Justiz

Volksanwaltschaft fordert bessere Suizidprävention in Gefängnissen

Um die Justizanstalten zu entlasten, fordert die Volksanwaltschaft eine Ausweitung der Fußfessel
Um die Justizanstalten zu entlasten, fordert die Volksanwaltschaft eine Ausweitung der FußfesselAPA/Helmut Fohringer
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Suizid gilt im Strafvollzug als Todesursache Nummer eins. Seit Juli 2023 liegen Vorschläge zur Prävention vor. Passiert sei seither nichts, kritisiert die Volksanwaltschaft.

Eine Reihe offener Baustellen ortet die Volksanwaltschaft im Strafvollzug. Volksanwältin Gaby Schwarz (ÖVP) pocht vor allem darauf, dass die Empfehlungen, die eine Arbeitsgruppe zur Suizidprävention ausgearbeitet hat, rasch umgesetzt werden.

Der Endbericht der Expertinnen und Experten liege seit 19. Juli 2023 vor, seither sei seitens des Justizministeriums „leider nichts passiert“, kritisierte Schwarz. Dabei gilt Suizid als Todesursache Nummer eins in den Gefängnissen. Auch hierzulande sind die Zahlen zuletzt nach oben gegangen. Zwischen 46 und 49 Suizide und Suizidversuche im Jahr hat es zwischen 2021 und 2023 gegeben. Seit Jahresbeginn ist es laut Volksanwaltschaft bereits zu acht Suizidversuchen und einem Suizid gekommen.

„Es geht um Menschenleben“

„Unsere Forderung ist ganz klar. Wir wollen, dass von diesen 48 Empfehlungen endlich welche umgesetzt werden. Da sind ganz einfache Dinge dabei, etwa dass nach acht bis zwölf Wochen in Haft eine zweite Einschätzung zum Suizidrisiko getroffen wird“, sagte Schwarz. Und weiter: „Da müssen Dinge passieren. Es geht um Menschenleben.“ Der aktuelle Zustand sei nämlich „äußerst unbefriedigend“.

Der Jugendstrafvollzug wird schon in wenigen Monaten von der bisher vor allem darauf spezialisierten Justizanstalt (JA) Gerasdorf weitgehend in eine neue Einrichtung in der Bundeshauptstadt übersiedeln und am Standort Münnichplatz an die JA Wien-Simmering angebunden. „Im Juli sollen dort schon die Menschen sein. Das ist extrem spät, extrem schlecht kommuniziert worden für alle Betroffenen“, hielt Schwarz fest. Das habe zu Verunsicherungen beim Personal und bei den Insassen in Gerasdorf geführt, „die nicht wissen, wie es mit ihnen weitergeht“.

Inhaftierte Mädchen benachteiligt

Auch die männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Justizanstalt Wien-Josefstadt würden nach Simmering verlegt, die für Burschen bestehende Jugendabteilung in der Josefstadt aufgelöst. Den Mädchen, die dort aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Anzahl in der Frauenabteilung untergebracht sind, gingen damit allerdings ihrer Beschäftigungs- und Ausbildungsmöglichkeiten verloren. Wegen des Trennungsgebots können sie nicht am Münnichplatz untergebracht werden. In der Josefstadt wird es aber zukünftig wohl keinen Schulbetrieb und auch keine Betreuungsmöglichkeiten für junge Insassinnen mehr geben, befürchtet Schwarz. Damit seien inhaftierten Mädchen und jungen Frauen klar benachteiligt.

Die Volksanwaltschaft spricht sich für die Ausweitung der Fußfessel-Regelung aus, die derzeit nur für zu verbüßende Strafen bzw. Reststrafen vorgesehen ist, die zwölf Monate nicht übersteigen. Die Möglichkeit, den elektronisch überwachten Hausarrest auf Strafzeiten von bis zu 18 oder 24 Monaten auszudehnen, würde „eine eklatante Entlastung der Justizanstalten“ bewirken, gibt Volksanwältin Schwarz zu bedenken. Einen entsprechenden Vorschlag gebe es seit 2019, weshalb das Justizministerium diesen nicht aufgegriffen habe, „erschließt sich mir nicht. Es wäre vernünftig, das rasch auf den Weg zu bringen“. Der elektronisch überwachte Hausarrest sei schließlich „kein Spaziergang“, sondern eine freiheitseinschränkende Maßnahme. (APA)

Hilfe bei Suizidgefahr

Es gibt eine Reihe Hilfseinrichtungen und Anlaufstellen für Menschen in akuten Krisensituationen. Unter www.suizid-praevention.gv.at findet man Notrufnummern und Erste Hilfe bei Suizidgedanken.

Telefonische Hilfe gibt es auch bei:

Kriseninterventionszentrum (Mo-Fr 8-17 Uhr): 01/406 95 95, kriseninterventionszentrum.at
Rat und Hilfe bei Suizidgefahr 0810/97 71 55
Psychiatrische Soforthilfe (0-24 Uhr): 01/313 30
Sozialpsychiatrischer Notdienst 01/310 87 79
Telefonseelsorge (0-24 Uhr, kostenlos): 142
Rat auf Draht (0-24 Uhr, für Kinder & Jugendliche): 147
Gesprächs- und Verhaltenstipps: bittelebe.at

Hilfe für Menschen mit Suizidgedanken und Angehörige bietet auch der noch recht junge Verein „Bleib bei uns“. www.bleibbeiuns.at

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