EU-Gesetz

Renaturierung: Entschlossene Ministerin, unentschlossene Länder

Am Weißensee in Kärnten war am Freitag die Renaturierung der Naturflächen in Österreich - und der ganzen EU - Thema.
Am Weißensee in Kärnten war am Freitag die Renaturierung der Naturflächen in Österreich - und der ganzen EU - Thema. Die Presse Fotos extern
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Von den Bundesländern gibt es keine Entscheidung zum EU-Renaturierungsgesetz. Doch könnten auch die ÖVP-Minister Gewessler blockieren?

Wien. Türkises Wasser ohne Motorboote, für einen Kärntner See ungewöhnlich unbebaute Ufer – einen besseren Ort als den Weißensee, der als Aushängeschild für naturnahes Wirtschaften gilt, hätte man sich für das Ringen um die Natur nicht aussuchen können.

Am Freitag haben dort die neun Umweltlandesräte und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) jene Debatte um das EU-Renaturierungsgesetz fortgesetzt, die sich immer mehr zu einem innerkoalitionären Streit auswächst. Für die Grünen bedeutet das Gesetz „Lebensversicherung“, für die ÖVP v. a. „Überregulierung“, überbordende Bürokratie. Österreich könnte bei der finalen Absegnung des Gesetzes am 17. Juni das Zünglein an der Waage sein, sofern Umweltministerin Gewessler nun wirklich dafür stimmen kann, wie sie es so gern täte.

Darf Gewessler das?

Darf sie das? An dieser Frage hakt es noch gewaltig. Sie hängt einerseits von dem einstimmigen Veto der Bundesländer ab, das nach dem Aussche­ren von Wien und Kärnten immer mehr wackelt. Am Weissensee konnten sich die Länder allerdings zu keiner neuen Entscheidung durchringen. Gewessler appellierte im Anschluss an Wien und Kärnten, „auch den letzten und entscheidenden Schritt zu machen“.

Landesrätin Susanne Rosenkranz (FPÖ), Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und die Kärntner Landesrätin Sara Schaar (v.l.) am Weisensee.
Landesrätin Susanne Rosenkranz (FPÖ), Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und die Kärntner Landesrätin Sara Schaar (v.l.) am Weisensee. APA / Peter Lindner

Denn de facto ist die ursprüngliche Stellungnahme noch intakt, eine bloße Willensbekundung, wie man sie vom Wiener Bürgermeister, Michael Ludwig, zuletzt vernommen hat, reicht nicht aus. Er sei für das Gesetz, wenn bestimmte Bedingungen gewährleistet seien, allen voran die Finanzierung „insbesondere durch den Bund“, ließ er am Freitag wissen. Dass Ludwig seine Zustimmung an die Finanzierung koppelt, macht es für Gewessler wiederum schwierig, die über Finanzen naturgemäß nicht bestimmen kann. Zumal das Ausmaß der auf Österreich zukommenden Kosten ohnehin noch nicht abschätzbar ist.

Veto von ÖVP-Ministern?

Doch auch ohne Veto ist nicht klar, ob Gewessler auf EU-Ebene grünes Licht geben darf. Von der ÖVP heißt es – sie folgt dabei der Rechtsmeinung des EU-Rechtsexperten Walter Obwexer von der Uni Innsbruck –, dass das Gesetz auch die Agenden Agrar und Finanzen und Europa betreffe und Gewessler die Zustimmung der ÖVP-Minister brauche.

Daniel Ennöckl, Rechtsexperte der Boku Wien, ist anderer Meinung: Das Bundesministeriengesetz, auf das sich die ÖVP stützt, beziehe sich nur auf innerstaatliche Angelegenheiten. Eine Geltung für Abstimmungen im EU-Rat gehe aus der Regelung nicht hervor, so Ennöckl. Zudem hätten auch ÖVP-Minister bereits auf EU-Ebene ohne das Einvernehmen mit dem Klimaministerium abgestimmt, obwohl Umweltinteressen berührt waren. Etwa bei den Änderungen der gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP). „Hier wird eine selektive Auslegung vorgenommen“, sagt Ennöckl. Ein Alleingang Gewesslers sei rechtlich möglich. (twi)

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