Justiz

Richtervereinigung fordert in Debatte um Kurz-Richter Radasztics „mehr Sachlichkeit“

Richter Michael Radasztics
Richter Michael Radasztics APA / APA / Georg Hochmuth
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„Sachliche Kritik setzt voraus, dass sie von der geltenden Gesetzeslage ausgeht“, betont der Präsident der Richtervereinigung, Gernot Kanduth.

Nachdem Anfang der Woche bekannt geworden ist, dass Michael Radasztics, Richter im Falschaussage-Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz, im Mai letzten Jahres vom OLG Graz zu einer Disziplinarstrafe verurteilt wurde, ortete die ÖVP „den Anschein der Befangenheit.“ Am Freitag meldete sich die Richtervereinigung zu Wort und forderte in der Diskussion „mehr Sachlichkeit“.

Präsident Gernot Kanduth wies in einer Aussendung darauf hin, dass sachliche Kritik für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Rechtssprechung wichtig sei, „sachliche Kritik setzt allerdings voraus, dass sie von der geltenden Gesetzeslage ausgeht. Das scheint bei der Berichterstattung über die behauptete Befangenheit des zuständigen Einzelrichters in der Strafsache gegen Sebastian Kurz u.a. nicht bei allen Diskussionsbeiträgen der Fall zu sein.“

Weiters hält er fest, dass die Verhängung einer Disziplinarstrafe gegen das zuständige Entscheidungsorgan für sich alleine genommen keine Auswirkung auf die Zuständigkeit hat. Den Parteien kommt nach dem Gesetz kein Antragsrecht zu, dass andere als die nach der festen Geschäftsverteilung bestimmten Richter und Richterinnen für ihre Sache zuständig werden. Ebenso wenig kann die Justizministerin auf Zuruf oder aus sonstigen Erwägungen in die richterliche Geschäftsverteilung Einfluss nehmen.

Eindruck eines objektiven Beobachters maßgebend

Eine Befangenheit liege dann vor, wenn ein Richter oder eine Richterin eine konkrete Rechtssache nicht „völlig unvoreingenommen und unparteiisch“ behandeln kann. Es reicht dabei nicht aus, dass sich die zuständigen Richter und Richterinnen subjektiv nicht befangen fühlen, sondern darf nicht einmal der Anschein einer Befangenheit vorliegen. Für die Ausschließung von Richtern müssen allerdings fassbare Anhaltspunkte gegeben sein. Maßgebend ist der Eindruck, der bei einem objektiven Beobachter entsteht.

Beantragt eine Partei während einer Verhandlung die Ablehnung des erkennenden Einzelrichters hat dieser darüber selbst zu entscheiden - so auch passiert in der Strafsache Kurz. Bereits am ersten Verhandlungstag lehnte Radasztics einen entsprechenden Antrag ab. „Nur wenn der Antrag außerhalb (bzw rechtzeitig vor) einer Verhandlung gestellt wird, hat über die Ausschließung am Straflandesgericht Wien dessen Präsident zu entscheiden“, so Kanduth.

Unabhängig davon, wer nach dem Gesetz den Ablehnungsantrag zu behandeln hat, steht ein selbstständiges Rechtsmittel gegen die darauf ergehende Entscheidung nicht zu. Die Parteien können den Ausschließungsgrund jedoch in einer (Nichtigkeits-)Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil vorbringen, dann hat das Oberlandesgericht Wien darüber zu entscheiden.

Radasztics wurde in zwei Sachverhalten disziplinarrechtlich verurteilt, beide gehen auf seine Zeit als Staatsanwalt zurück. Er ermittelte ursprünglich gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und betreute dann bis 2019 jahrelang das Eurofighter-Verfahren. Einerseits hatte er das Ermittlungsverfahren gegen Grasser zuerst abgebrochen, und es dann im Jahr 2012 unterlassen, ihn darüber zu informieren, dass gegen ihn ein Strafverfahren läuft. Andererseits teilte er dem damaligen Nationalratsabgeordneten Peter Pilz die Existenz einer Weisung im Eurofighter-Akt mit, so das Urteil des OLG Graz. Diese Information wurde wenig später in einer Aktenlieferung an den Eurofighter-U-Ausschuss geliefert. Strafrechtliche Ermittlungen dazu wurden eingestellt. (APA)

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