Rapid-Stadion: Abschied von St. Hanappi

FUSSBALL - BL, Rapid vs RBS
FUSSBALL - BL, Rapid vs RBS(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Philipp Brem)
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Das legendäre Rapid-Stadion steht vor dem Abriss. Ein moderneres Stadion soll es demnächst ersetzen. Ein Abschiedsrundgang durch das Hütteldorfer Wahrzeichen.

Wien. Wenn Rapid-Präsident Michael Krammer heute, Dienstag, in der Wiener Stadthalle den Vereinsmitgliedern bei einer Versammlung Details zu den Stadionplänen erklärt, wird Roman Lorenz nicht dabei sein. Als Betriebsleiter muss er sich schließlich, wie jeden Tag, um „sein“ Hanappi kümmern.

Geht es nach ihm und der Vereinsführung, macht er das auch noch in zwei Jahren, sogar an gleicher Stelle. Dann aber im modernen, 24.000 Zuschauer fassenden Allianz-Stadion. Der Versicherungskonzern fungiert als Namenssponsor, der Neubau soll nach Abriss der alten Rapid-Heimstätte errichtet werden, um 90 Grad gedreht.

Offiziell aussprechen darf es der 43-Jährige zwar noch nicht, aber Lorenz weiß es längst: Oft wird der Ball nicht mehr rollen, im alten Hanappi. „Den richtig guten Grasdünger habe ich heuer nicht mehr bestellen müssen“, sagt er bei einem Rundgang durch das Stadion. Auch deshalb leuchtet das Grün des Rasens nur von Weitem so richtig satt. Schuld am eher kargen Zustand des Spielfeldes sei aber vor allem seine Ausrichtung, sagt der Betriebsleiter.

Gerhard Hanappi, der legendäre Rapid-Spieler, Architekt und Namenspatron des Stadions, hatte es ursprünglich in einer Nord-Süd-Achse geplant. Warum es schließlich zur Drehung um 90 Grad kam, die das Spielfeld dem oft lebhaften Hütteldorfer Westwind aussetzt, dafür gibt es verschiedene Erklärungen. Lorenz erzählt eine der kurzweiligeren: „Bei der Planung hat man schlicht und ergreifend den Kompass falsch angesetzt.“

Die Anekdote mag stimmen oder auch nicht, eine falsche Nordung wäre jedenfalls nicht der einzige schwere Baumangel bei der Umsetzung von Hanappis Plänen gewesen. Ein falsches Mischungsverhältnis beim Beton war schuld daran, dass es wenige Monate nach der Eröffnung des damals noch unter dem Namen Weststadion firmierenden Bauwerks im Herbst 1977 zu ersten Rissen im Gemäuer kam. Ein halbes Jahr lang musste die Arena gesperrt werden, die damalige Baufirma war in Konkurs.

Grobe bauliche Mängel oder gar Gefahr in Verzug herrschen heute zwar nicht mehr. Aber seine besten Tage hat dieses Bauwerk längst hinter sich. Der Putz bröckelt von den Wänden, in den Rissen zwischen den Bodenbetonplatten an den Eingängen wächst kaum weniger Gras als auf dem Spielfeld. Auch unter den Tribünen sieht es trostlos aus. Die Räumlichkeiten für Spieler, Gäste und Medienvertreter entsprechen längst nicht mehr internationalen Standards.

In den Gängen fehlen einzelne Deckenplatten, andere sind beschädigt. In der Heimkabine – eigentlich das Allerheiligste im „St. Hanappi“ – ist erst kürzlich wieder eine der kanaldeckelgroßen Platten heruntergekommen. Die Einzelteile liegen noch am Boden. Vor dem Freundschaftsspiel gegen Celtic Glasgow am 6. Juli, dem vielleicht letzten überhaupt in der alten Rapid-Heimstätte, muss hier aufgeräumt werden. „Wasserschäden gibt es auch immer wieder“, sagt Lorenz. „In den Gängen, in den Technikräumen und auch im VIP-Raum.“ Umso weniger überrascht es, dass sich die Rapid-Bosse schon seit Jahren eine neue Heimstätte wünschen.

Noch ist der Stadionbau jedoch nicht in trockenen Tüchern. Es fehlen wichtige Unterschriften, und bei der Finanzierung ginge ohne öffentliche Mittel gar nichts: 17,7 Millionen Euro hat die Stadt Wien ursprünglich für eine etwaige Renovierung des Hanappi zugesagt. Den Rest der Baukosten will der Verein per Kredit finanzieren.

Anrainer sind wenig begeistert

Auch die Hütteldorfer Nachbarschaft macht dem Verein zu schaffen. Anrainer befürchten neue Belastungen durch noch mehr Zuschauer. Lorenz hingegen sorgt sich vor allem darum, dass die Stimmung im neuen Stadion nicht mehr dieselbe sein könnte. So richtig fehlen wird das Hanappi aber nicht einmal ihm. „Heute werden Betonkästen wie diese reihenweise gesprengt“, sagt er am Ende des Rundgangs. Und so wird der Westen Wiens wohl schon bald ein neues Wahrzeichen bekommen – ob er will oder nicht.

AUF EINEN BLICK

Das Gerhard-Hanappi-Stadion ist die Heimstätte des SK Rapid Wien in Hütteldorf. Es wurde im Mai 1977 unter dem Namen Weststadion eröffnet. Geplant hat es der legendäre Spieler und Architekt Gerhard Hanappi. Nach seinem Tod 1980 wird das Stadion nach ihm benannt. 2001 und 2003 wurde es teilrenoviert, derzeit fasst es 17.500 Zuseher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2014)

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