Am Wochenende wurden die letzten der insgesamt 301 Opfer geborgen. Das Bergwerk in Soma wurde aus Furcht vor neuen Protesten teilweise abgeriegelt.
Fünf Tage nach dem schwersten Grubenunglück in der Geschichte der Türkei hat die Polizei Medienberichten zufolge mehrere Manager des Bergwerksbetreibers festgenommen. Sie würden der Fahrlässigkeit verdächtigt, meldeten örtliche Medien am Sonntag. Insgesamt gab es demnach 18 Festnahmen. Die Polizei riegelte den Unglücksort teilweise ab, um weitere regierungskritische Proteste zu verhindern.
Bei dem Unglück am Dienstag im westtürkischen Soma waren 301 Kumpel ums Leben gekommen. Nach Bergung der letzten beiden Toten wurde die Suche nach weiteren Opfern am Samstag eingestellt. Die Regierung hatte dem Grubenbetreiber Soma Kömür Isletmeleri tagelang öffentlich bescheinigt, nicht gegen Sicherheitsauflagen verstoßen zu haben.
Mangelnde Sicherheitseinrichtungen
Die Zeitung "Milliyet" verwies am Samstag unter Berufung auf einen vorläufigen Ermittlungsbericht zu den Ursachen des Unglücks auf zahlreiche Sicherheitsmängel in der Grube, etwa das Fehlen von Rauchmeldern oder Sicherheitskammern. Grubenchef Alp Gürkan hatte sich 2012 damit gebrüstet, die Produktionskosten von 130 Dollar (rund 95 Euro) auf 24 Dollar pro Tonne gesenkt zu haben. Ob auch er unter den Festgenommenen ist, war zunächst unklar.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte bei einem Besuch in Soma am Mittwoch Grubenunglücke als unvermeidbar bezeichnet und damit wütende Massenproteste ausgelöst. Nach dem Stopp der Bergungsarbeiten riegelten Sicherheitskräfte die Stadt am Wochenende teilweise ab, um weitere Proteste gegen die Regierung zu verhindern. Auf mehreren Zufahrtsstraßen wurden Kontrollposten errichtet. Die Polizeipräsenz war massiv.
Proteste und Festnahmen
Am Samstag wurden zudem mindestens 36 Menschen vorübergehend festgenommen, darunter acht Anwälte. Einige von ihnen, die die Angehörigen der Opfer beraten wollten, seien geschlagen und verletzt worden, teilte der Anwaltsverband CHD mit. Den Festgenommenen, die am Nachmittag wieder auf freien Fuß kamen, wurde zur Last gelegt, dass sie trotz Versammlungsverbots eine öffentliche Erklärung abgeben wollten.
In Istanbul halten seit Freitag Dutzende Studenten die technische Fakultät besetzt. Sie ketteten sich in Hörsälen fest. "Diese Fakultät ist besetzt", hieß es auf einem großen Plakat an der renommierten Universität. Die angehenden Ingenieure werfen der Uni ihre engen Verbindungen zu den Bergwerksbetreibern vor. In einer ersten Reaktion kündigte die Hochschulleitung an, die Verbindungen zu den Vertretern von Soma Kömür Isletmeleri, die bisher im Verwaltungsrat der Fakultät saßen, kappen zu wollen.
(APA/AFP)