Wahl als Chance für Demokratieschub der EU.
Es ist eine einzigartige Groteske, die diesen EU-Wahlkampf beherrscht. Zwei Männer duellieren sich im Fernsehen, sie geben Interviews und werden von ihren Parteien als die Spitzenanwärter für den Kommissionschef präsentiert. Gleichzeitig spricht sich der britische Premier gegen beide Kandidaten aus; und auch Deutschlands Kanzlerin, Angela Merkel, sieht keinen „Automatismus“ bei der Bestellung des EU-Präsidenten.
Die Botschaft an den Bürger lautet: Die wichtigen Entscheidungen im EU-Postenkarussell werden unabhängig vom Wahlausgang hinter verschlossenen Türen getroffen. Dass die Festlegung auf den Wahlsieger eine Chance wäre, den größten Kritikpunkt an der EU – die mangelnde demokratische Legitimierung der handelnden Akteure – zu konterkarieren, übersehen die Regierungschefs geflissentlich: Die Machtgier überwiegt vor dieser Einsicht.
Nun müssen sich die Staatenlenker endlich dazu durchringen, das Szepter aus der Hand zu geben und den Bürger sprechen zu lassen – sonst wird die Wahlbeteiligung 2019 ein noch größeres Desaster, als sie es wohl in diesem Jahr schon sein wird.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2014)