Krieg in der Ukraine

US-Außenminister: Ukraine soll US-Waffen auch auf russischem Gebiet einsetzen

Archivbild vom 14. Mai. Der ukrainische Präsident Selenksij (Bildmitte) empfängt US-Außenminister Anton Blinken (mit dem Rücken zur Kamera) in Kiew.
Archivbild vom 14. Mai. Der ukrainische Präsident Selenksij (Bildmitte) empfängt US-Außenminister Anton Blinken (mit dem Rücken zur Kamera) in Kiew.Brendan Smialowski
  • Drucken

Der US-Außenminister ist von seiner Kiew-Reise einem Medienbericht zufolge mit einem Sinneswandel nach Washington zurückgekehrt. Die Ukraine soll US-Waffensysteme künftig auch gegen russische Stellungen hinter der Grenze eingesetzt werden.

Bisher galt für aus den USA gelieferte Waffen für die Ukraine immer wesentliche Bedingung: Die Waffen dürfen nur auf ukrainischem Gebiet eingesetzt werden, also nicht etwa in Richtung Russland abgefeuert werden. Damit wollten die USA eine direkte Konfrontation mit Russland vermeiden. In der US-Administration läuft auf Betreiben des Außenministeriums laut einem Bericht in der „New York Times“ eine Debatte, diese Regel abzuschwächen. Den Ukrainern soll gestattet werden mithilfe von US-Waffen russische Raketen- und Artillerieabschussanlagen gleich hinter der Grenze in Russland zu treffen. Systeme, die den Russen zuletzt Gebietsgewinne ermöglicht haben.

Dem Bericht der „New York Times“ zufolge ist die Initiative von Außenminister Antony Blinken allerdings noch in der ersten Phase. Es ist unklar, ob er weitere Unterstützung im Kabinett und Stab des Weißen Hauses erfährt. Präsident Joe Biden soll der Vorschlag noch gar nicht vorgelegt worden sein. Biden gilt in der Ukraine-Frage als äußerst vorsichtig - vor allem in Zeiten des Wahlkampfes. Im November wird in den USA gewählt. Konkurrent Donald Trump fährt einen Kurs der Abschottung, will Hilfsgelder und Waffenlieferungen für die Ukraine streichen.

Ein durch einen russischen Angriff beschädigtes Gebäude in Charkiw, wo die russischen Angriffe zuletzt massiv zugenommen haben.
Ein durch einen russischen Angriff beschädigtes Gebäude in Charkiw, wo die russischen Angriffe zuletzt massiv zugenommen haben.Sofiia Gatilova

Offiziell will den Vorschlag des US-Außenministers niemand bestätigen. Es handle sich um „interne Beratungen“, sagt Sprecher Matthew A. Miller der „New York Times“. Anonyme Quellen berichten der Zeitung jedoch, Blinken Position habe sich nach seinem jüngsten Ukraine-Besuch geändert, weil Russland eine neue Front in der Region Charkiw eröffnet habe und direkt hinter der Grenze Waffen platziert - im Wissen, dass die Ukraine nur mit Drohnen und Munition reagieren darf, die nicht aus den USA stammt.

Seit Beginn einer russischen Bodenoffensive in der ukrainischen Region Charkiw im Nordosten des Landes haben nach Behördenangaben bereits knapp 11.000 Bewohner ihre Häuser verlassen müssen. „Insgesamt wurden 10.980 Menschen evakuiert“, teilte Provinzgouverneur Oleh Synegubow im Onlinedienst Telegram mit.

Selenskij fordert Hilfe gegen russische Gleitbomben

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij bat den Westen zuletzt außerdem um Hilfe gegen russische Angriffe mit Gleitbomben. Diese seien derzeit das wichtigste Instrument der russischen Luftangriffe. „Die Ukraine benötigt Systeme und Taktiken, die es uns ermöglichen, unsere Stellungen, unsere Städte und unsere Gemeinden vor diesen Bomben zu schützen“, sagt er in seiner nächtlichen Videoansprache.

Russland setzt zunehmend die mit einem Steuerungssystem ergänzten Bomben ein. Sie können relativ gefahrlos von den russischen Piloten abgeworfen werden und sind schwer zu bekämpfen.

Schweden sagt 6,5 Milliarden Euro zu

Schweden gibt der von Russland angegriffenen Ukraine Militärhilfe für weitere 6,5 Milliarden Euro verteilt auf drei Jahre. Das teilte der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson am Mittwoch in Stockholm mit, und der ukrainische Präsident Selenskij bedankte sich abends für die Hilfe. „Das ist wirklich greifbar und wird nicht nur uns, nicht nur die Ukraine, sondern den gesamten europäischen Raum von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer stärken“, sagte Selenskij in einer Videobotschaft.

„Die Sache der Ukraine ist die Sache Schwedens“, sagte Kristersson in einem Video im sozialen Netzwerk X. Seit Beginn der russischen Invasion vor über zwei Jahren habe sein Land bereits 15 Pakete mit Militärhilfe für die Ukraine geschnürt. Die neue Rüstungshilfe solle sich auf die Jahre 2024 bis 2026 verteilen.

Die gesamte zugesagte militärische und zivile Hilfe aus Schweden steigt damit der Regierung in Stockholm zufolge auf 100 Milliarden Kronen (8,6 Milliarden Euro) an. „Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ist die Sicherheitslage in Europa die schlimmste seit dem Zweiten Weltkrieg“, hieß es in einer Mitteilung. Das neutrale Schweden ist unter dem Eindruck des russischen Angriffs der Nato beigetreten, es ist einer der größten Unterstützer der Ukraine.

Tschetschenien bietet Russland Truppen an

Der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow hat in des dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einem Treffen im Kreml zusätzliche Truppen für den Krieg in der Ukraine angeboten. Zehntausende „gut ausgebildete und ausgerüstete Kämpfer aus der Reserve“ stünden bereit, für Russland in der Ukraine zu kämpfen, falls ein entsprechender Befehl erteilt werde, schrieb Kadyrow, der seine Region im Südkaukasus seit 2007 als Kremltreuer regiert, zu einem Foto von dem Treffen in Moskau. Insgesamt hätten bereits 43.500 Soldaten in der Ukraine gedient, darunter 18.000 Freiwillige. (APA/Reuters/dpa)

>> Der Artikel in der „New York Times“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.