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Reinhardt-Seminar-Chefin: „Hoffe, dass ich für einen Neuanfang stehe“

Die Dramaturgin Alexandra Althoff auf einem undatierten Archivbild. Althoff wird die neue Leiterin des Max-Reinhardt-Seminars.
Die Dramaturgin Alexandra Althoff auf einem undatierten Archivbild. Althoff wird die neue Leiterin des Max-Reinhardt-Seminars.APA/HEINZ HOLZMANN
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Alexandra Althoff: „Habe großes Vertrauen von den Studierenden ausgesprochen bekommen“. Die neue Reinhardt-Seminar-Chefin würde auch den Nestroy-Jury-Vorsitz zur Verfügung stellen, „sollte es sich herausstellen, dass es problematisch ist“

Alexandra Althoff setzt auf Nachhaltigkeit. Als Leiterin eines Theaters könne man einige Jahre seine Vorstellungen umsetzen, dann werde die Resettaste gedrückt und alles beginne wieder von vorne. Als Leiterin einer Ausbildungsstätte könne man dagegen Weichen langfristig stellen, benennt Alexandra Althoff, die mit 1. März die Leitung des Max Reinhardt Seminars übernimmt, ihre Kernmotivation. „Ich hoffe, dass ich für einen Neuanfang stehe“, sagt sie im Interview mit der APA.

Einen Neuanfang braucht das an die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw) angegliederte Institut, in dem derzeit 38 Studierende des Bereichs Schauspiel und acht Studierende des Bereichs Schauspielregie das Handwerk lernen. „Handwerkliche Exzellenz ist noch immer das Fundament des Berufes“, ist sich Althoff sicher, so sehr sich die Umstände des Theatermachens auch geändert hätten. Dass dies nicht nur technische, sondern auch strukturelle und soziale Fragen betrifft, wurde im Mai des Vorjahres manifest, als Studierende der Institutsleiterin Maria Happel u.a. „Machtmissbrauch, Nepotismus und Ignoranz“ vorwarfen. Happel trat zurück, wurde später durch einen internen Expertenbericht entlastet, das Institut zunächst von Gerda Müller, später von Tamara Metelka interimistisch geführt. Althoff, die hier schon 2013 bis 2018 als Lektorin tätig war und nach ihrem Ausscheiden als Stellvertretende Künstlerische Direktorin des Burgtheaters 2022 wieder zwei Seminare übernommen hatte, wurde Stellvertreterin und vor wenigen Wochen zur künftigen Leiterin ernannt.

„Haben uns auf allen Ebenen intensiv ausgestauscht“

„Die Professorinnen und Professoren haben einstimmig den Vorschlag für die neue Leitung mit Steffen Jäger als meinen Stellvertreter dem Rektorat unterbreitet - unsere Ernennung wurde von allen Seiten begrüßt. Ich habe großes Vertrauen von den Studierenden ausgesprochen bekommen“, freut sich Althoff, die im vergangenen Sommer vom Offenen Brief „aus der Zeitung“ erfahren hat, während sie am Mozarteum in Salzburg und an der Kunstuni Graz unterrichtete. In den vergangenen Monaten „haben wir uns auf allen Ebenen intensiv ausgetauscht“, eine professionell begleitete Mediation habe eine solide Gesprächsbasis hergestellt, die durch neue Austauschformate auch künftig erhalten bleiben soll.

Denn, so macht die neue Institutsleiterin deutlich: „Es gibt noch viel zu tun!“ Und damit meint sie Haltungen und Strukturen, die nicht nur am Reinhardt Seminar, sondern in der ganzen Branche jenes respektvolle und angstfreie Arbeiten ermöglichen sollen, das nicht erst seit #metoo eingefordert wird, und die zu einer gemeinsamen Autorenschaft für das, was auf der Bühne zu sehen ist, führt. „Das bedeutet eine große Herausforderung, aber auch eine ebensolche Verantwortung - für alle.“

Inhaltlich habe die am Seminar in Ausbildung befindliche nächste Regie- und Darsteller-Generation die Herausforderungen unserer Zeit längst angenommen, glaubt Althoff und zeigt sich etwa stolz auf Bianca Thomas' Diplominszenierung „K.I. und Abel“, die sich unter Einbeziehung von Künstlicher Intelligenz kritisch mit Potenzialen und Gefahren dieser neuen Technologie auseinandersetzt und die am 31. Mai im Schönbrunner Schlosstheater wieder aufgenommen wird. Auch Lukas Schöppl widme sich in seiner Vordiplominszenierung „Donna x Machina“, die am 19. März in der Alten Studiobühne des Seminars Premiere hat, mit Überalterung und Pflege-Robotern hoch aktuellen Themen. „Die Studierenden gestalten das Theater der Zukunft“, ist Althoff überzeugt.

Nestroy-Kategorien „in permanentem Wandel“

Dass sich die Kategorien „in einem permanenten Wandel befinden“ (Althoff), zeigt sich auch an den internen Diskussionen der Nestroy-Jury, der die Dramaturgin seit der Saison 2022/23 vorsitzt. Als mit Selma Kay Matter eine nicht binäre Person für das am Schauspielhaus Wien uraufgeführte Stück „Grelle Tage“ für den Nachwuchspreis in Betracht kam, splittete man den bisher in „männlich/weiblich“ zugeordneten Preis in zwei geschlechterneutrale Kategorien neu. Hier sei eine Diskussion in Gang gekommen, die man intensiv führe und deren Ausgang noch völlig ungewiss sei, erzählt Althoff.

Noch nicht geführt wird dagegen die Diskussion, ob die Leitung des mit vielen Bühnen kooperierenden Max Reinhardt Seminars, dessen Absolventen aus dem deutschsprachigen Theaterbetrieb nicht wegzudenken sind, mit der Leitung der Jury eines Theaterpreises vereinbar ist. Sie habe das Vertrauen des Preis-Ausrichters, des Wiener Bühnenvereins, und der Jurymitglieder, sagt Althoff, „sollte es sich jedoch herausstellen, dass es problematisch ist, werde ich diese Position wieder zur Verfügung stellen. Klar ist: Als Theaterleiterin würde ich für die Juryleitung nicht infrage kommen.“

Und - wie steht es mit ihren Ambitionen auf eine Theaterleitung? Gerade eben ist am Wiener Volkstheater trotz hochkarätiger weiblicher Bewerbungen wieder ein Mann zum Zug gekommen. Wer Stellvertretende Künstlerische Direktorin des Burgtheaters war, sollte doch für viele Bühnen in Betracht kommen? „Ich hatte es nicht geplant, das Reinhardt Seminar zu übernehmen. Nach meinem Ausscheiden aus dem Burgtheater war es eine schöne Überraschung, dass ich gefragt wurde, ob ich bereit wäre, im Seminar mehr Verantwortung zu übernehmen, außerdem wollte ich auch meine Wahlheimat Wien nicht so rasch wieder aufgeben. Ich möchte nicht ausschließen, dass ich in Zukunft einmal ein Theater leiten werde. Aber ich bin sicher nicht auf dem Sprung zu einer nächsten Station. Am Max Reinhardt Seminar fühle mich am richtigen Platz - und das nicht nur kurzfristig.“ (APA)

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