Kriminalität

Nationaler Sicherheitsrat tagt zu Spionagefall Ott: Was kann das Gremium?

Bundeskanzleramt in Wien
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Auf Verlangen der Grünen trifft sich heute der Nationale Sicherheitsrat zum Spionagefall Egisto Ott.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat nach der Festnahme des früheren Verfassungsschützers Egisto Ott wegen Spionageverdachts für den 9. April den Nationalen Sicherheitsrat (NSR) einberufen. Zuvor hatten die Grünen das Zusammentreten des Gremiums gefordert. „Es stehen Vorwürfe der Spionage gegen Egisto Ott, ehemaliger Mitarbeiter im BVT, im Raum“, begründete Nehammer die Einberufung. „Diese Vorwürfe sind schwerwiegend. Zum einen müssen diese Vorwürfe nun von der Justiz aufgeklärt werden. Zum anderen bedarf es einer Beurteilung und Klärung der Sicherheitslage der Republik. Wir müssen verhindern, dass russische Spionagenetzwerke unser Land bedrohen, indem sie politische Parteien oder Netzwerke unterwandern oder instrumentalisieren.“ Der NSR sei jenes Gremium, in dem diese Fragen diskutiert werden könnten.

Der Nationale Sicherheitsrat ist das Beratergremium der Bundesregierung in Sicherheitsfragen. Er tritt nach seiner Einberufung zu vertraulichen Sitzungen zusammen. Das Gremium kann Beschlüsse fassen, die jedoch nur deklarativen Charakter haben. So empfahl er infolge des Ukraine-Krieges im Februar 2022 der Bundesregierung etwa, die Umfassende Landesverteidigung aufrechtzuerhalten und zu stärken.

Neben dem Bundeskanzler, Vizekanzler und mehreren Ministerin gehören dem Sicherheitsrat auch Vertreter der Parlamentsparteien an. Als Berater dienen dem Rat mehrere hochrangige Beamte, der Generalstabschef des Bundesheeres und der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit. Der Rat ist im Bundeskanzleramt angesiedelt.

Vorwurf der Russlandspionage

Gegen den Ex-Verfassungsschützer Ott wird seit 2017 von der Staatsanwaltschaft Wien unter anderem wegen Amtsmissbrauchs, geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs und Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt. Der Festnahme vorangegangen waren jüngste Informationen, denen zufolge Ott Handyinhalte von Spitzenbeamten an russische Spione übergeben haben soll. Sein Ex-Schwiegersohn, der als Beitragstäter gilt, wurde ebenfalls festgenommen.

Ott war Mitarbeiter des mittlerweile aufgelösten Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Zuletzt war er im Zusammenhang mit dem flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek in die Schlagzeilen geraten, dem er beim Aufbau einer Spionage-Zelle für Russland innerhalb des BVT behilflich gewesen sein soll. Ott soll - gemeinsam mit dem ehemaligen BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss - für Marsalek bzw. Russland Informationen beschafft haben, wobei er auf seine früheren Tätigkeiten als Verfassungsschützer und Polizeiattaché zurückgreifen konnte. Dem deutschen Nachrichtenmagazin „Spiegel“ zufolge soll es sich um Informationen über in Europa lebende Journalisten und einen kasachischen Oppositionspolitiker gehandelt haben.

Drei Handys, ein Ausflug

Zur Festnahme geführt hatten Hinweise aus Großbritannien, Ott habe im Sommer 2022 die gespiegelten Inhalte von Smartphones dreier (Ex-)Spitzenbeamter aus dem Innenministerium an russische Geheimdienste - mutmaßlich an den Inlandsgeheimdienst FSB - übermittelt. Bei den gestohlenen Smartphones soll es sich um die Geräte von Michael Kloibmüller, der jahrelang Kabinettschef im Innenministerium war, den nunmehrigen Bundespolizeidirektor Michael Takacs sowie von Gernot Maier, Direktor des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, handeln. Für Ott gilt die Unschuldsvermutung.

Die drei Handys waren 2017 „Opfer“ eines Unfalls geworden. Bei einem Ausflug des Innenministeriums war ein Kanu gekentert, die Smartphones fielen ins Wasser. Daraufhin wurde ein IT-Techniker des Verfassungsschutzes gebeten, die Diensthandys zu reparieren. Der fertigte offenbar Kopien der Geräte an und gab sie an Ott und andere weiter. Chats aus dem Smartphone von Kloibmüller gelangten auch an die Staatsanwaltschaft und an Medien. Sie führten wegen des Verdachts der Postenkorruption zu Ermittlungen gegen Kloibmüller und Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka, wobei das Verfahren gegen letzteren bereits eingestellt wurde.

Wie das alles möglich war, darüber wird derzeit intensiv gestritten: ÖVP, SPÖ und Grüne haben die FPÖ im Verdacht. Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer ortete gar „Verrat“ der FPÖ an Österreich und engere Kontakte zu Marsalek als bekannt. Für die ÖVP sind die Freiheitlichen ein „Sicherheitsrisiko für Österreich“, denn in den Akten habe man Belege dafür gefunden, dass FPÖ-Chef Herbert Kickl als damaliger Innenminister nach der BVT-Razzia Ott eine zentrale Rolle in der Neuaufstellung des Geheimdienstes zugedacht habe. (APA/Red.)

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