Miniserie

„Das Signal“: Netflix schickt eine psychotische Astronautin ins All

Paula (Peri Baumeister) und Sven (Florian David Fitz) verbrennen verräterische Unterlagen.
Paula (Peri Baumeister) und Sven (Florian David Fitz) verbrennen verräterische Unterlagen.Netflix
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Der Name ist Programm: In der deutschen Serie „Das Signal“ setzt ein mysteriöser Funkspruch aus dem All eine Kettenreaktion aus Verschwörungen und Verrat in Gang. Die Serie hat Schwächen, lebt aber vom hervorragenden Cast und griffigen Charakteren.

Es ist die ewige Sehnsucht: Ist da jemand? Draußen im All. In den unendlichen Weiten? Jemand, der die Botschaft auf den Golden Records hört, den Datenplatten, die 1977 mit den beiden Voyager-Raumsonden auf den Weg in den Weltraum gebracht wurden, um Außerirdischen ein Bild der Menschheit zu vermitteln. Inklusive Friedensbotschaft. Man kann ja nie wissen . . . Aber wie würde die Menschheit reagieren, wenn tatsächlich einmal eine Antwort käme? „Es ist akute Hilflosigkeit“, räsoniert der Chef des Raumfahrtprogramms in der Netflix-Serie „Das Signal“.

Dabei beginnt alles mit Jubel. Wer möchte nicht zu den Auserwählten gehören, die in den Weltraum fliegen dürfen, um dort Experimente zu machen? In ein „ganz schön teures Hotel für nur ein Fenster“, wie die deutsche Astronautin Paula anmerkt.

Versuchen, den Tod aufzuhalten

Sie soll auf der ISS Experimente machen: „Im Grunde versuchen wir, den Tod aufzuhalten“, erklärt sie dem Kollegen. Sie soll herausfinden, ob sich Zellen regenerieren lassen, statt abzusterben. Dazwischen hört sie den Weltraum ab. Sie liebt das geheimnisvolle Rauschen. Das Knistern. Es sei der Widerhall des Urknalls, hat sie einmal ihrer gehörlosen Tochter Charlie erklärt.

Astronautin Paula (Peri Baumeister) empfängt ein Mysteriöses Signal.
Astronautin Paula (Peri Baumeister) empfängt ein Mysteriöses Signal.Netflix

Aber mit romantisierenden Ideen kommt man nicht weit. Weder im All noch auf der Erde. Als Paula eine unerwartete Entdeckung macht, setzt sie eine Kettenreaktion aus Verschwörungen und Verrat in Gang. Irgendwann – die ISS ist gerade im Funkschatten der Erde – empfängt Paula ein verstörendes Signal: Sie vernimmt zwischen dem Rauschen ein deutliches „Hello“. Es wiederholt sich. Klingt wie eine Kinderstimme. Aber sie kommt nicht von der Erde, wie sie zunächst glaubt, sondern aus den Tiefen des Universums. Ein Rätsel, das die Protagonisten vier Folgen lang auf Trab halten wird.

Käfer im Körper? Es ist nur Blut!

Seit der Sci-Fi-Serie „Raumschiff Orion“ (1966) haben sich die Deutschen nicht mehr mit einem fiktionalen Mehrteiler ins All gewagt. Jetzt tun sie es mit Peri Baumeister (Paula), Florian David Fitz (als liebenswerter Ehemann Sven) und Yuna Bennett (Charlie) in den Hauptrollen. Und mit einem Drehbuch, das mitunter an Logik missen lässt: Wer schießt eine Astronautin ins All, die LSD konsumiert und psychotische Anfälle hat?

Dass Paula und Sven die medizinischen Unterlagen verbrannt haben, reicht nicht als Erklärung. In ihrer Schlafkoje auf der ISS hackt sich Paula später den Unterarm auf, weil sie halluziniert, sie hätte Käfer unter der Haut. Bluttropfen quellen heraus, die in einem wunderbar schwerelosen Moment durch die Luft wabern, als hätte sie tatsächlich amorphe Lebewesen aus ihrem Körper befreit. Ein poetischer Moment.

Angst vor dem Unbekannten

Was ist real? Wem kann man noch trauen? Bald kreisen Paulas Gedanken und Tun nur noch darum. Das Geschehen auf der ISS wird in Rückblenden erzählt. Der Kontakt mit Sven und Charlie verläuft zeitverzögert in verschlüsselten Botschaften aus dieser jüngsten Vergangenheit, denn das Flugzeug, mit dem Paula zurück nach Deutschland wollte, ist über dem Atlantik verschollen. Als ruchbar wird, dass da irgendwas nicht stimmt, kreuzt erst das BKA, später sogar das Militär auf.

Vor Svens Haus drängeln sich Journalisten und eine hasserfüllte Meute, die mit Steinen wirft – eine etwas übertriebene Inszenierung. Den Rummel kennt man aus Sci-Fi-Filmen, in denen die Menschheit zur Selbstverteidigung gegen einen möglichen Angriff aus dem All anrückt. Es ist die bekannte Parabel, die brüchige Friedfertigkeit und Angst vor dem Unbekannten entlarven soll, und die auf alle Begegnungen mit Fremden angewendet werden kann.

Beseelt von Neugier und Hoffnung

Was anderen Filmen des Genres oft fehlt, ist hier gelungen: Die Charaktere sind nicht nur so gesetzt, um die Astronaut-und-Alien-Story aufzuhängen. Diese kleine Familie scheint vielmehr der eigentliche Grund, warum das etwas aufgeblasene Drumherum überhaupt erzählt wird. Sven und Charlie, die als „Team Erde“ den Himmel beobachten, in der Hoffnung, genau dann hinaufzublicken, wenn Paula in der ISS vorbeirast, sind ein herzerwärmendes Vater-Tochter-Gespann. Paulas psychische Verletzlichkeit passt vielleicht nicht in die strenge Logik, eröffnet aber neuen Raum für feinfühlige Wahrnehmungen. Sie spürt oft eher als sie versteht. Und sie ist beseelt von Neugier und Hoffnung, die jeder neuen Entdeckung Glanz verleihen.

Miniserie „Das Signal“, vier Folgen, auf Netflix

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