Junge Forschung

Dominoeffekt von Omega-3-Fetten

Matthias Pilecky untersucht Effekte auf mikroskopisch kleinem, molekularbiologischem Level und ihre Auswirkungen auf ganze Ökosysteme.
Matthias Pilecky untersucht Effekte auf mikroskopisch kleinem, molekularbiologischem Level und ihre Auswirkungen auf ganze Ökosysteme.Lukas Aigelsreither
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Der Analytische Biochemiker Matthias Pilecky verfolgt Veränderungen in Ökosystemen zurück bis zu kleinsten mikrobiologischen Prozessen, die dafür verantwortlich sein können.

„Was genau ich bin, weiß ich eigentlich nicht“, sagt Matthias Pilecky von der Uni für Weiterbildung Krems (UWK) lachend. Tatsächlich ist die Liste seiner Projekte ein buntes Sammelsurium: Gerade ist er zurück aus Mexiko, wo er nordamerikanische Monarchfalter untersucht hat, um deren Futterorte auf ihrer Wanderung über den Kontinent herauszufinden. Promoviert hat der gebürtige Niederösterreicher mit dem Nachweis von Sepsis auslösenden Bakterien. Sein aktueller Schwerpunkt am Wassercluster Lunz liegt wiederum auf der Rolle von Omega-3-Fettsäuren für die Entwicklung von Nervensystemen.

„Der Kern meiner Arbeit ist die chemische Analyse von molekularbiologischen Vorgängen in Organismen. Ob Fisch, Insekt oder Mensch – es sind immer die gleichen Prozesse“, erklärt Pilecky. „Die Anatomie des jeweiligen Nervensystems ist eine komplett andere, aber wie Signale übertragen werden, welche Moleküle dafür notwendig sind, funktioniert nach dem gleichen Grundprinzip.“

Kleine Moleküle, große Wirkung

Er sei ein naturwissenschaftlicher Spätzünder gewesen, verrät der 35-Jährige. Seine Interessen lagen zunächst auf Sprachen. Erst zum Ende der Oberstufe hin entdeckte er die Molekularbiologie: „Das brachte mich zum Studium der Biologischen Chemie an der Uni Wien. Ich wollte wissen, wie Leben im Detail funktioniert.“ In der Ausbildung habe er sich dann am liebsten Lehrveranstaltung von „klassischen alten Professoren“ herausgepickt: „Die, die kurz vor der Pensionierung gestanden sind und ein irrsinniges Wissen hatten.“ Ihn interessierte – und das zieht sich durch seine ganze Berufslaufbahn –, wie das Vorhandensein kleinster Spuren von Molekülen in Umwelt- oder biologischen Proben analysiert werden kann.

Nach dem Studium arbeitete er sechs Jahre lang im Bereich der medizinischen Diagnostik. Erst durch eine freie Doktoratsstelle bei einem universitären Partner landete Pilecky in der Forschung. Im Zuge seiner Promotion an der Uni in Krems entwickelte er verbesserte Methoden, um Bakterien bei einer Blutvergiftung (Sepsis) rasch nachweisen zu können. Das ist essenziell für den Erfolg der Therapie. Wirklich befriedigend fand er die medizinische Arbeit jedoch nicht: „Ich habe das Forschungsumfeld sehr stark als ein Konkurrenzfeld wahrgenommen. Das entsprach mir nicht.“ Er wolle Wissen kooperativ vorantreiben.

»Ich möchte mit meiner Arbeit Wissen vorantreiben, und zwar auf kooperative Art und Weise.«

Bei einem Gespräch mit dem Ökologen (und jetzigen Chef) Martin Kainz vom interuniversitären Wassercluster Lunz, an dem auch die UWK beteiligt ist, wurde Pilecky klar, wie wertvoll seine analytischen Kenntnisse dort wären. Die beiden machten Nägel mit Köpfen, seit vier Jahren ist der Chemiker mit von der Partie in Lunz. Seine treibenden Fragen hier: Wie wirken sich veränderte Umweltbedingungen auf die Physiologie von Organismen aus und wie beeinflusst das wiederum Verhalten, Reproduktion und biologischen Erfolg von Spezies?

Derzeit beschäftigt er sich mir Omega-3-Fettsäuren, dem „Schmiermittel“ für Nervensysteme, damit der Transport von Signalen nicht ins Stocken gerät. „Tiere können Omega-3-Fettsäuren nicht selbst herstellen, das können nur bestimmte Algen. Sie müssen sie über die Nahrungskette aufnehmen“, erklärt Pilecky. Fehlen darin sofort nutzbare Omega-3-Fettsäuren, weil etwa das Wasser besagten Algenarten zu warm geworden ist, kann sich das Nervensystem von Fischen schlechter ausbilden und sie nehmen zum Beispiel Licht weniger wahr: „Die Tiere werden zur leichten Beute oder zu schlechten Jägern. Das ändert das ganze Ökosystem.“

Finnische Herausforderung und bohrende Kinderfragen

Nach wie vor haben es Sprachen dem zweifachen Vater (5 und 8 Jahre) und Marathonläufer – er hat schon mehrere Ironman bestritten – angetan. Und so nahm er ein Kooperationsprojekt mit der Uni von Ostfinnland in Joensuu 2022 zum Anlass, um die Landessprache zu erlernen („Mittlerweile kann ich Autoreparaturen verhandeln“). Langweilig wird Pilecky in seiner Freizeit nicht so schnell, hält ihn nicht zuletzt sein Ältester gern mit bohrenden naturwissenschaftlichen Fragen auf Trab, die selbst den Forscherpapa ins Schwitzen bringen.

Zur Person

Matthias Pilecky (35) ist in Melk (NÖ) aufgewachsen. Er studierte an der Uni Wien Biologische Chemie. Vor seinem Doktorat an der Universität für Weiterbildung Krems war Pilecky in der Privatwirtschaft im Bereich medizinische Diagnostik tätig. Seit vier Jahren ist der Forscher am Wassercluster Lunz in Niederösterreich tätig.

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