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Presserat: „Oe24“ hat am häufigsten gegen Medienethik verstoßen

Der neue Präsident:  Gerald Grünberger
Der neue Präsident:  Gerald GrünbergerCaio Kauffmann
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Der Presserat hat mit Gerald Grünberger einen neuen Präsidenten. Die Zahl der Ethikverstöße ist erneut zurückgegangen. 2023 behandelte das Selbstkontrollorgan 407 Fälle, 20 wurden beanstandet – die meisten bei „Oe24“.

Mit 407 Fällen hat sich der Österreichische Presserat im Vorjahr beschäftigt, wobei in 20 Fällen ein Ethikverstoß beanstandet wurde. Es sei erfreulich, dass die Ethikverstöße erneut zurückgegangen sind, hieß es am Donnerstag bei der Präsentation des Jahresberichts des Selbstkontrollorgans der heimischen Presse. 2022 waren es noch 435 Fälle und 24 Verstöße. Mit Gerald Grünberger wurde gestern, Mittwoch, zudem ein neuer Präsident des Presserats gewählt.

Als Vizepräsident steht dem Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen Michael Lohmeyer, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats der Styria Media Group AG, zu Seite. Der Presserat dankt dem bisherigen Präsidenten Eike Kullmann „für seine wertvolle Arbeit und Unterstützung“. Neu im Trägerverein sind auch Thomas Letz vom Österreichischen Wirtschaftsverlag und Collette M. Schmidt („Der Standard“).

Die Zahl der Fälle habe sich seit dem Jahr 2020 „auf hohem Niveau“ bei über 400 eingependelt, hieß es am Donnerstag. „Der aktuelle Rückgang an Ethikverstößen verdeutlicht die Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung von Medienunternehmen mit Beschwerdefällen“, wird Grünberger zitiert.

Neun Verstöße „Oe24“, vier bei der „Krone“

Mit neun Verstößen (bei 26 Fällen) stand 2023 „Oe24“ an der Spitze, gefolgt von 60 Fällen und vier Verstößen bei der „Kronen Zeitung“ und zwei Verstößen in zwei Fällen bei „Tips“. „Zur Zeit“ kam auf einen Verstoß bei einem Fall, bei „Die Ganze Woche“ gab es einen Verstoß bei zwei Fällen. Sechs Fälle wurden beim „Falter“ behandelt, wobei einmal ein Verstoß festgestellt wurde. Ebenfalls einen Verstoß gab es beim „Kurier“ (25 Fälle) und beim „Standard“ (73 Fälle).

Keine Verstöße wurden bei der „Tiroler Tageszeitung“ (vier Fälle), der „Kleinen Zeitung“ (sechs Fälle), den „Vorarlberger Nachrichten“ (sieben Fälle) und der „Presse“ (elf Fälle) erkannt. In vier Fällen wurden die Senate eigenständig aktiv.

Brutale Details in Videos und Berichten

Im Bereich der Persönlichkeitsverletzungen wurde vor allem die Veröffentlichung von brutalen Gewaltvideos („oe24“ und „krone.at“) oder die die Schilderung von brutalen Details zu einer Vergewaltigung mit Todesfolge („Der Standard“) beanstandet. Wegen der vollen Namensnennung der vermeintlichen „Oligarchennichte“ aus dem „Ibiza-Video“ gab es für „kurier.at“ einen geringfügigen Verstoß, für „oe24“ hingegen einen Verstoß, weil dort zusätzlich noch der Führerschein und der Wohnort der Betroffenen veröffentlicht wurde.

Weiters beschäftigte sich der Senat 1 etwa mit einer Schlagzeile auf „oe24“, in der fälschlicherweise vom Karriereende des ORF-Moderators Armin Wolfs die Rede war, wobei der Senat hier einen Verstoß gegen das Gebot der korrekten Wiedergabe von Nachrichten feststellte.

Bewusst zweideutige Überschriften

Allgemeine Kritik übte der Senat 2 an „irreführenden Überschriften, die bewusst zweideutig angelegt sind“. Als Beispiel nannte er „Klima-Kleber werben Wiener mit Geldformular an“, wobei es im dazugehörigen Beitrag lediglich um einen Fragebogen der „Letzten Generation“ ging, in dem u.a. auf die Möglichkeit einer Spende an die Protestbewegung hingewiesen worden war.

Darüber hinaus gab der Senat 1 eine allgemeine Stellungnahme zur Veröffentlichung von Kriegsbildern ab. Einerseits habe die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf, „über das Ausmaß und die Brutalität von Kriegshandlungen und Terroranschlägen informiert zu werden“, andererseits sollte jedoch auch der Persönlichkeitsschutz der Opfer „und der Umstand berücksichtigt werden, dass Terrororganisationen ein Interesse an der Verbreitung brutaler Bilder haben“.

„Der Österreichische Presserat als wesentliche Selbstregulierungseinrichtung der österreichischen Medien verlegerischer Herkunft erfüllt gerade in einer Zeit der Polarisierung und der Flut an Falschmeldungen in den Sozialen Medien eine demokratiepolitisch essenzielle Aufgabe“, so Grünberger. Im Geschäftsjahr 2023 sei es auch besonders wichtig gewesen, dass die Finanzierung der Geschäftsstelle des Presserats durch das neue Qualitätsjournalismusförderungsgesetz abgesichert wurde.

Presserat >> Der Tätigkeitsbericht 2023 mit detaillierter Fallstatistik

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