Exklusive Uferkante: Abtauchen oder gesehen werden

Der Luxusmarkt im Süden Österreichs muss ganz unterschiedliche Zielgruppen bedienen.

Sehen und Gesehenwerden auf der einen, Ruhe, Abgeschiedenheit und Natur pur auf der anderen Seite: Die Bedürfnisse, die Kärntens Toplagen erfüllen sollen, sind ganz unterschiedlich. Eines wollen aber alle: Seezugang. Die bekanntesten und begehrtesten unter ihnen finden sich natürlich am Wörthersee. Wobei „finden“ es nicht wirklich trifft, denn meist werden hier Liegenschaften mit Seezugang gesucht, das Finden gestaltet sich seit Jahren als sehr schwierig. „Die Situation ist unverändert. Objekte mit Seezugang verzeichnen eine sehr große Nachfrage. Das Angebot hat sich nicht verbessert“, resümiert Thomas Hopfgartner von Living De Luxe Real Estate in Velden.

„Ich würde es mir gern anders wünschen“, meint auch Alexander Hein von Engel & Völkers in Velden, angesichts der Zahl der Kunden, die für eine Besonderheit vorgemerkt sind – eine historische Villa mit ansehnlichem Grund zum Beispiel. Wobei die Kunden, die ein solches Schmuckstück suchen, wissen, dass es sehr lange dauern kann, bis eine solche verkauft wird. Doch sie haben Geduld und weiteren Immobilienbesitz in anderen exklusiven Orten, dadurch gehen sie auch keinen Kompromiss ein.

Was steht hinter dem immer knapper werdenden Angebot? Eigentümerfamilien, die schon lange im Besitz einer Immobilie am Ufer sind, trennen sich höchst ungern von ihren Objekten. Zudem sind die Grundstücksreserven rar. Und die baulichen Beschränkungen sowie der behördliche Aufwand in der Uferzone sind groß geworden. Die wenigen Apartmenthaus-Projekte direkt am See, die noch geplant sind, stecken schon länger in der Pipeline.

Diskreter Markt

„In der ersten Reihe wird sehr wenig neu gebaut, speziell am Nordufer gibt es fast gar nichts, obwohl die Nachfrage sehr groß wäre“, berichtet Doris Scarpatetti-Matheis von Remax Lifestyle Wörthersee Immobilien GmbH. „Vieles geht hier unter der Hand und kommt gar nicht erst auf den Markt“, weiß auch Günther Seidl von Seidl Immobilien. Dass ein Objekt von der Öffentlichkeit unbemerkt den Besitzer wechselt, liegt daran, dass viele Käufer und Verkäufer auf extreme Diskretion Wert legen. So kommt, erklärt Hopfgartner, auch nur ein Teil der Angebote auf die Homepage, und selbst dort sind Informationen oft verschlüsselt. Manchmal aber trennen sich Eigentümer von Wohnungen mit Seezugang, sagt Hein. Wer vor etlichen Jahren am Wörthersee gekauft hat, kann heute höhere Preise erzielen.

Mit dem Lift zum Wasser

Für den Quadratmeter gehobener Wohnfläche mit Seezugang werden im Luxussegment Preise von 10.000 Euro aufwärts bezahlt, im Penthausbereich um einiges höhere Summen hingelegt. Für Grund und Boden direkt am Wasser sind je nach Grundstücksgröße mindestens 3000 Euro pro Quadratmeter zu entrichten. „Falls man überhaupt das Glück hat, etwas in der ersten Seereihe zu bekommen, muss man bei Häusern am See je nach Lage, Ausrichtung und Größe mit Kaufpreisen ab fünf Millionen Euro rechnen“, erklärt Laura Flechl, Geschäftsführerin der Immobilien Consulting GmbH.

Geht man dagegen auch nur eine Reihe zurück, fallen die Preise deutlich. Eine Marktsituation, die erfinderisch macht; vor allem am Südufer wurden erhaben liegende Grundstücke in der zweiten Reihe bebaut und durch einen Lift oder Übergang mit einem Seegrund verbunden, der im Idealfall nicht nur über einen Strand mit Badekabinen, sondern auch über eine Marina samt der begehrten Bootsliegeplätzen verfügt. „Das ist natürlich eine absolute Rarität“, sagt Scarpatetti-Matheis, zumal der Quadratmeterpreis hier ob der Lage in der zweiten Reihe schon bei 990 Euro beginnt.

Bayern und Holländer kaufen

Ein anderer Weg, den Traum vom eigenen Badesteg in Kärnten günstiger zu verwirklichen, führt über die Auswahl eines anderen Sees. Zwischen einem Drittel und der Hälfte lässt sich hier im Vergleich zum Wörthersee einsparen, und das für viele Käufer durchaus, ohne Verzicht zu üben. Denn nicht für alle ist der Wörthersee das Ziel der Träume, mancher Investor sucht gerade nicht nach glamourösem Nachtleben und prominenter Nachbarschaft, ganz im Gegenteil. „Der Ossiacher See, Faaker See oder Millstätter See werden immer mehr von unseren Nachbarn der nördlichen Bundesländer und auch von den Deutschen – vor allem Bayern – entdeckt und geschätzt. Diese wollen auf gar keinen Fall Glamour und Highlife, sondern suchen die Ruhe, die Nähe zur Natur und sind eher sportlich orientiert“, so Flechl. Andere beliebte Seen bei Naturliebhabern sind der Klopeiner und der Weißensee, der noch ein ganz eigenes Publikum anzieht. „An den Weißensee kommen viele Holländer“, weiß Seidl, „außerdem ist er auch im Winter beliebt, weil man hier Schlittschuhlaufen kann.“

Zwar sind an den etwas ruhigeren Gewässern Neubauprojekte in der ersten Reihe und Seeliegenschaften ebenfalls keine Massenware, im Vergleich zum Wörthersee ist aber wenigstens etwas Bewegung auf dem Markt. Es werden jährlich eine Handvoll Projekte realisiert (wie etwa oben das Projekt „Burgblick“). Die meisten werden dann im hochwertigen Segment zu Preisen ab 3000 Euro aufwärts zu haben sein – allerdings für den Quadratmeter Wohnfläche, nicht Grund.

Ein Trend, der sich in Kärnten anders als in Salzburg und Tirol noch kaum durchsetzt, ist die Nachfrage nach Luxusbauernhöfen. „Wenn überhaupt, gibt es eine Nachfrage nach Reiterhöfen“, so Scarpatetti-Matheis. Den Grund dafür macht Seidl in der bäuerlichen Baustruktur Kärntens aus. „Bei uns gibt es in den interessanten Lagen einfach keine Bauernhäuser. Die liegen alle in den Orten und nicht an Geländekanten.“ Und haben damit eines nicht: einen tollen Blick. Den braucht es aber unbedingt, wenn es schon keinen Seezugang gibt. (SMA/mad)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2014)

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