Afghanistan

Wie ein österreichischer Rechtsextremist in die Hände der Taliban fiel

Herbert Fitz nach seiner Ankunft in Doha am Sonntagabend.
Herbert Fitz nach seiner Ankunft in Doha am Sonntagabend.APA / AFP / Karim Jaafar
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Der 84-jährige Österreicher, der am Wochenende aus einem Gefängnis in Afghanistan freikam, wollte beweisen, dass das Land sicher genug sei, um Asylwerber dorthin abzuschieben. Er ist Mitbegründer der 1988 verbotenen Nationaldemokratischen Partei (NDP).

Nach neun Monaten in Taliban-Haft ist ein 84 Jahre alter Österreicher am Montagvormittag in Wien gelandet. Laut Außenministerium wurde Herbert Fritz von seinen Töchtern sowie vom FPÖ-Abgeordnete Martin Graf am Flughafen in Wien in Empfang genommen.

Der 84-Jährige hatte sich über eine langjährige Reisewarnung hinweggesetzt und war im Frühling 2023 bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate nach Afghanistan gereist. Der seit Jahrzehnten bekannte Rechtsextremist wollte beweisen, dass das Land sicher sei, um Asylwerber aus Afghanistan wieder in ihre Heimat abschieben zu können - und landete selbst in Haft.

„Es gibt auch dumme Leute in Afghanistan“

Nach Bemühungen des Außenministeriums landete Fritz am Sonntag in Doha, wo er dem TV-Sender „Al Jazeera“ ein Interview gab. „Ich denke, es war Pech, aber ich möchte es wieder besuchen“, sagte Fritz laut „Al Jazeera“ am Sonntagabend. Nach seiner Ankunft in Wien klang das dann allerdings doch wieder anders, wie die „Kronenzeitung“ berichtet.  „Ich denke, es war Pech, aber zum Wohl meiner Familie möchte ich nicht mehr hinreisen“, sagte der 84-Jährige demnach in Wien.

„Es gab einige nette Leute dort, aber auch einige dumme Leute. Das tut mir leid“, sagte Fritz gegenüber internationalen Journalisten in Doha über die Personen, die ihn gefangen gehalten hatten. Das Emirat Katar hatte die Freilassung des Mannes vermittelt. Fritz landete am Sonntagabend in Doha, wo er von Peter Launsky-Tieffenthal empfangen wurde. Der außenpolitische Sonderbeauftragte des Bundeskanzlers und ehemaliger Generalsekretär des Außenministeriums hatte sich intensiv um die Freilassung des Österreichers bemüht. Am Montag ist Fritz dann weiter nach Wien gereist.

Foto mit Oppostionsführer als Verhaftungsgrund

Die Taliban nahmen den Mann im Mai 2023 fest. Laut seiner Familie wurde Fritz in Kabul auf der Straße eine Kapuze über den Kopf gezogen. Danach brachten ihn die Taliban in eine Gefängnis. Nach monatelanger Einzelhaft kam er in eine Zelle, die er sich mit drei weiteren Insassen teilte. Einer seiner Mithäftlinge war ein britischer UNO-Mitarbeiter, der vergangenen Oktober mit drei weiteren Briten aus afghanischer Haft freigelassen wurde. Der 54-Jährige berichtete über furchtbare Zustände in der Zelle: Ohne Tageslicht mussten die Häftlinge auf einer Matratze am kalten Boden und ohne Decken auskommen. Oft durften sie nur ein Mal im Monat für maximal 20 Minuten ins Freie. Herbert Fritz seien Medikamente verweigert worden. Zwar seien ab und zu Ärzte zu den Häftlingen gekommen, diese seien aber sehr schlecht ausgebildet gewesen. Fritz sei zuerst medizinische Versorgung vorenthalten worden, erst nach langen Bemühungen habe er Ersatz für sein kaputtes Hörgerät bekommen sowie die nötigen Medikamente.

Laut seiner Tochter hat Fritz für ein Buch in Afghanistan recherchiert. Ein auf seinem Handy gespeichertes Foto, das den Taliban nicht gefallen habe, sei ihm zu Verhängnis geworden: Das Bild zeigt ihn mit einem afghanischen Oppositionsführer auf dem Handy, das offenbar bei einer Veranstaltung in Wien aufgenommen wurde. Für die Taliban sei dieses Bild der Hauptgrund für die Festnahme gewesen.

Peter Launsky-Tieffenthal und Martin Fritz in Doha.
Peter Launsky-Tieffenthal und Martin Fritz in Doha.APA / AFP / Karim Jaafar

Im April 2023 veröffentlichte das rechte Blatt „Info Direkt“ einen Bericht von einer zweiwöchigen Afghanistan-Reise des Mannes im Herbst 2022. Der mit mehreren Bildern versehene Artikel trug den Titel „Urlaub in Afghanistan“. „Dass Afghanistan nach dem Sieg der Taliban über die US-Besatzer und deren Lakaien wieder sicher ist, zeigt der Wiener Völkerfreund Herbert F., der im letzten Herbst über zwei Wochen das Land bereiste und mit vielen unterschiedlichen Menschen ins Gespräch kam“, hieß es im Einleitungstext.

Gründungsmitglied der rechtsextremen NDP

Der 84-Jährige ist in Österreich kein unbeschriebenes Blatt: Herbert Fritz war ein Gründungsmitglied der Nationaldemokratischen Partei (NDP). Die rechtsextreme Gruppierung wurde 1988 verboten. Doch schon zuvor war er durch NS-Wiederbetätigung aufgefallen. Laut Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) trat Fritz Ende der 1950er Jahre der Burschenschaft „Olympia“ bei. Fritz schrieb für rechtsextreme Zeitungen und Plattformen, trat als Redner bei einschlägigen Veranstaltungen auf und als Buchautor. 2021 nahm er an einer Kundgebung der Identitären in Wien teil.

Schon Anfang der 1990er Jahre gab es eine parlamentarische Anfrage bezüglich seiner rechtsextremen Aktivitäten. Obwohl diese bekannt waren, war Fritz weiterhin als Lehrer für Staatsbürgerschaftskunde an einer höheren Schule tätig. Fritz verfasste immer wieder Reiseberichte von ungewöhnlichen Reisezielen. Fritz berichtete etwa über einen Besuch im Osten der Ukraine und der Krim. Zudem besuchte er in Syrien Kämpferinnen der YPG.

Umstrittene FPÖ-Reise im Vorjahr

Öffentlich gemacht hatten die Gefangenschaft des Österreichers im Vorjahr österreichische Neonazis auf ihren Telegram-Kanälen. Dort forderten sie auch vom Außenministerium, sich für die Freilassung des Mannes einzusetzen. Die FPÖ hatte dem Außenministerium erst Anfang Februar vorgeworfen, zu wenig für die Freilassung des Mannes zu tun. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Tochter des 84-Jährigen sprach der freiheitliche Abgeordnete Martin Graf, einem persönliche Freund von Fritz, von einem „staatlichen Versagen“. Ende September bemühte sich eine Delegation von hochrangigen FPÖ-Politikern um seine Freilassung und verschaffte damit dem international nicht anerkannten „Außenminister“ des Taliban-Regimes einen öffentlichkeitswirksamen Termin. Die Partei hatte sich von dieser Reise, an der etwa Partei-Urgestein Andreas Mölzer teilgenommen hatte, distanziert. (Red.)

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