Reaktionen

„Wahlen weder frei noch fair“: Wie die Welt Putins Kür für weitere sechs Jahre beurteilt

In Den Haag begrüßten Ukraine-Flagge jene Auslands-Russen, die in den Niederlanden an der russischen Wahl via Botschaft teilnahmen.
In Den Haag begrüßten Ukraine-Flagge jene Auslands-Russen, die in den Niederlanden an der russischen Wahl via Botschaft teilnahmen.Imago / Robin Van Lonkhuijsen
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Wladimir Putin ließ sich in Russland mit einem Ergebnis von 88 Prozent erneut für sechs Jahre zum Präsidenten wählen. Herbe Kritik an der Wahl kommt aus den USA, Gratulationen gibt es aus China.

Wladimir Putin ist in einer mehr als umstrittenen Wahl erneut zum russischen Präsident gewählt worden. Dementsprechend unterschiedlich fallen auch die weltweiten Reaktionen aus. Der Kreml selbst wertet den Ausgang als Beleg dafür, dass sich die russische Bevölkerung hinter Amtsinhaber Wladimir Putin stehe. Kritik, wonach die Wahl weder frei noch fair gewesen sei, weist Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow zurück. Russland höre auf solche Meinungen nicht. Versuche des Westens, die Wahl als illegitim darzustellen, seien absurd.

Aus dem Weißen Haus hatte es am Sonntag geheißen, die Wahl sei „offensichtlich weder frei noch fair“ gewesen, da Putin seine politischen Gegner entweder inhaftiert oder anderweitig davon abgehalten habe, bei der Wahl anzutreten.

EU-Chefdiplomat Josep Borrell übte ebenfalls scharfe Kritik. Die Wahl habe auf Unterdrückung und Einschüchterung aufgebaut. Dem Wahlsieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin fehle es an Legitimität, da die Menschen nicht frei wählen konnten, sagte auch der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis am Montag. „In dieser Atmosphäre der Unfreiheit kann es definitiv keine Wahlen geben“, sagte Landsbergis vor dem EU-Außenministerrat in Brüssel.

Die deutsche Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte bei ihrer Ankunft in Brüssel: „Die Wahl in Russland war eine Wahl ohne Wahl“. Dass auch in Teilen der Ukraine, Moldaus und Georgiens abgestimmt worden sei, „ist völkerrechtswidrig“. Zugleich kündigt Baerbock mit Blick auf den Tod von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny neue EU-Sanktionen an.

Frankreich: „Bedingungen für freie Wahl nicht erfüllt“

Die französische Regierung hat die Umstände der russischen Präsidentenwahl kritisiert. Man nehme das erwartete Ergebnis zur Kenntnis, hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums in Paris am Montag. „Die Bedingungen für eine freie, pluralistische und demokratische Wahl sind ein weiteres Mal nicht erfüllt worden“, hieß es darin weiter. Die Wahl habe in einem Kontext verstärkter Unterdrückung der Zivilgesellschaft sowie der Opposition stattgefunden.

Das Außenministerium begrüßte den Mut zahlreicher russischer Bürger, die friedlich gegen diesen Angriff auf ihre politischen Grundrechte protestiert hätten. Auch seien internationale Standards über gleichen Zugang der Kandidaten zu Medien nicht eingehalten worden, kritisierte das Ministerium. Dass Kandidaten, die sich gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine positionierten, nicht zugelassen wurden, habe den pluralistischen Charakter der Wahl deutlich reduziert, hieß es.

Frankreich verurteilte zudem die Organisation von angeblichen Wahlen auf ukrainischem Boden: „Die illegale Organisation angeblicher „Wahlen“ in den temporär von Russland besetzten ukrainischen Gebieten stellt eine neue Verletzung internationalen Rechts und der Charta der Vereinten Nationen dar.“ Frankreich werde das Abhalten und die Ergebnisse der Scheinwahlen niemals anerkennen. Auch die Einrichtung von Wahllokalen in separatistischen Gebieten in Georgien und der Republik Moldau ohne die Zustimmung der dortigen Behörden verurteilte das Ministerium.

Lob vom russischen Botschafter in Italien

Auch Italien hat die Abstimmung als „nicht frei“ kritisiert. „Die Wahlen in Russland waren weder frei noch legal und betrafen auch illegal besetzte ukrainische Gebiete. Wir setzen uns weiterhin für einen gerechten Frieden ein, der Russland dazu bringt, seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine im Einklang mit dem Völkerrecht zu beenden“, schrieb Italiens Vize-Premier und Außenminister Antonio Tajani auf X.

Der russische Botschafter in Rom, Alexej Paramonow, lobte indes die italienischen Behörden, die sich, „im Gegensatz zu vielen anderen Staatsoberhäuptern westlicher Länder, von Anfang an nicht in die Organisation der Wahllokale und den Ablauf der russischen Präsidentschaftswahlen in Italien eingemischt haben“. „Es gab eine konstruktive Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden, um mögliche Zwischenfälle oder Provokationen zu verhindern und ein günstiges und sicheres Umfeld für die Stimmabgabe zu schaffen“, sagte der von TASS zitierte Diplomat bei der Stimmabgabe im Botschaftsgebäude in Rom.

In mehreren europäischen Hauptstädten, darunter auch in Rom und Wien, hatten sich am Sonntagmittag lange Schlangen vor den Wahllokalen in russischen Botschaften gebildet. Die Witwe Nawalnys, Julia Nawalnaja, hatte Putin-Gegner aufgerufen, als Zeichen des Protests mittags in Massen in die Wahllokale zu strömen und für Putins Gegenkandidaten zu stimmen oder Stimmzettel mit der Aufschrift „Nawalny“ ungültig zu machen. Nawalnaja selbst gab ihre Stimme in der russischen Botschaft in Berlin ab, wo Anhänger sie mit Blumen und Applaus begrüßten. Auch sie schrieb nach eigenen Angaben den Namen ihres Mannes auf den Stimmzettel.

China: „Strategische Partner in einer neuen Ära“

China hat dem russischen Präsidenten Putin hingegen zum Wahlsieg beglückwünscht. Die chinesische Seite gratuliere dazu, sagte der am Montag neu vorgestellte Außenamtssprecher Lin Jian in Peking. China und Russland seien „strategische Partner in der neuen Ära“. Unter der Führung von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Russlands Präsident Putin würden die Beziehungen der beiden Länder weiter voranschreiten, sagte er.

Peking ist Moskaus wichtigster Verbündeter. Im Angriffskrieg gegen die Ukraine gibt sich China nach außen hin neutral, stärkt Russland allerdings den Rücken. Xi Jinping nannte Putin im Herbst vergangenen Jahres bei einem Treffen einen „alten Freund“. Zudem blüht der Handel zwischen dem von westlichen Sanktionen betroffenen Land und der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Chinas Autokonzerne exportieren etwa zahlreiche Fahrzeuge in das Nachbarland, während zum Beispiel in chinesischen Haushalten russisches Gas fließt. (APA/dpa/Reuters)

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