Protest

„Letzte Generation“ löste Großeinsatz vor Parlament aus

Die Polizei riegelte den Eingang vor dem Nationalrat ab.
Die Polizei riegelte den Eingang vor dem Nationalrat ab.APA / Max Slovencik
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Aktivisten der Letzten Generation versuchten, ins Parlament zu gelangen und starteten einen Sitzstreik. Im Nationalrat zog die FPÖ Vergleiche zwischen Napoleon und Macron.

Polizisten riegeln den Eingang zum Nationalrat ab, Spezialeinheiten stehen bereit. Ein Hubschrauber kreist über dem Parlament, per Lautsprecher macht die Exekutive Durchsagen. Passanten eilen herbei und zücken ihr Handy.

Im Meer an Polizeiuniformen und Schaulustigen ist der Grund des Großeinsatzes gar nicht so schnell auszumachen. Erst bei einem Blick hinter die Statue der Pallas Athene offenbart er sich: Direkt vor dem Haupteingang sitzen dort Dutzende Klima-Aktivisten der Letzten Generation und schreien ihre Parolen, abgeschirmt werden sie von einer Riege an Polizisten.

„Fürchtet euch nicht!“

Im Parlamentsgebäude tagt am Mittwochvormittag währenddessen der Nationalrat. Die Sitzung läuft ungestört weiter. Bis sich der Protest unter den Abgeordneten herumspricht, dauert es eine Zeit. Erst eine gute Stunde nach Beginn der Sitzung ergreift FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer das Wort und beschwert sich bei Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP), dass dieser die Abgeordneten nicht informiert und man erst durch die Medien von der Demo erfahren habe. Dabei hätten „Extremisten“ versucht, das Parlament zu stürmen und die Demokratie angegriffen. Es handle sich um eine „Sicherheitsfrage“.

„Fürchtet euch nicht!“, ruft der Nationalratsabgeordnete Reinhold Lopatka (ÖVP) den Abgeordneten der Blauen entgegen. Für ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker sollte Amesbauer sich in Sachen Demokratiegefährdung lieber in den eigenen Reihen umblicken. Nationalratspräsident Sobotka sagte, es habe nie eine „Gefährdung des Hauses“ bestanden, er werde in der nächsten Präsidiale über die Vorgänge informieren.

Verstoß gegen Bannmeile

Die 30 bis 40 Aktivisten der Letzten Generation, die orangefarbene Warnwesten trugen, hatten vormittags zunächst versucht, das Parlament zu betreten. Gewalt sei von ihnen nicht angewendet worden, von einem „Stürmen“ des Gebäudes könne nicht geredet werden, schrieb die Landespolizeidirektion Wien in einer Stellungnahme. Die Polizei hielt die Gruppe aber davon ab, ins Gebäude zu gelangen. Daraufhin setzten sich die Aktivisten vor den Eingang, die Polizei sperrte den Bereich ab. Kurzfristig wurde niemand mehr in den Nationalrat hineingelassen.

Man habe dagegen demonstrieren wollen, dass „die Bundesregierung den Klimarat weiter ignoriert und keine Partei ein überlebenstaugliches Wahlprogramm vorgelegt hat“, begründete die Letzte Generation ihre Aktion.

Mit ihrem Protest verstießen die Aktivisten gegen die sogenannte Bannmeile, die im Versammlungsgesetz festgeschrieben ist. Sie schreibt vor, dass während Plenarsitzungen des Nationalrats im Umkreis von 300 Metern von seinem Sitz keine Versammlung unter freiem Himmel stattfinden darf. Die Polizei löste die Versammlung daher auf und trug die Aktivisten vom Eingang weg. Gegen Mittag hatte sich die Situation wieder normalisiert.

FPÖ, Macron und Napoleon

In geordneten und gewohnten Bahnen verlief dann auch die Sitzung des Nationalrats. Er verabschiedete am Mittwoch unter anderem die Hausarztreform. Der Posten soll durch die Einführung eines Facharztes für Allgemein- und Familienmedizin attraktiver gemacht werden. Zudem wird die steuerliche Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags als Sonderausgabe von 400 auf 600 Euro erhöht.

Konfrontativ war die Debatte vor allem bei den sechs Volksbegehren, über die der Nationalrat beriet. Eines davon forderte ein neues Verfassungsgesetz zur Bekräftigung der österreichischen Neutralität. FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst holte zum Rundumschlag nicht nur gegen die türkis-grüne Sicherheits- und Außenpolitik aus, sondern arbeitete sich auch an Frankreichs Präsidenten, Emmanuel Macron, ab. Dieser hatte jüngst eine Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine nicht ausgeschlossen.

„Macron soll einmal gut zweihundert Jahre in der französischen Geschichte zurückblicken. Da ist die Konfrontation Napoleons sehr schlecht ausgegangen für die Franzosen“, sagte Fürst. Für Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos war dieser Vergleich unverständlich und offenbarte das „200 Jahre alte Sicherheitsverständnis“ der FPÖ.

Auch beim „Anti-Gendern-Volksbegehren“ gerieten die Abgeordneten aneinander. Während die FPÖ das Begehren unterstützte, beschwerte sich Grünen-Abgeordnete Meri Disoski darüber, wie häufig sich die FPÖ diesem Thema widme und wie viele parlamentarische Initiativen die Partei hier ergriffen habe. „Habt ihr echt keine anderen Sorgen?“, fragte Disoski. SPÖ-Mandatarin Sabine Schatz forderte, dass Frauen in der Sprache sichtbar gemacht werden müssen. Abgeordnete der ÖVP erklärten, Sonderzeichen zum Gendern abzulehnen, sich aber für geschlechtsneutrale Formulierungen einzusetzen.

Polizisten tragen einen Aktivisten davon.
Polizisten tragen einen Aktivisten davon. dab

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