Liebe Familien und ihr Finale furioso

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2008 war echt nicht das Jahr der alten Unternehmer-Familien. Pech? Oder musste es so kommen?

Früher, ja früher. Da wusste man noch, wer welche Rolle in der Gesellschaft hat. „Ich bin doch nicht der Mautner Markhof“, sagten die Wiener einst, wenn sie knapp bei Kasse waren. Heutzutage ist das alles anders. Heute fällt dieser Satz allenfalls, wenn jemand seine hervorragende Bonität unterstreichen möchte.

Der Zug der Zeit ist halt wirklich gnadenlos. Die Familie Mautner Markhof, einst Inbegriff für Reichtum, plagen heute Sorgen wie Otto Normalverbraucher: Die Brauerei Schwechater haben sie längst verkauft. Die vormals imposante Essig- und Senfproduktion ging vor einigen Jahren an den deutschen Konzern Develey. Und am (vorerst) letzten Kapitel der Familiensaga tüfteln gerade die Rechtsanwälte: Sie ringen um die Befriedung der Gläubiger von Manfred Leo Mautner Markhof. Dem droht übrigens zu allem Übel auch noch der Privatkonkurs.

Wie's dem 56-jährigen Mautner Markhof in Zeiten wie diesen so geht, ist nicht eruierbar. Für Journalisten ist er nämlich nicht zu sprechen. Aber vielleicht tröstet ihn folgendes Faktum: Das Jahr 2008 war für einige alte Unternehmerfamilien, auf die Österreich einst so stolz war, allgemein ein grottenschlechtes. Früher als „moderne Königshäuser“ gefeiert und bewundert, heute von den Medien gegeißelt, oft von der Wirtschaftspolizei heimgesucht. Da macht es keinen Unterschied, ob man Meinl, Turnauer, Auer von Welsbach oder Mautner Markhof heißt.

Was ist denn da bloß los? Da hat wohl der Zufall in gewisser Weise Regie geführt. Dass all die Imponderabilien in diesem Jahr schlagend wurden, ist halt ein Pech – oder ein Trost, je nach Sicht der Dinge. Trotzdem würden wohl ganz besonders schlaue Leute sagen, dass es so kommen musste. Weil so alte, traditionsbehaftete Familienunternehmen irgendwie den Keim zum Finale furioso in sich tragen. Zahlreiche Studien sind zu dem Thema schon gemacht worden. Etwa von Motivforscherin Sophie Karmasin, die die Wehwehchen von Familienunternehmen alljährlich im Auftrag des „Wirtschaftsblatts“ eruiert. „Das Hauptproblem ist die Übergabe der Unternehmen an die nachfolgenden Generationen“, sagt Karmasin. Und Unternehmensberaterin Gudrun Vater, die sich ebenfalls auf Familienunternehmen spezialisiert, ergänzt: „Oft werden solche Unternehmen jahrzehntelang von sehr charismatischen, sehr bestimmenden Führungspersönlichkeiten geleitet. Für die Nachkommen ist es dann sehr schwierig, in die Schuhe hineinzuwachsen.“

Die Erben stehen da offenbar unter einem massiven Druck: „In vielen Fällen versuchen die Eltern schon sehr früh, die Kinder für das Unternehmen zu vereinnahmen“, erklärt Karmasin. Ob die das wollen, geschweige denn können, ist dann gar nicht das Thema. Es kommt dann, wie es kommen muss: Der „Junior“ übernimmt die Führung, der „Senior“ beäugt ihn kritisch. Auf der Strecke bleibt das Unternehmen.

Am Beispiel Mautner Markhof: Als Firmenpatriarch Georg Mautner Markhof Mitte der Neunzigerjahre abdankte, „durfte“ dessen Sohn Marcus Mautner Markhof ans Ruder. Da kränkelte das Lebensmittelunternehmen schon längst – trotzdem war der Untergang ständiger Anlass für Vater-Sohn-Konflikte. Das Unternehmen wurde schließlich Ende 2001 verkauft.

Und dann kam Manfred Leo Mautner Markhof, ein Neffe Georgs. Jahrelang hatte er das Wirken seines Cousins Marcus heftig kritisiert, im Jahre 2004 sah er seine Chance gekommen: Er wollte seinen eigenen Lebensmittelkonzern zimmern – wohl auch, um es der Familie einmal so richtig zu zeigen. Die schauen jetzt wirklich. Aber anders, als der Neounternehmer sich das vorgestellt hatte.

Man soll die Dinge schon auch beim Namen nennen: Eine gewisse Hybris ist den Erben der Familien mit klingendem Namen nicht abzusprechen. Aber muss man da zwangsläufig Bekanntschaft mit dem Staatsanwalt machen?

Zum Beispiel Julius Meinl V. Der hatte es, so erzählen viele seiner Bekannten, innerfamiliär viel leichter als andere Erben: Von seinem Vater sei er jedenfalls niemals unter Druck gesetzt worden – „er war ein sehr toleranter, liberaler Mann“, heißt es. Der „Junior“ durfte also die große, weite Welt des Investmentbankings schnuppern. Auch als er später den Verkauf des altehrwürdigen Lebensmittelhandels veranlasste, gab es seitens der Familie kaum Zores. „Den Verderb des Obstes zu bestimmen, ist nicht wirklich meins“, durfte Meinl V. später sogar zu Protokoll geben.

Zumal er ja mit vollem Elan in der Meinl Bank werkte. Auf den berühmten Familiennamen war er jedenfalls stets stolz – und das machte ihn wohl übermütig, um das einmal milde zu formulieren: Jetzt ermittelt jedenfalls die Staatsanwaltschaft, angeblich wegen des Verdachts des Betrugs – es gilt die Unschuldsvermutung.

Ein Tête-à-Tête mit der Staatsanwaltschaft hatte heuer auch Wolfgang Auer von Welsbach. Dem Urenkel des Chemikers und Unternehmers Carl Auer von Welsbachgehört ja die Kärntner Beteiligungsgesellschaft AvW, die heuer ins Schleudern gekommen ist. Vor einem Monat kam es zu einer Hausdurchsuchung bei Auer von Welsbach, weil Anleger, die Millionen bei der Gruppe veranlagt hatten, Anzeige erstattet hatten. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.

Auer von Welsbach wollte jedenfalls immer schon hoch hinaus. Das war er wohl seinem klingenden Namen schuldig. Angestellter in einer beliebigen Firma? Er nicht. Sein Vater hatte eine Holzgroßhandelsfirma. Und Sohn Wolfgang meinte einmal in einem Interview: „Wenn man aus einer Unternehmerfamilie kommt, dann macht man eigentlich das, was der Vater – das Vorbild – macht.“ So einfach ist das.

Das hätte Max Turnauer wohl auch gerne so gehalten. Doch sein Vater, der Industrielle Herbert Turnauer, ließ ihn nicht – weil er von seinem Sohn nichts hielt. Der beträchtliche Teil des Turnauer-Erbes ging also an Turnauer-Tochter Christine de Castelbajac, die aber mit Wirtschaft absolut nichts am Hut hatte.

Also wurde das gemacht, was Unternehmerfamilien in solch betrüblichen Situationen machen: Ein „Familienfremder“ führte die Geschicke der Hinterlassenschaft. Diesfalls war es Karl Petrikovics. Auch nicht gerade ein unbedingt nachahmenswertes Modell: Die Staatsanwaltschaft hat wieder einmal alle Hände voll zu tun.

auf einen blick

Kein gutes Jahr für „Erben“:Manfred Leo Mautner Markhof droht der Privatkonkurs. Gegen Julius Meinl V. ermittelt die Staatsanwaltschaft. Bei Wolfgang Auer von Welsbach gab es eine Hausdurchsuchung. Und Turnauer-Tochter Christine de Castelbajac muss um ihr gesamtes stattliches Erbe zittern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2008)

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