Höhlenforscher gerettet: Einsatz könnte mehrere 100.000 Euro kosten

Genaue Kosten für die dramatische Rettungsaktion in der Riesending-Schachthöhle liegen noch nicht vor - Einsatzstunden werden noch aufgelistet.

Während sich der aus der Riesending-Schachthöhle in Bayern gerettete Höhlenforscher Johann Westhauser (52) auf dem Weg der Besserung befindet und sich am Freitag in einer Videobotschaft aus der Unfallklinik Murnau bei seinen Rettern bedankt hat, stellt sich die Frage nach den Einsatzkosten. Auch wenn noch keine Zahlen vorliegen, so dürfte die Summe mindestens einige 100.000 Euro betragen.

Bisher sind wenige Daten bekannt. Für die insgesamt zwölftägige Rettungsaktion im Untersberg in Berchtesgaden von 8. bis 19. Juni standen laut Bergwacht Bayern 728 Rettungskräfte im Einsatz. Von den 202 Rettern, die sich direkt in dem engen und gefährlichen Schachtsystem der rund 1.000 Meter tiefe Höhle befanden, kamen einer ersten Auflistung zufolge 27 aus Deutschland, 42 aus Österreich, 89 aus Italien, 20 aus Kroatien und 24 aus der Schweiz.

Wie viele Einsatzstunden geleistet wurden, müsse erst errechnet werden, hieß es am Freitag seitens der Bergwacht Bayern. Auch die Materialkosten stehen noch nicht fest. "Heute gibt es noch keine Aufstellungen. Es wird frühestens nächsten Montag eine Übersicht geben", sagte Jacqueline Rupp von der Bergwacht. Rupp machte keine Angaben darüber, wie viel Euro die Bergwacht für eine Einsatzstunde berechnet. Die Teams seien derzeit noch mit dem Rückbau beschäftigt. Alle Materialen für den Einsatz müssten aus der Höhle geholt werden. Derzeit würde die Polizei noch alles für die Unfallerhebung absichern. "Die Freigabe der Höhle muss noch erfolgen." Die Schachthöhle wird nun für die Allgemeinheit gesperrt, sie ist nur mehr mit einer Sondergenehmigung zugänglich.

Der Salzburger Höhlenrettungsdienst hat seine Einsatzstunden ebenfalls noch nicht aufgelistet. "Das wird bis nächste Wochen dauern. Wir waren von der Alarmierung weg bis Dienstag mit 20 Personen im Einsatz, und dann bis zum Ende immer mit zehn Leuten, und zwar immer 24 Stunden durchgehend", rechnete ein österreichischer Höhlenretter vor. Bei der Berechnung der Kosten halte man sich an den Tarif der Bergrettung, "das sind rund 40 Euro pro Einsatzstunde".

Im Normalfall würden die Kosten von der Versicherung des Verunfallten refundiert, erklärte der Landesleiter des Salzburger Höhlenrettungsdienstes, Helmut Obermair. Die Rettungsaktion in der Riesending-Schachthöhle würde aber vom Umfang her einen normalen Einsatz bei weitem sprengen. Seinen Schätzungen nach könnte der Einsatz 200.000 Euro kosten, da sind aber die Kosten für die Hubschrauber nicht miteingerechnet.

Während der Rettungsaktion fanden täglich mehrmals Hubschrauberflüge der bayerischen Polizei und der deutschen Bundespolizei statt. "Die Höhe der Kosten werden wir in Ruhe erörtern. Das wird sich erst in drei oder vier Wochen herauskristallisieren", erklärte Stefan Frey, Sprecher des Innenministeriums in München, auf Anfrage der APA. Zum Vergleich: Die österreichische Polizei verlangt für eine Einsatzstunde zur "Gefahrenerforschung" mit dem Polizeihubschrauber rund 2.500 Euro. Falls der Helikopter im Rahmen der polizeilichen Aufgabenstellung unterwegs sei und dann verunglückte Alpinisten mitnehme, würden diesen keine Kosten verrechnet, hieß es aus dem Ministerium in Wien. Nur bei einem offensichtlichen Missbrauch, wenn beispielsweise Wanderer einen Notfall aus Bequemlichkeit vorsätzlich provozieren wie im Juni 2013 zwei Holländer in Golling im Salzburger Tennengau, müssen sie den Flugeinsatz bezahlen.

Die Flugrettung des ÖAMTC verlangt knapp 80 Euro pro Hubschrauber-Flugminute bei Alpin-, Sport- und Freizeitunfällen, wie Flugrettungs-Sprecher Ralph Schüller gegenüber der APA erläuterte. Die Kosten würden direkt dem Patienten verrechnet. Dieser könne die Rechnung dann an seine Versicherung weiterleiten.

Für einen zwei bis dreitägigen Sucheinsatz nach einer vermissten Person mit täglich 30 Einsatzkräften entstehen laut Salzburger Bergrettung gleich einmal Kosten von rund 30.000 Euro. Für mittellose Personen gibt es eine Kulanzlösung, die Kosten werden aus einem mit Förder- und Sponsorengelder gespeisten Hilfsfonds der Bergrettung beglichen. Die Einsatzkräfte selbst müssten sich großteils von ihrem Arbeitgeber Urlaub oder freinehmen und die verlorenen Stunden später wieder hereinarbeiten, sagte Bergrettungs-Sprecherin Maria Riedler. Nur wenige Firmen würden den Lohn des Mitarbeiters während des Einsatzes auch fortzahlen.

Kommen in Deutschland staatliche Einrichtungen wie Polizei oder Feuerwehr zum Einsatz, kann sich ein Bürger in der Regel auf seine Rettung verlassen, ohne die Kosten fürchten zu müssen. Wenn Leib und Leben in Gefahr sind, wird niemand zur Kasse gebeten. Gebührengesetze in den einzelnen Bundesländer geben der Polizei oder Feuerwehr aber die Möglichkeit, Kosten für unnötige Einsätze zurückverlangen. Eine Rechnung wird auch bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz verschickt.

Wer sich als Bergwanderer verirrt hat, aus Angst an einer gefährlichen Stelle nicht weiterkommt oder aus Leichtsinn in die hereinbrechende Dunkelheit geraten ist, muss für die Kosten eines Rettungseinsatzes "ohne medizinischen Grund" aufkommen. Im Fall Westhauser dürfte es sich aber um eine Rettung aus einer unverschuldeten Notlage handeln, berichtete die dpa. Im Fall der bayerischen Bergwacht kommen nach deren Angaben im Allgemeinen die Sozialversicherungsträger auf - dazu gehören Krankenkassen oder Berufsgenossenschaften. Laut "Spiegel Online" übernimmt das Land Bayern die Lohnfortzahlungen und die Erstattung von Verdienstausfällen ehrenamtlicher Helfer.

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