Familien-Konzerne: Erben und sterben lassen

(c) APA (Robert Jäger)
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Die Tochter von Herbert Turnauer will die Constantia Privatbank verkaufen. Und liegt damit voll im Trend: Viele der „Erben-Generation“ haben bereits das Lebenswerk ihrer Altvorderen veräußert.

Es ist nicht so, dass Prinz Michael von und zu Liechtenstein rasend gerne mit Journalisten redet. Aber manchmal ruft dann doch die Pflicht, und was sein muss, muss dann halt sein. Zum Beispiel diese Woche: Die Constantia Privatbank stehe gerüchteweise vor dem Verkauf, schrieben etliche Zeitungen. Und so blieb dem Prinzen, der Aufsichtsratspräsident ebendieser Bank ist, nichts erspart.

„Die Bank ist sehr gut geführt und hat eine erfreuliche Entwicklung genommen“, gab er also Tage später zu Protokoll, „und daher sind auch einige Angebote eingetroffen.“ Nicht unwesentlicher Nachsatz: „Und die schauen wir uns an.“

Na bitte. Ein nachgerade schockierend freimütiges Outing. Und das ist bei generell auf Diskretion bedachten Privatbanken keinesfalls selbstverständlich. Schon gar nicht, wenn der Name Constantia im Spiel ist. Im Imperium des verstorbenen Industriellen Herbert Turnauer war eiserne Verschwiegenheit ja stets oberstes Gebot.

Herbert Turnauer ist vor acht Jahren gestorben. Sein ansehnliches Vermögen hat er seinen beiden Kindern vermacht: Die Constantia Industries AG (Platten, Isolierstoffe) ging an Sohn Max Turnauer, der Konzern wird von dessen Sohn Stanislaus Turnauer geführt. Turnauer-Tochter Christine de Castelbajac hingegen erbte die Constantia Packaging AG – und die 1986 von Turnauer gegründete Privatbank.

Die mittlerweile 61-jährige Turnauer-Tochter wird als sehr kunstsinnig beschrieben – die profane Welt der Wirtschaft hat sie nie sonderlich interessiert. In der Packaging AG ist sie bloß stellvertretende Aufsichtsratspräsidentin. In der Privatbank hat sie sich überhaupt mit einem einfachen Aufsichtsratsmandat begnügt.

Und so wundert es nicht, dass schon vor Jahren erstmals Gerüchte über den Verkauf der Privatbank auftauchten. Zumal Christine de Castelbajac mit der Bank ohnehin nie restlos glücklich gewesen war: Vor Jahren, erzählt man sich in betuchten Wiener Kreisen, soll es zu einem erbitterten Streit zwischen ihrem Bruder und ihr gekommen sein. Max Turnauer soll erbost darüber gewesen sein, dass seine Schwester neben der sehr gedeihlich laufenden Verpackungs-Konzern auch noch die hochprofitable Privatbank zugesprochen bekommen hat. Ein Mediator soll eingeschalten worden sein – glaubt man den Gerüchten, soll Christine de Castelbajac ihrem Bruder rund 300 Millionen Euro als Abgeltung überwiesen haben.

In der Bank führt Karl Petrikovics seit Jahren das operative Geschäft. Durchaus erfolgreich: vor allem dank der börsenotierten Immobiliengesellschaften Immofinanz und Immoeast, mit denen die Privatbank Managementverträge abgeschlossen hat. De Castelbajac soll allerdings das muntere (und sehr eigenständige) Werken „ihres“ Generaldirektors nicht ganz geheuer sein – zumal Immobilien-Aktien ja derzeit nicht gerade der Renner sind. Da kommen die Kaufangebote für die Bank, die sich um eine Milliarde Euro bewegen sollen, wie gerufen.

Aus emotionaler Sicht dürfte der Verkauf auch kein großes Problem sein: Die Turnauers waren ja immer schon eine Industriellenfamilie – die Privatbank war da eher schmückendes Beiwerk. Und Hand aufs Herz: Es scheint ja auch der Zug der Zeit zu sein, dass die „Erben-Generation“ der alten österreichischen Unternehmerfamilien tabula rasa macht. Und so sind über die Jahre Traditionsunternehmen der Reihe nach an neue Eigentümer gegangen.

Zum Beispiel die Meinls. Julius Meinl III. war noch Lebensmittelhändler mit Leib und Seele. Julius Meinl V. hatte damit hingegen so überhaupt nichts am Hut. „Den Verderb des Obstes zu bestimmen, war nie meins“, sagte er einmal in einem Interview. Als er Anfang der achtziger Jahre beschloss, sich die damals eher beschauliche Meinl Bank zur Brust zu nehmen, wurde das in der Familie „erstaunlich undramatisch zur Kenntnis genommen“, erzählt ein guter Bekannter. Im Lebensmittelgeschäft sei für ihn auch „kein Platz“ gewesen: Großvater, Vater und Onkel waren dort als Unternehmer beziehungsweise Aufsichtsräte tätig – „Julius V. hätte dort wohl jahrzehntelang ein Prince-Charles-Schicksal geblüht“, sagt der Familien-Intimus. Die Bank florierte dann auch, der Lebensmittelhandel hingegen darbte über die Jahre. Bis Julius V. schließlich kurzen Prozess machte und das Traditionsunternehmen verkaufte. „Gottlob hat das sein Großvater nicht mehr erlebt“, sagten damals Freunde der Familie.

Auch Harriet Hartmann hat den Verkauf ihrer Perle Frantschach AG nicht erlebt. Jedenfalls nicht den gänzlichen Verkauf. In den neunziger Jahren hatte sie bereits 50 Prozent der Industrieperle an den südafrikanischen Mondi-Konzern verkauft.

Die Grande Dame der Industrie hatte auch die Übergabe ihres Vermögens an ihre drei Neffen Michael, Andreas und Christian Kaufmannveranlasst. Die zeigten allerdings nie Gelüste, das Unternehmen operativ zu führen. 1998 starb Hartmann. 2004 übernahm die südafrikanische Mondi-Gruppe den Papierkonzern zur Gänze.

Bei Mautner Markhofs schaffte wiederum die klamme wirtschaftliche Situation des Traditionsunternehmens Tatsachen. Ende 2001 wurde das jahrhundertealte Senf- und Essig-Imperium an den deutschen Konkurrenten Develey verkauft. Wobei das Ende der Dynastie alles andere als reibungslos über die Bühne ging: Erbe Marcus Mautner Markhof, der damals das „Pech“ hatte, unternehmerisch am Ruder zu sein, musste sich allerlei Vorwürfe gefallen lassen.

Er habe das Unternehmen an die Wand gefahren, beschimpften ihn Familienmitglieder gut und gerne. Dass schon Jahre vorher verabsäumt wurde, das Unternehmen zu internationalisieren, wurde in der Hitze der Emotionen geflissentlich unter den Tisch gekehrt.

Es ist halt ein Problem, wenn starke Unternehmerpersönlichkeiten von ihren Erben erwarten, ebenso mit Leib und Seele bei der Sache zu sein. Wenn dann unternehmerisch alles schief läuft und schlimmstenfalls das Familiensilber auch noch verscherbelt werden muss, ist der Sündenbock rasch ausgemacht.

So gesehen hat sich die Familie Palmers Zores dieser Art erspart: Im 1914 gegründeten Wäsche-Imperium wurde der Familienstreit quasi vorgezogen. Als der Konzern in der Folge im Jahre 2004 an zwei Investmenthäuser verkauft wurde, kehrte wieder Ruhe ein. Allgemeine Erleichterung nennt man das wohl.

AUF EINEN BLICK

Die Constantia Privatbank soll verkauft werden. Die Bank hatte der Industrielle Herbert Turnauer seinerzeit seiner Tochter Christine de Castelbajac vererbt. Sie gilt als kunstsinnig, für die wirtschaftlichen Aktivitäten der Turnauer-Unternehmen soll sie sich nie sonderlich interessiert haben.

Die Erben von österreichischen Traditionsunternehmen scheinen generell einen Hang zum Abwerfen von Ballast zu haben: Der Lebensmittelhandel Julius Meinl wurde ebenso verkauft wie das Mautner-Markhof-Imperium und der Palmers-Konzern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2008)

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