Gericht

Ex-Ministerin Sophie Karmasin: Schuldig, aber weniger Strafe

Die Beschwerde von Ex-Familienministerin Sophie Karmasin ging ins Leere (Bild: erstinstanzliche Verhandlung, April 2023)
Die Beschwerde von Ex-Familienministerin Sophie Karmasin ging ins Leere (Bild: erstinstanzliche Verhandlung, April 2023) APA/Hochmuth
  • Drucken

Sophie Karmasin blitzte mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde ab. Die bedingte Haftstrafe wurde auf zehn Monate gesenkt.

„Meine Mandantin lässt sich krankheitsbedingt entschuldigen.“ Mit diesen Worten machte Anwalt Norbert Wess am Mittwoch vor dem Obersten Gerichtshof deutlich, dass der Gerichtstag ohne die Hauptperson über die Bühne gehen würde. Sophie Karmasin blieb es somit erspart, sich das endgültige Urteil eines Fünf-Richter-Senats (Vorsitz: Rudolf Lässig) anzuhören. Ihr Schuldspruch wegen des Delikts „Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren“ wurde rechtskräftig.

Karmasin war von Dezember 2013 bis Dezember 2017 Mitglied der österreichischen Bundesregierung. Den Großteil ihrer Amtszeit war die damals von der ÖVP nominierte Ministerin für die Agenden „Familien und Jugend“ zuständig.

Reduktion der Strafhöhe

Die im Wiener Justizpalast anberaumte Verhandlung brachte aus Sicht der 57-Jährigen aber auch einen Erfolg. Die in erster Instanz verhängte bedingte Haftstrafe im Ausmaß von 15 Monaten wurde auf zehn Monate reduziert. Da auch die abgesenkte Strafe zur Gänze bedingt nachgesehen wurde, bleibt Karmasin ein neuerlicher Gefängnisaufenthalt erspart – vorausgesetzt, sie lässt sich in den nächsten drei Jahren (solange beträgt die Probezeit) nichts zuschulden kommen. Zur Erinnerung: Schon 2022 war die Ex-Politikerin drei Wochen in U-Haft gesessen.

Scheinangebote für Studien

Darum ging es nun: Die Angeklagte, früher als Meinungsforscherin tätig, hatte von April 2019 bis Juni 2021 andere dazu aufgefordert, bei Vergabeverfahren des Sportministeriums manipulierte, nämlich mit ihr, Karmasin, abgesprochene Angebote zu legen. Sie selbst legte die besten Angebote und zog somit wenig überraschend die Aufträge an Land – nämlich das Ausarbeiten von drei Studien. Zwei Studien lieferte sie dem Ministerium. Dafür verrechnete sie jeweils zirka 64.000 Euro. Bei der dritten Studie zog Karmasin das Angebot zurück. Unter jenen Mitbieterinnen, die Scheinangebote legten, war auch die Meinungsforscherin Sabine Beinschab. Diese war Mitarbeiterin und enge Vertraute von Karmasin. Mittlerweile hat Beinschab den Status einer Kronzeugin erworben. Als solche hatte sie in der ersten Instanz ihre frühere Mentorin (Beinschab: „Ich habe zu Karmasin aufgeschaut“) schwer belastet. Mittels Nichtigkeitsbeschwerde hatte Karmasin nun versucht, das Ruder herumzureißen. Die Linie ihres Verteidigers Norbert Wess sah so aus: Das Sportministerium habe bei Studien wie zum Beispiel „Motivanalyse Bewegung und Sport“ oder „Frauen im Vereinssport“ unbedingt auf Karmasins Methodik zurückgreifen wollen. Wess: „Es sollte ihr geistiges Werk verwendet werden.“ Daher habe es sich um kein regelrechtes Vergabeverfahren gehandelt. Und so könne man auch nicht die für Vergabeverfahren geltenden Maßstäbe anlegen. Denn: „Wo kein Wettbewerb eröffnet wird, kann kein Wettbewerb verletzt werden.“

Das Ganze sei „unglücklich gelaufen“. Man müsse bedenken, dass der Auftraggeber, also das Sportministerium, niemand anderen als Karmasin gebeten habe, für Konkurrenzangebote zu sorgen. Daher habe die Ex-Politikerin Scheinangebote aufgetrieben. Wess: „Ich glaube nicht, dass der Gesetzgeber dies unter Strafe stellen wollte.“

OGH anderer Ansicht

Der Senatsvorsitzende Rudolf Lässig konnte dieser Argumentation jedoch nicht viel abgewinnen. Es stehe außer Zweifel, dass vom Sportministerium ein Vergabeverfahren eingeleitet worden sei. Dieser Umstand sei auch vom Erstgericht, also dem Straflandesgericht Wien, gut begründet worden. Unter dieser Voraussetzung müsse man bedenken, dass das Bundesvergabegesetz verschiedene Arten von Vergabeverfahren kenne. Es gebe eben nicht nur ein einziges formal streng geregeltes Schema.

Würde man nun der Verteidigung folgen, so bedeute dies, dass man nur ein Vergabeverfahren mit Unregelmäßigkeiten anreichern müsse, um auf diese Art das Verfahren als solches zu beseitigen – und um in einem nächsten Schritt der Strafbarkeit zu entfliehen. Der Vorsitzende: „Dann wäre am Ende niemand mehr straffällig. Und das würde den Sinn des Gesetzes umkehren.“

Teilfreispruch hielt

Karmasin war übrigens auch des schweren Betrugs im Zusammenhang mit unzulässigen Gehaltsfortzahlungen angeklagt. Hier erging ein Freispruch. Dieser hielt nun auch in zweiter Instanz.

Vorbei ist es für die Ex-Ministerin noch nicht: Sie ist – wie etwa auch Ex-Kanzler Sebastian Kurz – in der Inserate-Affäre beschuldigt. Freilich gilt hier die Unschuldsvermutung.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.