Morgenglosse

Rishi Sunak muss auf ein Wunder hoffen – oder auf einen Labour-Skandal

Rishi Sunak bei seiner Ansprache vor dem Amtssitz in der Downing Street.
Rishi Sunak bei seiner Ansprache vor dem Amtssitz in der Downing Street. Reuters / Toby Melville
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Der britische Premier hat eine Neuwahl ausgerufen, die er nach menschlichem Ermessen nur verlieren kann. Als Nachlassverwalter muss die Pleiten-, Pannen- und Brexit-Saga der Tories ausbaden.

Strömender Regen und ein Störmanöver eines Anhängers der Labour Party, der Tony Blairs Wahlkampfhit von 1997 – „Things Can Only Get Better“ – vor der Downing Street erschallen ließ: Rishi Sunaks Inszenierung des Wahlkampfauftakts am Mittwochabend war nicht von Fortüne begleitet. Dabei war der Auftritt darauf ausgelegt, die Opposition zu überrumpeln. Stunden zuvor hatte der britische Premier den Wahltermin noch vage mit der zweiten Jahreshälfte angegeben. Dass die Wahl nun bereits am 4. Juli über die Bühne gehen wird, überraschte in London Freund wie Feind. Außenminister David Cameron musste sogar eigens aus Albanien nach London zurückkehren.

Die Entscheidung mutet an wie ein Verzweiflungsakt. Das Überraschungsmoment ist auf Seite Sunaks, der das Datum als Regierungschef de facto im Alleingang bestimmt hat – das ist aber auch schon fast alles. Zwar stehen am Ende doch positive Indikatoren wie die leichte Erholung der Konjunktur und das Sinken der Inflation auf der Habenseite des früheren Finanzministers.

Ob das genug ist, angesichts einer jahrelangen Pleiten-, Pannen-und Brexit-Saga, des Niedergangs des nationalen Gesundheitssystems NHS und des generellen Missmuts über die Tory-Regierungen Johnson und Truss das Steuer für den Nachlassverwalter Sunak herumzureißen und die Wähler nach 14-jähriger Regierungszeit und mindestens achtjährigen Chaos für eine weitere Amtszeit zu überzeugen?

Ruanda muss warten

Der Groll gegen die Konservativen hat sich zuletzt in Schlappen bei Nachwahlen manifestiert, mehrere Tory-Abgeordnete sind zur Opposition übergelaufen und Dutzende verzichten auf eine neuerliche Kandidatur. Sunak musste jetzt sogar eingestehen, dass die ersten illegalen Migranten erst nach dem 4. Juli nach Ruanda abgeschoben werden. Dies wollte er als großen PR-Erfolg im Wahlkampf propagieren

Nun kann der Premier nur auf einen Mega-Skandal bei der Labour Party hoffen. Selbst eine Siegesserie Englands bei der Fußball-EM in Deutschland dürfte kein Wunder für die Regierung mehr bewirken. Das Finale findet erst am 14. Juli statt, zehn Tage nach der Wahl.

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