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Lenzing, Amag und Semperit: Industrieholding B&C will Anteile reduzieren

Aktionäre gehen wieder leer aus: Schon zum zweiten Mal in Folge setzt der Faserhersteller Lenzing die Dividende aus.
Aktionäre gehen wieder leer aus: Schon zum zweiten Mal in Folge setzt der Faserhersteller Lenzing die Dividende aus.APA
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Österreichs größte private Industrieholding stellt ihre bisherige Strategie infrage und reagiert damit auf die „disruptiven“ Krisenjahre. Trotz der mannigfaltigen Baustellen bei ihren Beteiligungen sehe man aber nicht nur schwarz.

Wien. Es herrscht ein ernsthafter Ton am Montag beim Pressegespräch der B&C, der größten privaten Industrieholding des Landes. B&C-Stiftungsvorstand Wolfgang Hofer sagte eingangs: „Die goldenen Zeiten der Globalisierung sind vorbei.“ Was zunächst wie eine Floskel klingt, könnte große Veränderungen zur Folge haben.

So kündigte der Vorstand an, strategische Partner für die drei Kernbeteiligungen – die Unternehmen Lenzing, Semperit und Amag – zu suchen, man würde damit sogar ein Absinken der Anteile unter die 50-Prozent-Schwelle in Kauf nehmen. „Wir arbeiten sukzessive daran, und wir werden sicherlich auch in den nächsten Jahren entsprechende Handlungen setzen“, so Hofer. Allerdings: Die Beteiligung an der Holding selbst wolle man aber nicht ändern.

Strategie im Umbruch

Dennoch stehen die Zeichen auf Umbruch: Auf den Aufschwung dürfe man nicht mehr warten, so die Devise. Seit 2020 hätten viele Ereignisse „disruptiv“ gewirkt, resümiert Hofer. Der Weltmarkt verändert sich, und das spüren exportorientierte Unternehmen wie Lenzing oder Semperit. Es gelte daher, die Strategie zu hinterfragen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.

Das bedeute für die B&C, „dass wir unser jahrzehntelanges Dogma, wir müssen immer 50 plus 1 an einer Kernbeteiligung halten, aufgeben“. Konkrete Gespräch gebe es noch nicht, „Gesprächsanbahnungen“ nehme man derzeit aber vermehrt an, erzählt Hofer. Ebenfalls nicht konkret: wie viele Anteile B&C abgeben würde. Fest stehe aber, dass die Beteiligungen letztlich ein Ausmaß haben müssen, dass die Unternehmen „ihr Epizentrum in Österreich haben“, betont B&C-Geschäftsführer und Amag-Aufsichtsrat Thomas Zimpfer. „Da ist man irgendwo im Bereich 25 plus.“

Sorgenkind Lenzing

Größtes Sorgenkind ist der oberösterreichische Faserhersteller Lenzing. 2023 musste der Wert von fünf Werken um insgesamt 465 Mio. Euro abgeschrieben werden. Unterm Strich macht das Unternehmen einen Verlust von fast 600 Mio. Euro. Die Lenzing-Aktie schrumpfte seit 2017 wertmäßig um fast ein Fünftel. Die Aktionäre schauen bei der Dividende erneut durch die Finger.

Derzeit wird ein harter Sparkurs gefahren. Das negative Marktumfeld in der Textilbranche setzt dem Faserhersteller massiv zu. Zwar ziehe der Textilkonsum langsam wieder an und auch die hohen Lagerstände würden abnehmen, aber mit einem Aufschwung rechnet Lenzing-Aufsichtsrat Cord Prinzhorn erst 2025. Bis dahin soll die Lenzing resilient werden. Aktuelles Ziel: „nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit steigern“. Mehrere Stellenstreichungen fanden bereits statt, weitere schließt er nicht aus. Für das Krisenmanagement wurde zum 15. April Walter Bickel an Bord geholt, McKinsey-Berater Cornelius Baur soll den Umbau bei Lenzing zusätzlich verstärken. Prinzhorn ist dennoch hoffungsvoll: „Wir haben derzeit über eine Mrd. liquide Mittel. Das ist eine wichtige Kennzahl, weil wir nach wie vor Tilgungen haben.“

Auch Semperit-Aktionäre haben bessere Zeiten gesehen. Die Aktie notiert bei einem Viertel ihres Höchstwerts von 2015. Im Vorjahr machte das Unternehmen 17 Mio. Euro Verlust. Das verkaufte Medizingeschäft und die schwächelnde Baukonjunktur belasten.

Schur Flexibles – Verfahren

Kein goldenes Händchen bewies man bei der 80-prozentigen Übernahme des niederösterreichischen Verpackungsherstellers Schur Flexibles 2021. 2022, schon ein Jahr später, zeigten sich Fehler in der Bilanz. Da gebe es aber einen „wesentlichen Zwischenschritt“, so Zimpfer.

Gegen so einen Fall hat man sich im Zuge der Übernahme versichert. Den Schaden für die falsche Bilanz hat die Versicherung nun mit 120 Mio. Euro kompensiert. Der Kaufpreis belief sich damals auf etwa 300 Mio. Euro. Ein derzeit laufendes Schiedsverfahren in Frankfurt soll noch bis Frühsommer 2025 dauern, schätzt Hofer.

Auf die Nachfrage, ob man im Management Fehler gemacht habe, macht Hofer eine längere Pause, ehe er die Frage mit „Ja“ beantwortet. „Schur Flexibles ist ein evidentes Beispiel. Man hätte es mit dem Wissen von heute erkennen können, aber nicht müssen. Mit der Schadenswiedergutmachung sind wir sehr stark beschäftigt.“

Trotz der durchaus schwierigen Lage auf verschiedenen Ebenen sehen sich die Manager aber gut aufgestellt. B&C-Geschäftsführer Patrick Lackenbucher sieht die Finanzen der Gruppe in einer soliden Lage. „Wir sind liquide und sind langfristig und konservativ aufgestellt. Wir stehen besser da als vergleichbare Gruppen.“ Zudem freue man sich über die Performance des Aluminiumkonzerns Amag, der die Krisenjahre mit guten Ergebnissen überstanden habe.

Über die B&C-Gruppe

Die B&C-Gruppe ist als Mehrheitsaktionärin von Lenzing, Amag und Semperit Österreichs größte private Industrieholding. Derzeit hält sie 52,3 Prozent an der Lenzing AG, 54,2 Prozent an der Semperit AG Holding und 52,7 Prozent an der Amag Austria Metall AG. Die Gruppe hält zudem zehn Prozent am österreichischen Krankenhausbetreiber Vamed, der zum deutschen Fresenius-Konzern gehört. Über B&C Innovation und Investments investiert die Gruppe in mehrere Technologie- und Wachstumsunternehmen wie TTTech oder Frequentis.

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