Kommentar

Hat sich die SPÖ schon aufgegeben?

Andreas Babler beim Parteitag im November.
Andreas Babler beim Parteitag im November. APA /Erwin Scheriau
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Wieder einmal trägt die Partei ihre Machtkämpfe auf offener Bühne aus. Wahlen werden sich so nicht gewinnen lassen.

Wer hat noch nicht, wer will noch mal? Die SPÖ frönt einem neuen Volkssport: dem „Babler-Bashing“. Funktionäre der zweiten bis vierten Reihe arbeiten sich am Vorsitzenden ab und kritisieren ihn entweder offen oder greifen seine zentralen Positionen ab. Josef Muchitsch, Chef der sozialdemokratischen Gewerkschafter richtet ihm aus, dass er wirtschaftsfreundlicher werden und das zentrale Projekt mit den Vermögenssteuern lieber sein lassen soll. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig tadelt den Parteichef für die Verwendung von Kraftausdrücken. Der Landesparteisekretär der SPÖ Niederösterreich torpediert die zentrale strategische Festlegung, eine Brandmauer gegen die FPÖ zu bilden und hält eine Koalition mit den Freiheitlichen für überlegenswert. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil greift das Thema freudig auf. Und der Tiroler Parteichef Georg Dornauer kritisiert so ziemlich alles, was die Wiener Genossen machen.

Zu einem guten Teil sind das natürlich die Nachwehen der Kampfabstimmung über den Parteivorsitz im vergangenen Jahr. Es ist vor allem das unterlegene Lager, das jetzt gegen den Parteichef ausreitet. Aber die auf offener Bühne ausgetragenen Machtkämpfe erstaunen doch: Was will die SPÖ in einem Super-Wahljahr gewinnen, wenn sie als zerstrittener Haufen daherkommt? Oder haben manche die Wahl schon aufgegeben und nutzen die Gunst der Stunde, sich auf Kosten der Partei und des Parteichefs zu profilieren?

Für Andreas Babler wird die Situation zunehmend bedenklich. Die zentrale Aufgabe, die Partei nach dem internen Wahlkampf wieder zu einen, ist misslungen. Und seine Durchsetzungsfähigkeit scheint eingeschränkt zu sein. Man erinnere sich nur an sein „Machtwort“ in der Affäre um den Kleingarten des Donaustädter Bezirksvorstehers. Diese Vorgänge werde er „nicht dulden“, sagte Babler. Danach passierte – nichts.

Andreas Babler hat gewusst, dass er nicht all zu viele Anhänger auf der höheren Funktionärsebene hat. Vorsitzender wurde er, weil die Wiener Landespartei einen Parteivorsitzenden Hans Peter Doskozil verhindern wollte und weil er am linken Parteiflügel mobilisieren konnte. Dort eine Aufbruchstimmung und eine Bewegung von unten auszulösen, wäre eine Chance gewesen. Aber auch davon ist derzeit recht wenig zu sehen.

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