Klassikszene

Der Intendant des Linzer Brucknerhauses wurde freigestellt

Der Intendant und der kaufmännische Geschäftsführer wurden mit sofortiger Wirkung vom Dienst freigestellt. Hintergrund sind Vorwürfe rund um den Bestellungsvorgang und Gagenzahlungen.
Der Intendant und der kaufmännische Geschäftsführer wurden mit sofortiger Wirkung vom Dienst freigestellt. Hintergrund sind Vorwürfe rund um den Bestellungsvorgang und Gagenzahlungen. IMAGO/Harald Dostal
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Dietmar Kerschbaum, der künstlerische Leiter der Linzer Veranstaltungsgesellschaft, konnte Compliance-Vorwürfe nicht ausreichend entkräften. Ein neues „Gesicht des Brucknerhauses“, vor allem für das demnächst beginnende 50-Jahre-Jubiläum des Hauses, ist bereits gefunden.

Kürzlich blickte Dietmar Kerschbaum noch frohgemut in die Zukunft: Demnächst jährt sich die Eröffnung des Linzer Brucknerhauses zum 50. Mal, im Herbst gilt es, gebührend den 200. Geburtstag des Namenspatrons zu feiern. Der Tenor und Brucknerhaus-Intendant hat auch dafür ein buntes Programm zusammengestellt.

Nun wurde er bis auf weiteres vom Dienst freigestellt. Kerschbaum ist auch künstlerischer Leiter der Linzer Veranstaltungsgesellschaft (LIVA) und sah sich jüngst mit massiven Vorwürfen konfrontiert, die auch die Vorgangsweise seiner Bestellung im Jahr 2017 betrafen. Damals sollen Kerschbaum, so die unter anderem von der Zeitschrift „Falter“ lancierten Meldungen, vor dem Hearing die Fragen ausgehändigt worden sein.

Überdies warf man dem Intendanten vor, sich selbst als Tenor engagiert und dafür Gagen ausbezahlt zu haben, die nicht mit den Honoraren korreliert haben sollen, die anderen Künstler für vergleichbare Leistungen ausbezahlt wurden. Konkret ging es um Auftritte im Rahmen des „Musikalischen Adventkalenders“, bei dem die Künstler, so der Vorwurf, eine Aufwandsentschädigung von 200 Euro erhalten hätten, während Kerschbaum 5000 Euro bekommen hätte.

Am Freitag konnten die Vorwürfe im Rahmen der routinemäßigen Aufsichtsratssitzung der LIVA in Linz offenbar nicht ausreichend entkräftet werden. Kerschbaum, aber auch der kaufmännische Geschäftsführer, Rainer Stadler, der mit 1. April seine Pension antreten wird, wurden mit sofortiger Wirkung vom Dienst freigestellt. 

Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, der Linzer Bürgermeister Klaus Luger, teilte die einstimmige Entscheidung des Gremiums am frühen Freitag-Nachmittag offiziell mit. Er begründete auch die Abberufung des kaufmännischen Geschäftsführers: Zwischen ihm und dem Intendanten hätte das Vier-Augen-Prinzip bei allen Entscheidungen geherrscht. Daher sei eine Befangenheitssituation gegeben. Durchleuchtet werden soll nun auch die Vergabe der Programmplanung für das Brucknerfest 2023 an eine Künstleragentur und mögliche Compliance-Fälle rund um die Linzer Programmplanung. Das Vertragswerk rund um die Künstleragentur sei, so der Bürgermeister, „äußert komplex im Hinblick auf Gewährleistung der kommenden Programmierung“.

Neuer Geschäftsführer René Esterbauer

Ein „Gesicht des Brucknerhauses“, das vor allem bei den demnächst beginnenden Zelebrationen des 50. Geburtstags des Hauses zu sehen sein wird, hat man bereits gefunden. Da der kaufmännische Geschäftsführer Anfang April in Pension geht, war sein Nachfolger, René Esterbauer, bereits seit Anfang März aktiv, um sich einzuarbeiten.

Die Feierlichkeiten beginnen mit einer Ausstellungseröffnung am kommenden Freitag und erleben am folgenden Samstag ihren ersten Höhepunkt mit einem Gastkonzert der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Zubin Mehta. Auf dem Programm steht Anton Bruckners Siebente Symphonie – das ist ein „Remake“ des einstigen Eröffnungskonzertes, das die Wiener Philharmoniker unter Herbert von Karajan 1974 absolvierten. Damals sang der Wiener Singverein vor der Aufführung der Symphonie einige geistliche Motetten Bruckners – unter der Leitung seines damaligen Chefdirigenten Helmuth Froschauer. Dessen Sohn, Daniel Froschauer, ist heute Orchestervorstand der Philharmoniker und hat sich bereit erklärt, zum 50. Jahrestag die Aufführung der Motetten zu leiten.

Für das kommende Bruckner-Fest hat Dietmar Kerschbaum vor allem einen Zyklus mit Aufführungen sämtlicher Bruckner-Symphonien programmiert, der erstmals ausschließlich von Originalklang-Ensembles gespielt werden soll.

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