Gericht

Anwalt wusste nichts von Termin: Terror-Prozess geplatzt

Gedenkstein der Stadt Wien für die Opfer des islamistischen Terroranschlages vom 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt.
Gedenkstein der Stadt Wien für die Opfer des islamistischen Terroranschlages vom 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt.Guenter Artinger
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Drei Unterstützer des Wien-Attentäters wären ab Dienstag erneut vor Gericht gestanden. Der Pflichtverteidiger des Drittangeklagten wusste nichts vom Verhandlungstermin. Und gab schließlich an, er habe auch keine Zeit gehabt, sich mit seinem Klienten vorzubereiten.

Ab Dienstagfrüh hätten sich in Wien drei Männer, die im Februar 2023 im Zusammenhang mit dem Terror-Anschlag in Wien der Beihilfe zum Mord im Rahmen einer terroristischen Vereinigung schuldig gesprochen wurden, erneut vor Gericht verantworten müssen. Der erste Prozesstag ist allerdings geplatzt.

Der Grund: Der Anwalt des Drittangeklagten hatte übersehen, dass die Verhandlung am Dienstag startet (eine Ladung war ihm aber sehr wohl zugeschickt worden). Der Pflichtverteidiger wurde dann in der Früh angerufen und erschien daraufhin zu spät vor Gericht. Dort meinte er, dass er ohnedies noch keine Zeit hatte, sich mit seinem Klienten auf die Verhandlung vorzubereiten. Aus diesem Grund wurde die Verhandlung auf Donnerstag vertagt. An diesem Tag hätte eigentlich schon das Urteil verkündet werden sollen. Nun musste ein neuer, zweiter Prozesstag angesetzt werden – der Termin: 24. April.

Terroristischen Vereinigung erneut verhandelt

Zum Hintergrund: Wie berichtet, hatte der OGH bestimmte Teile der Urteile wegen Feststellungsmängeln teilweise aufgehoben. Und an das Erstgericht zurückverwiesen. Insgesamt waren beim ersten Prozess sechs Männer angeklagt. Vier davon erhielten Schuldsprüche wegen Beihilfe zum vierfachen Terrormord. Ebendiese Schuldsprüche sind bereits rechtskräftig. Bei drei dieser vier Männer wird nun aber überprüft, ob der (zusätzliche) Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung tatsächlich unter Beweis gestellt werden kann.

In einem groß angelegten Geschworenenprozess wurde also ab Herbst 2022 gegen sechs Männer verhandelt. Allesamt sollen den späteren Attentäter K. F. – er wurde im Rahmen des Anschlags von der Polizei erschossen – bei der Planung bzw. Waffenbeschaffung unterstützt haben.

Wer sind die Angeklagten?

Um diese drei Männer geht es nun:

Für den mittlerweile 25-jährigen B. K. setzte es 20 Jahre Haft, da er den Attentäter von Mai 2020 bis zum Tag des Anschlags im Wissen um dessen Absichten unterstützt, das Anschlagsziel mitausgesucht und Fluchtvorbereitungen getroffen hatte, indem er gefälschte Papiere besorgte. So wie auch alle anderen hatte B. K., ein Mann mit türkischen Wurzeln, jegliche Beteiligung an dem Attentat bestritten.

Auch der Anwalt von B. K., Rudolf Mayer, wandte nun ein, dass sein Klient zu wenig Zeit gehabt habe, sich auf die Verhandlung vorzubereiten. Der Grund: Der Gerichtsakt war auf einen USB-Stick heruntergeladen worden, der Stick war einige Zeit in der Anwaltskanzlei unauffindbar. Als er gefunden wurde, wurde er dem Angeklagten übergeben. Dessen Laptop war aber gerichtlich gesperrt, sodass er die Dateien nicht öffnen konnte. Die gerichtlich angeordnete Entsperrung des Geräts fand erst kurz vor Prozessstart statt. Durch das nunmehrige Platzen des Verhandlungstags hat auch B. K. die Möglichkeit bekommen, sich diverse Aktenteile noch einmal durchzulesen.

H. Z. (29), ein mehrfach wegen Gewalt- und Drogendelikten vorbestrafter Mann aus Afghanistan, bekam eine lebenslange Haftstrafe, da er den späteren Attentäter bis zum Tag des Anschlags zur Tatausführung bestärkt sowie die Tatwaffen samt Munition und weitere Utensilien in der Wohnung des Attentäters vorbereitet hatte.

Für die Abwicklung des Waffen- und Munitionskaufs bzw. die Kontaktherstellung zum Waffenvermittler kassierte der mittlerweile 23-jährige I. S. (ein österreichischer Staatsbürger mit Wurzeln, die in den arabischen Raum reichen) 19 Jahre Haft. I. S. war bereits wegen IS-Mitgliedschaft inhaftiert gewesen. Da der Mann noch als junger Erwachsener zu betrachten war, war bei ihm eine lebenslange Freiheitsstrafe ausgeschlossen.

Fehler bei der Rechtsbelehrung

Klären muss das Gericht nun eben, ob diese drei Männer (auch) Teil einer terroristischen Vereinigung, nämlich Mitglieder der radikalislamistischen Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS), waren, bzw. ob (auch) eine kriminelle Organisation am Werk war. Dafür hätten sie eben ab Dienstag wieder auf der Anklagebank im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts für Strafsachen Platz nehmen müssen. Der konkrete Grund für die vom OGH veranlasste Neuverhandlung: Fehler bei der den Geschworenen erteilten Rechtsbelehrung sowie eine zu wenig konkrete Formulierung des Wahrspruchs.

Eine leichte Strafreduktion brachte der zweite Rechtsgang für jene beiden Männer, die rechtskräftig von der Beihilfe zum Mord freigesprochen worden waren. In einer früheren vom OGH veranlassten Neuverhandlung wurden sie Anfang Februar - wie schon erstinstanzlich - der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig gesprochen. Aus jeweils zwei Jahren teilbedingter Haft wurden für einen 24-jährigen 18, für einen um ein Jahr jüngeren 21 Monate Gefängnis.

Nicht mehr Teil des zweiten Rechtsgangs ist jener 33-jährige Tschetschene, der dem Attentäter die Waffen vermittelte. Seine lebenslange Haftstrafe wurde Ende Jänner vom Oberlandesgericht Wien bestätigt. Von der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung war er bereits im erstinstanzlichen Urteil freigesprochen worden.

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