Fossile Energie

Wie Banken den Klimawandel antreiben

Für das Business der fossilen Energiekonzerne hat sich seit dem Klimaabkommen in Paris kaum etwas geändert. Die Geldströme fließen.
Für das Business der fossilen Energiekonzerne hat sich seit dem Klimaabkommen in Paris kaum etwas geändert. Die Geldströme fließen. Reuters/Ron Bousso
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Geldspritze für fossile Projekte: Mit 6,9 Billionen US-Dollar unterstützen Banken Öl-, Gas- und Kohleprojekte weltweit. Österreichische Finanzinstitute spielen in dem Konzert mit, allerdings (angesichts der Gesamtvolumina) mit vergleichsweise leisen Tönen.

Keine Neuerschließungen von fossilen Lagerstätten, keine Investitionen von Kohleprojekten ohne CO2-Absaugung, keine Verbrennermotoren ab 2025 und ein klimaneutraler Energiesektor ab 2040: So lauten vier von insgesamt 400 Bedingungen, die ein Erreichen der Pariser Klimaziele möglich machen – diese Annahmen hat jedenfalls die Internationale Energieagentur (IEA) einer Studie zugrunde gelegt, die im Mai 2021 veröffentlicht worden ist. Die IEA bezeichnet den Weg, der zum 1,5-Grad-Ziel führe, als „schmal“. Aber er sei gangbar.

Das war vor drei Jahren. Heute stellen Nichtregierungsorganisationen zwei Berichte vor, die ein anderes Bild zeichnen und jedenfalls darlegen, dass wir weit abseits dieses von der IEA skizzierten „schmalen Pfades“ unterwegs sind.

Mit Kohle und Klima-Chaos rechnen

Konkret geht es um die Reports „Still Banking on Coal“ und „Banking on Climate Chaos“, die von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) entstanden sind. Letzterer legt dar, dass seit 2016 (also unmittelbar nach dem Beschluss des Pariser Klimaabkommens im Dezember 2015) Bankgeschäfte im Ausmaß von nicht weniger als 6,9 Billionen US-Dollar abgeschlossen worden sind. Dies betrifft sowohl Kredite als auch die Platzierung von Wertpapieren; bilaterale Abschlüsse sind in der Auswertung nicht enthalten.

Bei „Banking on Climate Chaos“ sind in die Betrachtung der Geschäfte der 60 größten Banken der Welt mit mehr als 4200 Unternehmen der Sektoren Öl, Gas und Kohle. Für den Report „Still Banking on Coal“ sind 600 Geldinstitute unter die Lupe genommen worden - und deren Geschäfte mit mehr als 1400 Kohleunternehmen .

Bankinstitute aus sieben Ländern sind dafür überwiegend verantwortlich: 92 Prozent der Bank-Unterstützung gehen auf Institute zurück, deren Hauptsitz sich in China, den USA, Japan, Kanada, Indien, Indonesien und Großbritannien befindet. Insgesamt geht es um Öl-, Gas- und Kohleprojekte. Der Bericht beleuchtet zahlreiche Projekte im Detail, bei denen die Auswirkungen auf Menschenrechte und Ökologe besonders heftig sind.

Mehr als 200 Millionen Dollar aus Österreich

Allein im Kohlesektor sind in den vergangenen drei Jahren 470 Mrd. Dollar investiert worden. Im Jahr 2023 finanzierten die 60 untersuchten Banken sämtliche fossile Sektoren mit 705 Mrd. Dollar – gut die Hälfte dieses Betrages wurde von den Energiekonzernen für neue Projekterschließungen aufgewandt. 2023 haben weltweite Geschäftsbanken die Kohleindustrie mit fast 136 Milliarden US Dollar unterstützt. Der Bericht mit Kohle-Fokus „Still Banking on Coal“ wurde maßgeblich von urgewald erarbeitet - in Kooperation mit 19 zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Die Summen, um die es bei den Geschäftsbeziehungen zwischen österreichischen Geldinstituten und fossilen Konzernen geht, sind weitaus geringer. Die Auswertung zeigt, dass das Gesamtvolumen der Geschäftsbeziehungen in den vergangenen drei Jahren mehr als 200 Millionen Dollar ausmacht. Betroffen sind die Erste Group und Raiffeisen. Sprecherinnen der beiden Bankinstitute bestätigten die Beträge nicht und verwiesen auf die Bestimmungen zum Bankgeheimnis. Die Höhe der Beträge wurde von den Bankinstituten weder bestätigt noch dementiert. Das Bestehen konkreter Geschäftsbeziehungen wurde nicht dementiert.

Seitens der Sprecherinnen wurde auf die bankinternen Regulierungen für diesen Bereich verwiesen. Bei der Erste Group heißt es, dass man sich beim „emissionsintensivsten Bereich der Energieerzeugung – nämlich dem Kohlesektor – das Ziel gesetzt habe, bis 2030 aus der Finanzierung auszusteigen“. Kunden der Erste Group müssten „bis 2025 eine Strategie für ihren Kohleausstieg vorlegen“.

Und Raiffeisen erklärt, dass „sämtliche Kundenbeziehungen mit Kohlebezug der Kohle-Policy“ entsprächen. Geltende Richtlinien verbieten Geschäfte mit Unternehmen, die mehr als 25 Prozent ihres Umsatzes aus dem Abbau von Kraftwerkskohle erzielen. Zudem müsse der Plan für einen „glaubwürdigen Kohleausstieg – mit lediglich vernachlässigbaren Restumsätzen – bis 2030“ vorgelegt werden.

Fridays bei der Hauptversammlung

Die beiden genannten Berichte wurden in Zusammenarbeit mehrerer NGOs erstellt: Rainforest Action Network (RAN), BankTrack, Center for Energy, Ecology, and Development, Indigenous Environmental Network (IEN), Oil Change International (OCI), Reclaim Finance, the Sierra Club und Urgewald. Insbesondere bei der Datenrecherche wurde mit dem niederländischen Forschungsinstitut Profundo kooperiert.

Kampagnen der NGOs haben in der Vergangenheit bewirkt, dass einige Investoren ihr Geld von Banken abgezogen haben, die das fossile Business unterstützen. Dieses Divestment betreffe, so Urgewald, mehr als 13 Milliarden Euro. Ihre Gelder umgeleitet hätten demnach der norwegische Pensionsfonds sowie die Versicherer Allianz, Axa, Generali und die Münchner Rück.

Unterdessen kritisiert Johanna Frühwald, Sprecherin der Fridays for Future (FFF), die Erste Group: „Für Öl und Gas gibt es keinen Zeitrahmen, innerhalb dessen Kunden aussteigen sollen. Und es wird nicht unterschieden, ob ein Unternehmen sein Öl- und Gasgeschäft noch erweitern möchte.“ Im Visier steht insbesondere eine etwaige Unterstützung von Romgaz und OMV-Petrom (zu 51,2 Prozent im Besitz der OMV), die gemeinsam ein Gasprojekt im Schwarzen Meer planen („Neptun Deep“).

Insbesondere kritisiert FFF, dass unterschieden wird zwischen projektbezogener Finanzierung und nicht projektbezogener. Frühwald, die angekündigt hat, an der Hauptversammlung der Bank teilnehmen zu wollen, fordert strengere Policies: „Die erfolgreichen Beispiele von anderen Banken zeigen: Wo ein Wille, da ein Weg. Die Erste Group muss sich entscheiden: Will sie Teil der Lösung sein oder weiterhin das Problem finanzieren?”

Urgewald

Banking on Climate Chaos

Information der OMV über „Neptun Deep“

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