Morgenglosse

Die Lehren aus der Innsbruck-Wahl

Bürgermeister Georg Willi (die Grünen)
Bürgermeister Georg Willi (die Grünen) (c) APA / Expa/johann Groder
  • Drucken
  • Kommentieren

Die ÖVP hat ein ernsthaftes Problem, ein Wahlsieg der FPÖ im Herbst ist noch keineswegs fix und Umfragen sollte man nicht allzu sehr vertrauen.

Kommunalwahlen haben eigene Gesetze, das Wahlergebnis hängt von lokalen Faktoren ab. Insofern sollte man in die Innsbrucker Gemeinderatswahl nicht zu viel hinein interpretieren. Einige Erkenntnisse für die Bundespolitik gibt es aber doch.

Erstens hat die ÖVP ein ernsthaftes Problem. Nach Serienniederlagen bei den Landtagswahlen und dem Verlust des Salzburger Bürgermeisterpostens gibt es nun auch noch ein blamables Ergebnis in Innsbruck. In der Tiroler Landeshauptstadt nur noch knapp über zehn Prozent zu kommen, ist quasi der Supergau für die einst dominante Landespartei. Ein Grund dafür ist sicher die strategische Fehleinschätzung, auf einen Spitzenkandidaten zu setzen, der aus der Bundespolitik kommt, dort aber auch nur mäßigen Bekanntheitsgrad hatte. Florian Tursky hatte ein hohes Budget zur Verfügung und versuchte, die Ästhetik der Wahlkampfauftritte von Sebastian Kurz zu kopieren – ein Konzept, das nicht aufgegangen ist.

Johannes Anzengruber hätte als ÖVP-Spitzenkandidat wohl mehr erreicht. Es wäre aber verfehlt, die beiden Ergebnisse zusammenzurechnen, und das als wahres ÖVP-Ergebnis zu interpretieren. Denn möglicherweise haben viele Anzengruber gewählt, eben weil er nicht für die ÖVP antrat. Auch die Liste Tursky dürfte zur Erkenntnis gekommen sein, dass der Name ÖVP inzwischen schon eine Belastung ist, denn sie hat den Namen ÖVP verschämt versteckt - was natürlich nichts nützt. Insgesamt sind das bedenkliche Vorzeichen für die Volkspartei vor der Nationalratswahl. Wie die ÖVP bis zum Herbst das Steuer noch herumreißen will, ist unklar, alle bisherigen Versuche – man denke an die Debatten zur politischen Mitte, zum Bargeld und zur Leitkultur – wirken eher wie hilfloses Strampeln und haben bei den Wahlen wenig gebracht.

Zweitens ist der Wahlsieg der FPÖ bei der Nationalratswahl noch keineswegs so fix wie viele glauben. Denn, und das ist die dritte Erkenntnis, den Umfragewerten für die Freiheitlichen ist im Moment nicht zu trauen. In Innsbruck lagen sie bei nahezu allen Meinungsforschern auf Platz eins. Der Grund dafür könnte in der Vergangenheit liegen: Lange Zeit schnitt die FPÖ in den Umfragen deutlich schlechter als bei Wahlen, ein Effekt, den die Meinungsforschung herauszurechnen versucht. Aber vielleicht stimmen die Rechenmodelle so nicht mehr? Vielleicht ist die Bereitschaft, sich als FPÖ-Wähler zu deklarieren, gestiegen?

Bei der SPÖ ist der Befund nicht ganz so eindeutig. 13 Prozent in Innsbruck sind kein berauschendes Ergebnis, aber immerhin ein Zuwachs zur letzten Wahl. Herausgeholt von einer der wenigen Unterstützerinnen von Parteichef Andreas Babler im Parteiestablishment, während der einstige Klubchef, ein Babler-Kritiker, mit einer eigenen Liste angetreten ist und kaum Stimmen erhielt. Kann Babler Wahlen gewinnen? Für diesen Schluss ist es noch zu früh, aber zumindest hat die Partei unter seiner Führung bisher ganz gut abgeschnitten. Die EU-Wahl im Mai wird da vermutlich mehr Aufschlüsse bringen.

Und schließlich ist nun wohl auch endgültig klar, dass die KPÖ ein Potenzial hat, zumindest auf kommunaler Ebene in den großen Städten. Sie ist jetzt in der dritten Landeshauptstadt im Gemeinderat vertreten und stellt da eine Bürgermeisterin und einen Vizebürgermeister. Offensichtlich gibt es da ein beträchtliches Potenzial. Ob das auch auf Bundesebene mobilisierbar ist, ist aber fraglich.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.