Cofag-U-Ausschuss

U-Ausschuss: Ex-Minister Müller habe Benko „wie jeden anderen Steuerzahler“ behandelt

Ex-Finanzminister Eduard Müller bei seinem Eintreffen im U-Ausschuss am Donnerstag.
Ex-Finanzminister Eduard Müller bei seinem Eintreffen im U-Ausschuss am Donnerstag.APA / APA / Georg Hochmuth
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René Benko hätte heute im Parlament aussagen sollen, sagte aber kurzfristig ab. Der Grund: zu viele Vorwürfe. Ihm droht nun eine Beugestrafe. Sehr wohl gekommen ist FMA-Chef Müller. Die SPÖ konfrontierte ihn dabei auch mit der angeblichen „Abschleicherliste“ rund um Stefan Pierer.

Wird René Benko kommen? Oder nicht? In den von SPÖ und FPÖ eingesetzten Untersuchungsausschuss „betreffend Zweiklassenverwaltung wegen Bevorzugung von Milliardären durch ÖVP-Regierungsmitglieder“ wollte er eigentlich am Donnerstag als Auskunftsperson erscheinen. Sein Anwalt Norbert Wess jedoch sagte sein in Aussicht gestelltes Kommen am Mittwochabend ab. Der Grund: Gegen Benko, dessen Signa-Gruppe die bisher größte Pleite der Zweiten Republik hingelegt hat und der seither aus der Öffentlichkeit verschwunden ist, gebe es aktuell zu viele Vorwürfe.

Die Abgeordneten reagierten wenig überrascht: ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger meinte am Donnerstag, der Signa-Gründer hätte vermutlich nur geschwiegen. SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer kündigte einen Antrag auf Beugestrafe gegen Benko an. Außerdem will er den Tiroler neuerlich in den U-Ausschuss laden. FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker bedauerte Benkos Abwesenheit. Er hätte ihn gerne zu verschiedenen Deals sowie zu etwaigen Banden zwischen der Signa und der Causa Wirecard befragt. Auch Yannick Shetty (Neos) kam auf die Spionageaffäre rund um Egisto Ott zu sprechen und forderte einen Russland-U-Ausschuss.

Müller habe Benko als „Steuerzahler wie jeder andere“ erachtet

Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli, die Mittwochabend via X (vormals Twitter) gemeint hatte, dass sich Benko „nicht traut“, konzentrierte sich Donnerstagfrüh sodann auf Eduard Müller. Letzterer war ab 2015 Sektionschef im Finanzministerium, kurzzeitig Finanzminister und agiert nun als Vorstandsdirektor der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA. Müller bestritt bisher vehement, im Sinne Benkos interveniert zu haben. So auch am Donnerstag.

„Ich weiß, dass ich mir nichts vorzuwerfen habe, außer, dass ich einen Menschen, mit dem ich zusammengearbeitet habe, nicht durchschaut hab‘“, betonte Müller in seinem Eingangsstatement am Donnerstagvormittag – und meinte damit den früheren Generalsekretär und Kabinettschef im Finanzministerium, Thomas Schmid (später Öbag-Chef und aktuell in Warteposition auf den Kronzeugenstatus), ohne ihn namentlich zu nennen. Der Grund: Während Müller auch am Donnerstag vehement Interventionsversuche bestreitet hat, sagte vor einigen Wochen ein Finanzbeamter im U-Ausschuss aus, dass Schmid und sein damaliger Vize Müller im Finanzministerium als „Zwillinge“ wie eine „Eingreiftruppe“ agiert hätten.

Müller selbst stellte seine Rolle anders da. Er habe sich nicht als „Zwilling“ Schmids gesehen, auch nicht als „Buddy“, sondern habe mit ihm eben eng zusammengearbeitet. Zu Schmid meinte er, dass er sich „nie vorstellen“ habe können, „dass persönliche Vorteile handlungsleitend sind“. Seiner Befragung schickte er voraus, dass er „selbstverständlich alles mir Mögliche tun werde, um an der Aufklärung mitzuhelfen“, seit vier Jahren allerdings nicht mehr im BMF sei. „An manche Details werde ich mich nicht erinnern können, wenn sie mich nicht entsprechend unterstützen.“ Außerdem werde er in einem Verfahren von der WKStA als Beschuldigter geführt, weshalb er sich dazu entschlagen werde.

In der ersten Fragerunde durch die Verfahrensrichterin Christa Edwards und der Abgeordneten ging es in der vordergründig darum, wie viel Kontakt Müller zu Benko gehabt habe. Einmal habe er ihn in seinem Büro getroffen, „das war ein 20-Minuten-Termin“, gegangen sei es um Beschwerden Benkos wegen der langen Verfahrensdauer. Auch zur Übersiedlung der Signa von Wien nach Innsbruck im Jahr 2018 ein halbes Jahr vor der „absoluten Verjährung“ des Steuerakts fragte Richterin Edwards Müller. Darin sah er nichts besonderes, schließlich habe das abtretende Finanzamt dem zugestimmt, das aufnehmende Finanzamt Innsbruck „hatte glaub ich wenig Freude damit.“

Ein Telefonat zwischen Müller und dem bereits befragten Mitarbeiter im Finanzamts nahm im Anschluss großen Raum ein. Müller soll Benko in dem Gespräch als „Retter von Arbeitsplätzen“ verteidigt haben. Müller relativierte das Zitat: Er habe gesagt, „für die einen mag er ein Immobilienspekulant sei, für die anderen ein Retter von Arbeitsplätzen“, doch für die Finanzverwaltung spiele das keine Rolle, er sei „ein Steuerzahler wie jeder andere“.

„What you see is all there is“

Nina Tomaselli (Grüne) verwies auf die persönlichen Treffen von Müller und Benko, insgesamt seien es drei gewesen sowie ein Telefonat mit Schmid und Benko. „Wie oft war das sonst der fall, dass sie persönlichen Kontakt in Einzelsteuerverfahren hatten?“, fragte Tomaselli. Müller meinte, dass er zumindest einem Treffen keine Erinnerung habe. Im Gegenzug fragte er Tomaselli direkt, ob sie denn noch wisse, wie oft sie sich getroffen hätten. Tomaselli: „Ja.“ Müller: „Mit Datum?“. Tomaselli: „Da müsste ich nachschauen. Aber Gegenfrage: Wie oft haben Sie in meinem Steuerakt geholfen?“. Müller verneinte, dass er „in Steuersachen eingegriffen“ habe. Generell neigte Müller im Verlauf seiner Befragung dazu, den Abgeordnete Gegenfragen zu stellen, weshalb Vorsitzender Norbert Hofer (FPÖ) ihn darauf hinwies, nur zu antworten und keine Gegenfragen zu stellen.

„Sie sehen jetzt, was Sie sehen, what you see is all there is“, sagte Müller mit Verweis auf den in der Vorwoche verstorbenen US-Psychologen Daniel Kahnemann. Die Protokolle und Akten zeigten nur einen kleinen Ausschnitt seines beruflichen Alltags, der Tausende Termine und Gespräche umfasst habe. „Was ich damals nicht gewusst habe: welche Urlaube, welche Skitouren oder Jobgespräche es gab“, meinte er mit Verweis auf die persönliche Nähe zwischen Schmid und Benko. „Das habe ich nicht gewusst. Hätte ich das gewusst, hätte ich wohl anders gehandelt, aber ich habe keinen Anlass gehabt, ein unredliches Verhalten bei meinem Vorgesetzten (Schmid, Anm.) zu vermuten.“  

Krainer (SPÖ) schwenkt auf Pierer-Steuerakt

Kai Jan Krainer (SPÖ) führte gegen Mittag sodann den Steuerakt Stefan Pierer ins Treffen, den Krainer im Wahlkampf 2017 schon skandalisiert hatte. Damals sorgte das Steuerverfahren des Industriellen für Aufsehen, weil der KTM-Chef auf einer sogenannten „Abschleicherliste“ gestanden haben soll. Als „abschleichen“ wird das schnelle Transferieren von Vermögen aus einem Land in das andere bezeichnet. Pierer soll 2013 gerade noch rechtzeitig Vermögen von Liechtenstein nach Österreich transferiert haben, ohne dafür entsprechende Steuern zu zahlen. 2020 sagte Pierer im U-Ausschuss aus, dass der Vermögenstransfer ordnungsgemäß erfolgt sei. Laut ORF und „Standard“ aber musste Pierer nach einer Selbstanzeige Millionen nachzahlen. Das geschah laut Medienberichten zwei Monate nachdem Krainer das im Wahlkampf thematisiert hatte.

Die Frage, woher Krainer die Informationen erhalten hat, besorgte damals den damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) laut SMS an sein Team, wie der „Standard“ in der Vorwoche berichtete. Sektionschef Müller soll daraufhin intensiv nach der undichten Stelle gesucht haben. Krainer befragte Müller am Donnerstag dazu: Wann wusste Müller von der Existenz der „Abschleicherliste“? Müller wisse es nicht. Wann erfuhr er von parlamentarischen Anfragen, ob Pierer auf der Liste ist? Er habe keine Erinnerung daran. Müller soll laut SPÖ-Mandatar Krainer ein internes Verfahren gestartet haben, um zu erfahren, von wem die Informationen des Abgeordneten stammten. Das sei erfolgt, weil damit das Steuergeheimnis verletzt worden sei, ließ Müller wissen. Das Büro für Interne Angelegenheiten habe Anzeige erstattet. Am Ende habe sich herausgestellt, dass die Suche datenschutzrechtlich nicht zulässig sei.

Debatte um Fragestellung zu Details zur Hypo Vorarlberg führte zu einer längeren Debatte zur Verfahrensordnung. Tomaselli fragte, ob es eine Kontaktaufnahme aus Politik oder Kabinetten zur Prüfung der Hypo Vorarlberg gegeben habe? Müller: Nein. Wiederholt wurde die Sitzung an der Stelle wegen Bedenken unterbrochen, das Details zu Bankkunden in einer vertraulichen Sitzung erfolgen sollten. Tomaselli und Krainer verwiesen dabei auf vergangene Ausschüsse, bei denen Detailfragen zu einzelnen Kunden auch in der medienöffentlichen Sitzung zulässig gewesen seien.

ÖVP-Wortmeldungen für SPÖ „lähmend“

Begleitet waren die Aussagen Müllers von Wortmeldungen der ÖVP-Abgeordneten Andreas Hanger und Klaus Fürlinger zur Geschäftsordnung. Ersterer mahnte Grünen-Fraktionsführerin Tomaselli einmal, „man soll die Auskunftspersonen schon ausreden lassen“. FPÖ-Fraktionschef Christian Hafenecker konterte: „Jo, dann möd‘ di hoid net!“.

Fürlinger wiederum störte sich an den „apodiktischen Unterstellungen“ in den Fragen von Neos-Mandatar Yannick Shetty zu den Erinnerungen Müllers. Shetty nannte sie „selektiv“. Hanger meinte dazu: „Wir fragen hier nach Wahrnehmungen und nicht nach selektiven Einschätzungen. Das war ein zentraler Vorwurf. Das kann nicht Untersuchungsgegenstand sein“.

(APA/hell/juwe)

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