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Was tun gegen (Messer-)Gewalt?

Am Montag war Innenminister Karner bei einer Polizeiaktion an Hotspots von Jugendkriminalität in Favoriten.
Am Montag war Innenminister Karner bei einer Polizeiaktion an Hotspots von Jugendkriminalität in Favoriten.APA/APA/Florian Wieser
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Eine Serie von Gewalttaten in Wien, oft ausgeführt von Jugendlichen, hat die Öffentlichkeit erschüttert. Auch Angriffe mit Stichwaffen haben seit 2021 wieder deutlich zugenommen.

Die Serie an Gewalttaten in Österreich reißt nicht ab. Am Montagabend war Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) persönlich in Wien Favoriten, um sich bei einer Polizeiaktion an Hotspots von Jugendkriminalität in dem Außenbezirk ein Bild zu machen. Nur Stunden später kam es dort zur nächsten Gewalttat. Ein 20-Jähriger wurde am Reumannplatz niedergestochen und schwer verletzt, wie am Dienstag bekannt wurde. Es ist der jüngste Vorfall in einer Serie an Gewalttaten, die sich in Brennpunktbereichen in Österreich abspielen. Das eröffnet fünf Fragen.

1 Hat die Zahl der Messerangriffe in Österreich zugenommen?

Der Eindruck täuscht nicht. Vom Jahr 2021 bis zum Jahr 2023 ist die Anzahl der Gewaltdelikte, bei denen ein Messer verwendet wurde, deutlich gestiegen. Konkret von 2153 auf 2479 (vorläufige Zahlen). Das ist allerdings kein Langzeithoch. Im Jahr 2016 wurden 2530 Fälle gezählt. Was allerdings auffällt: Seit 2020 steigt die Zahl der Angriffe mit Messern konstant. Und aktuell gibt es eine Häufung von Gewalttaten mit Stichwaffen.

2 Welche Fälle hat es abseits der Angriffe mit Stichwaffen noch gegeben?

Unabhängig von den Gewalttaten mit Messern gab es am Hotspot Favoriten in jüngerer Zeit eine hohe Zahl an verstörenden Gewaltverbrechen.

Ende Februar wurde bekannt, dass ein zwölfjähriges Mädchen über Monate hinweg von einer 17-köpfigen Jugendbande missbraucht worden sein soll.

In der Silvesternacht 2020/2021 gab es rund um den Reumannplatz in Favoriten schwere Ausschreitungen durch Jugendliche, die auch Geschäfte plünderten. Im November 2020 haben sich radikalisierte Jugendliche beim Reumannplatz formiert, um in der nahen Antonskirche zu randalieren. Sie sollen dabei „Allahu akbar“ gerufen haben. Im Sommer 2020 gab es in Favoriten mehrfach Ausschreitungen – türkische Nationalisten und kurdische Aktivisten waren aneinandergeraten.

3 Was sind österreichweit die größten Hotspots, an denen es regelmäßig zu Gewalt kommt?

Wien Favoriten gilt vor allem im Bereich der Jugendkriminalität als Hotspot. Besonders das Gebiet zwischen Reumannplatz und Keplerplatz ist immer wieder Schauplatz von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Drogenkriminalität.

Als zweiter Hotspot gilt der Bahnhof Praterstern in Wien Leopoldstadt, der ein zentraler Verkehrsknotenpunkt ist. Dort gibt es ein Problem mit Drogenhandel und kriminellen Jugendlichen. Bis 2018 gab es zahlreiche Polizeieinsätze wegen Betrunkenen, die alkoholisiert zu Gewalttaten neigten. Seit ein Alkoholverbot auf dem Praterstern verhängt wurde, hat sich dieser Aspekt verbessert.

Es ist aber nicht nur die Metropole Wien. Ein Brennpunkt liegt auch in Tirol, konkret beim Bahnhof Innsbruck und bei der Bogenmeile.

4 Wer darf derzeit eine Waffe, konkret ein Messer, mit sich führen?

Die Gesetzeslage ist klar: Derzeit darf jeder über 18-Jährige legal ein Messer mit sich führen. Innenminister Karner will nun eine Ausweitung der Waffenverbotszonen, genauer gesagt der Messerverbotszonen, im öffentlichen Raum. Die Schwierigkeit dabei ist, dass erst definiert werden muss, was ein problematisches Messer im Sinne einer Waffe ist. Grundsätzlich gilt: ein Messer, das dazu geeignet ist, die Angriffs- und Abwehrfähigkeit eines Menschen herabzusetzen. Ein Jausenmesser im Rucksack ist es nicht. Aber etwa das Feldmesser des Bundesheeres ist ein Grenzfall. Dieses wird nicht als Waffe gewertet. Küchenmesser an sich auch nicht. Allerdings: Jene drei asiatischen Prostituierten, die von einem Afghanen ermordet wurden, wurden mit einem Sushi-Messer niedergemetzelt. Im Innenministerium geht man nun daran, zu definieren, wann genau ein Messer eine Waffe ist. Mit Faustfeuerwaffen, also Pistolen, verhält es sich folgendermaßen: Besitzen darf eine solche, wer eine Waffenbesitzkarte hat. Mitführen, auch in geladenem Zustand, darf sie aber nur derjenige, der einen Waffenpass und Gründe dafür hat, etwa die Gefährdung der Person.

5 Welche Maßnahmen werden gesetzt? Wie reagiert die Politik auf die jüngste Welle der Gewalt?

Innenminister Karner präsentierte am Montag in Favoriten die neu geschaffene „Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Jugendkriminalität“. Sie ist ab sofort im Dienst und soll Hotspots ausmachen, Mitglieder von Jugend­banden identifizieren und „neuartige Phäno­mene rasch erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten“, wie es formuliert wurde. Wenige Tage davor kündigte Karner ein generelles Waffenverbot im öffentlichen Raum an – der Gesetzesvorschlag wird laut Innenministerium wie gesagt gerade ausgearbeitet.

Um die Probleme und negativen Auswirkungen von sozialen Brennpunkten unter Kontrolle zu bringen, setzt die Politik in Wien und Innsbruck seit längerer Zeit auf Videoüberwachung. Seit 2007 wird der Wiener Schwedenplatz ebenso videoüberwacht wie der Karlsplatz, bei dem es um den Kampf gegen die dortige Drogenszene ging. Seit dem Inkrafttreten des Alkoholverbots im Jahr 2018 gibt es auch auf dem Praterstern Videoüberwachung. Nach den schweren Silvesterkrawallen 2020 in Favoriten wurde im Mai 2021 eine Videoüberwachung auf dem Reumannplatz eingeführt, die künftig bis zum Keplerplatz ausgeweitet werden könnte.

Gleichzeitig setzt die Politik auf Waffenverbotszonen, von denen es drei in Österreich gibt. Nach einer Serie von Gewalttaten wurden in Innsbruck zwei Waffenverbotszonen eingerichtet, eine am Hauptbahnhof, die andere in der Bogenmeile. In Wien gilt seit 1. Februar 2019 für den Praterstern ein Waffenverbot.

Auf einen Blick

Eine Serie an Gewalttaten an
sozialen Brennpunkten, vor allem in der Bundeshauptstadt, hat eine Diskussion (vor allem) über jugendliche Gewalttäter und die Senkung des Alters für
die Strafmündigkeit ausgelöst.

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