Konjunkturpaket

Bauwirtschaft fordert Eigenheimbonus von bis zu 100.000 Euro

Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer (WKÖ), lud zum Arbeitsgespräch zur Baukonjunktur.
Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer (WKÖ), lud zum Arbeitsgespräch zur Baukonjunktur.Clemens Fabry/Die Presse
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Die Branchenvertreter schicken ihre Wunschliste an die Regierung. Eine der vielen Forderungen ist ein Eigenheimbonus, der für das erste eigene Haus oder Wohnung vom Bund zur Verfügung gestellt werden soll.

Wien. 13 einflussreiche Entscheidungsträger kamen im repräsentativsten Raum der Wirtschaftskammer zusammen. WKÖ-Präsident Harald Mahrer hatte gestern, Montag, zu einem Arbeitsgespräch mit Spitzenvertretern der Bau-Sozialpartner und der Baubranche eingeladen. Nicht nur Bauwirtschaftsvertreter wie Immobilienobmann Gerald Gollenz und Georg Bursik saßen in der U-förmigen Tischrunde, sondern auch Nationalbank-Vizegouverneur Gottfried Haber und Erste-Group-Chef Willi Cernko nahmen an der Diskussion teil. Schließlich ist es vor allem die schwierige Finanzierungslage, die der Branche zu schaffen macht.

„Jetzt gibt es noch einen guten Zeitpunkt, etwas zu tun“, sagte Mahrer vor Journalisten. Scheitert die Regierung mit der Verabschiedung von Unterstützungsmaßnahmen, drohen eine höhere Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Seitwärtsbewegung, weniger Wohnraum sowie ausbleibende Sanierungen.

„Großvolumiger Betrag“

Die Koalition hatte schon angedeutet, sich auf ihre letzten Monate im Amt noch für ein Konjunkturpaket zusammenzuraufen. Einer der Profiteure soll eben die Baubranche sein. Deren Vertreter wollen nun sichergehen, dass die Kräfte der Politiker im Endspurt nicht nachlassen. Deswegen senden sie ihre expliziten Wünsche an die Regierung.

(c) Die Presse

Mahrer sagte, das Paket müsse vor allem „schnell gehen und unmittelbar wirksam sein“. Auf eine konkrete Summe wollte man sich nicht festlegen. Die Verhandlungen mit der Regierung laufen derzeit parallel, und die Branche wolle ÖVP und Grüne keine Details über die Medien ausrichten.

Dennoch: „Großvolumig“ müsse der Betrag sein, so Mahrer. Mindestens 500 Millionen Euro allein für die Ausweitung der Wohnbauförderung schweben ihm für die kommenden zwei bis drei Jahre vor. Es seien schon viele genehmigte Projekte in der Pipeline. Diesen solle das frische Geld unter anderem zugutekommen. Der gewerbliche sowie der soziale Wohnbau sollen gefördert werden. Auch Maßnahmen bei der Finanzregulatorik und den Verwaltungsprozessen brauche es.

Vor allem bei der KIM-Verordnung erhofft man sich eine Erleichterung, weil der Einfamilienhausbereich lahmt. Denn diese schränkt die Kreditvergabe für den Eigenheimerwerb ein und wurde erst im August 2022 enger gezurrt – aus Sorge, dass sich die Leute sonst überschulden würden. Eine Lockerung der KIM-VO ist laut „Presse“-Informationen nicht in Sicht – eher eine Vereinfachung der Ausnahmeregeln.

Konkret schlugen die Bau-Sozialpartner einen Eigenheimbonus für die erste eigene Wohnung oder das erste eigene Haus vor. „Das würden wir der Regierung ganz wärmend ans Herz legen“, sagte Mahrer. Hier sei ein Betrag von etwa 20 Prozent der Kosten vom Bund im Spiel. Dieser könnte bei 100.000 Euro gedeckelt werden, gelte als nicht rückzahlbarer Zuschuss und soll auch als Eigenmittel bei der Bank anrechenbar sein und somit die Kreditaufnahme erleichtern.

Geschenktes Steuerzahlergeld

Einen Widerspruch sieht Franz Schellhorn, Leiter der Agenda Austria. „Zuerst verschärft der Staat ohne Not die Kreditaufnahme durch neue Regularien, um den Bürgern dann bis zu 100.000 Euro Steuerzahlergeld zu schenken“, der Leiter des Thinktanks gegenüber der „Presse“. Für ihn ist das „absurd und gefährlich“, weil damit die Inflation weiter angeheizt werde.

Vernünftiger sei es, private Sanierungen steuerlich zu entlasten und Unternehmen die Möglichkeit zu geben, Investitionen schneller abschreiben zu können. „Genau das hat der damalige Finanzminister Hannes Androsch in den 1970er-Jahren mit großem Erfolg umgesetzt“, sagte Schellhorn. Derzeit darf der Bauträger beim Wohnbau 1,5 Prozent der investierten Summe per anno steuerlich abschreiben. Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf forderte nun eine „degressive Abschreibung“, um Entwicklern höhere Erleichterungen gleich zu Beginn eines Projektes zu ermöglichen.

(c) Die Presse

Offenbar herrscht ungewöhnliche Einigkeit unter allen Beteiligten. Selbst der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) und SPÖ-Politiker Josef Muchitsch hat kein Problem mit finanziellen Zuschüssen zum Hausbau oder Wohnungskauf. Er sorgt sich vor allem um Arbeitsplätze am Bau. Diese jetzt zu verlieren, wäre „ein Schuss ins Knie“, sagte Muchitsch.

Die Lage in der Baubranche sei „angespannt“, so Mahrer. Die Bauwirtschaft ist „ein wichtiger Motor“ für Österreich und habe mit mehr als 40.000 Betrieben eine erhebliche Bedeutung für das Land. Komme dieser Motor ins Stottern, fehle in Zukunft Mietwohnraum.

In der Braubanche herrscht ein toxischer Mix. Erst hatte die Pandemie die Nachfrage und die Preise befeuert, dann sorgte die Zinswende für abruptes Ende der vollen Auftragsbücher. Derzeit kämpft der Sektor mit einer herausfordernden Finanzierungslage, etlichen Insolvenzen und einer steigenden Arbeitslosigkeit.

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