedlichen (großteils wenig bekannten) Personen aus der Filmbranche, darunter Regisseurinnen, Kostümbildner und Produzentinnen. Auch die österreichischen Filmemacherinnen Katharina Mückstein, Clara Stern und Elisabeth Scharang finden sich in der Liste.

AfD-Vertreter sollen „persönlichen Brief“ bekommen

Konkret gingen die Einladungen der Berlinale an die Berliner AfD-Vorsitzende Kristin Brinker – die etwa auch am Geheimtreffen von Rechtskonservativen und Rechtsextremen in Berlin teilnahm, mit u. a. dem Identitären-Chef Martin Sellner – und an Ronald Gläser, Brinkers Stellvertreter.

Die Berlinale-Leitung reagierte in einem ausführlichen Statement wie auch auf Instagram auf die Kritik an der Einladungspolitik: Mitglieder der AfD verträten zutiefst antidemokratische Positionen, heißt es darin. Die beiden Politiker, um die es nun geht, seien aber nicht persönlich eingeladen worden. Einladungen könnten an gewählte Abgeordnete aus allen Parteien gehen: So gebe es Einladungskontingente für gewisse Gremien wie den Berliner Senat oder Kulturausschüsse. Auf diese Weise seien auch die beiden AfD-Vertreter zu ihren Karten gekommen. „Das ist ein Fakt, und den müssen wir als solches akzeptieren“, so Berlinale-Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek.

Sie schrieb aber auch: Das Festival stehe gegen Rechtsextremismus und unterstütze alle Proteste gegen antidemokratische Bewegungen. Wer antidemokratische Werte vertritt, sei nicht willkommen bei der Berlinale. Das wolle man den AfD-Vertretern auch „klar und deutlich in einem persönlichen Brief“ mitteilen.

> Zum Artikel des US-Branchenblatts „Deadline“

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