Klaus Luger: Der Rote mit dem schweren Erbe

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Der Linzer Bürgermeister, Klaus Luger, arbeitet an der Profilierung als Stadtchef. Flüchtlingsquartiere in einer Kaserne hat er verhindert, dabei mag er keine Blockierer.

Linz. So kann man als Politiker Durchsetzungswillen signalisieren. Seit November vergangenen Jahres ist Klaus Luger nach eigener Aussage in seinem „Traumberuf“ als Linzer Bürgermeister im Amt. Aus menschlicher Sicht betrachtet war es knallhart: Österreichweit machte der 53-jährige SPÖ-Politiker zuletzt Schlagzeilen, als er Quartiere für Asylwerber in der Hiller-Kaserne in Linz-Ebelsberg verhinderte.

Stärke zu zeigen ist ein gutes Jahr vor der nächsten Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl nicht das Schlechteste, um sich als Stadtchef zu profilieren. In der Stadtpolitik mischt er zwar ohnehin seit Jahren führend mit, aber eben im Schatten von Vorgänger Franz Dobusch (SPÖ), der ein Vierteljahrhundert Bürgermeister war.

Das Auftreten Lugers gegen die Unterbringung von Flüchtlingen kommt gerade vor dem politischen Hintergrund des Roten einigermaßen überraschend. Schließlich ist der Bürgermeister der mit rund 200.000 Einwohnern drittgrößten Stadt Österreichs seit zehn Jahren in der Community von Migrantenvereinen unterwegs. Erst im Juni ist von bosnischen Muslimen unterstützt von der Stadt eine neue Moschee eröffnet worden. Ab 2009 bemühte sich Luger als Integrationsstadtrat um ein besseres Zusammenleben zwischen der österreichischen Bevölkerung und Zuwanderern. Dazu zählte unter anderem die bewusste und intensive Deutschförderung schon ab dem Kindergarten. „In der Funktion ist man nicht Liebkind der Freiheitlichen“, versichert er im Nachhinein selbst.

Integration mit Deutsch

Die Absage an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wird im Linzer Rathaus daher als Fortsetzung dieser Linie und nicht als Kniefall vor den Freiheitlichen, damit nicht mehr sozialdemokratische Wähler in Richtung FPÖ abwandern, gesehen. Die Stadt setzt schon seit Längerem bei der Betreuung von Asylwerbern auf kleinere Einheiten, weshalb unter anderem ein Großquartier aufgelassen wurde. Außerdem beherberge die Landeshauptstadt rund ein Fünftel aller Asylwerber in Oberösterreich. Zu Fall gebracht wurde das Hiller-Kasernen-Vorhaben mit dem Einsatz juristischer Mittel, weil es Raumordnungsgesetzen widersprochen hätte.

Das Credo Lugers, eines gelernten Sozialwissenschaftlers und Historikers, für die politische Arbeit lautet hingegen grundsätzlich, er wolle etwas umsetzen. Und: „Ich hasse die Blockierer.“

Geprägt wurde Luger vom tiefroten sozialdemokratischen Elternhaus in Linz-Urfahr. An der Linzer Universität stand er als Studentenvertreter ganz links außen. Später stieg er in der SPÖ-Hierarchie auf: Vom Vater übernahm er die SPÖ-Sektion; 1992 wurde er Bezirksparteisekretär, ab 2003 war er schließlich Planungs- und Baustadtrat.

Noch heute eilt ihm der Ruf voraus, ein Mann fürs Grobe zu sein. Das rührt aus seiner Zeit als SPÖ-Fraktionsvorsitzender, die genau in die Zeit der schwarz-blauen Bundesregierung fiel. Entsprechend heftig fielen seine Angriffe und Reden aus, was vor allem auf ÖVP-Seite für bleibende Narben sorgte.

Wandlung vom Linksaußen

Innerhalb der Sozialdemokratie wird er links angesiedelt. Der Bürgermeister sieht sich selbst als „sozialliberalen Menschen“. Auf der einen Seite ist da ein liberaler Zugang zu gesellschaftspolitischen Fragen. In der Wirtschaftspolitik passt der Ex-Linksaußen aber überhaupt nicht in das Schema eines Unternehmerfressers. Im Gegenteil: Er kämpft nicht nur als Bürgermeister naturgemäß um den Erhalt der (Stahl-)Großindustrie und des Standortes Linz. Er tritt auch offen dafür ein, dass Unternehmen Gewinne machen müssen: „Ich kann ja nicht etwas umverteilen, was ich nicht verdiene.“

Zu verteilen gibt es in der Landeshauptstadt freilich nicht viel. Die Stadt und ihr Chef müssen den Gürtel angesichts eines hohen Schuldenbergs, der sich nach dem Ausbau im Sozialbereich und vielen Investitionen auftürmt, enger schnallen. Kein Wunder, dass aus Lugers Mund Worte wie mehr Effizienz etwa auch in Kindergärten kommen. Fast schon zur Pflichtübung in einem Vorwahljahr gehört hingegen, dass im Magistrat Strukturreformen zwecks Einsparungen angegangen werden, wobei es „keine heiligen Kühe“ gebe.

Dazu kommt als riesengroßer finanzieller Mühlstein das schwere Erbe aus dem Swap-Zinswettgeschäft mit der Bawag, das für die Stadt mit einem Verlust von mehr als 500 Millionen Euro enden könnte. Vor Gericht wehrt sich die Stadt mit allen juristischen Mitteln dagegen. Erst Anfang Juli dieses Jahres wurde im Prozess vor dem Handelsgericht Wien gegen den vorsitzenden Richter ein Antrag auf Befangenheit eingebracht. Die Verhandlung wurde bis zur Klärung vertagt. Von Bawag-Seite war daraufhin beklagt worden, dass angesichts der Gemeinderatswahlen 2015 kein politischer Wille für eine Lösung des Streits erkennbar sei.

Dass ausgerechnet die SPÖ-dominierte Stadt bei einem solchen Finanzdeal eingestiegen ist, bringt ein Glaubwürdigkeitsproblem für den obersten Roten im Rathaus. Schließlich wettern Sozialdemokraten sonst stets über „Casino-Kapitalisten“.

Absturz bei der Wahl 2009

Dabei ist die einstige rote Vorherrschaft in der Stahlstadt ohnehin schon stark geschwächt. 2009 sackte die SPÖ bei der Gemeinderatswahl um gut zwölf Prozentpunkte auf 41 Prozent ab und verlor mit seither 26 von 61 Mandaten die Absolute im Gemeinderat.

Der rote Hobbykoch und Hobbykicker ist gezielt darum bemüht, es sich mit den anderen Parteien nicht zu verscherzen. Möglichst viele Parteien sollen daher bei den finanziellen Aufräumarbeiten mittun, damit nicht nur die SPÖ dafür verantwortlich gemacht wird. Luger muss sich, anders als bei seiner Kür im vergangenen November, die im Gemeinderat erfolgte, im Herbst 2015 einer Direktwahl durch die Linzer stellen. Da kann das Basteln am Image als lösungsorientierter Stadtvater schon gar nicht schaden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2014)

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