SPÖ und ÖVP sichern sich Einfluss in der ÖIAG

LEITL
LEITLAPA/HERBERT NEUBAUER
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Die Selbsterneuerung ist demnächst Geschichte: Die Mitglieder im Aufsichtsrat der Staatsholding werden künftig wieder von der Regierung bestellt. Es wird überlegt, auch den Verbund und die Asfinag der ÖIAG einzugliedern.

Schladming. Wenn sich die Regierung der Wirtschaft und dem Arbeitsmarkt widmet, sind die maßgeblichen Sozialpartnervertreter für gewöhnlich nicht weit. Es war also keine große Überraschung, dass am Freitag, dem ersten von zwei Klausurtagen, auch Gewerkschaftsbund-Präsident Erich Foglar und sein Wirtschaftskammer-Pendant Christoph Leitl nach Schladming angereist waren. Aus der Regierungsklausur wurde so auch eine Schattenregierungsklausur, auch wenn die jeweiligen Vertreter das natürlich ganz anders sehen.

Dabei passt in Österreich kein Blatt zwischen Regierung und Sozialpartnerschaft, manchmal im wahrsten Wortsinn: Erst diese Woche hat Kanzler Werner Faymann jenes Steuerreformkonzept, das ÖGB und Arbeiterkammer miteinander entworfen haben, ins Programm der SPÖ übernommen. Und auch personell sind die Verbindungen eng und zahlreich: Sozialminister Rudolf Hundstorfer, Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser und Verteidigungsminister Gerald Klug kommen aus dem ÖGB. Der von Leitl geführte Wirtschaftsflügel in der ÖVP wiederum, der Wirtschaftsbund, stellt mit Reinhold Mitterlehner den Parteiobmann und Vizekanzler, mit Hans Jörg Schelling den Finanzminister und mit Harald Mahrer den Staatssekretär im Wirtschaftsministerium.

Bevor man sich allerdings mit den trüben Konjunkturaussichten befasste, einigte man sich in einer dreistündigen Arbeitssitzung noch schnell auf eine Reform der Staatsholding ÖIAG, über die unter anderem die Beteiligungen an Post, OMV und Telekom verwaltet werden. Der Aufsichtsrat, der seit einigen Jahren selbst über Nachbesetzungen in seinen Reihen entscheidet, wird in Zukunft wieder von der Bundesregierung bestellt.

Die – unter Schwarz-Blau eingeführte – Selbsterneuerung habe sich als nicht zielführend erwiesen, sagte Faymann in der Pressekonferenz nach der Sitzung, die er mit Mitterlehner und selbstverständlich auch mit den Sozialpartner-Spitzen bestritt. Es gehe aber nicht um personalpolitischen Einfluss, sondern um arbeitsmarktpolitische Lenkungseffekte, versicherten Kanzler und Vizekanzler unisono. Immerhin seien in den ÖIAG- und ihren Partnerunternehmen 70.000 Menschen beschäftigt.

Außerdem wird ernsthaft überlegt, den Verbund und die Asfinag in die ÖIAG einzugliedern. Um die Vor- und Nachteile abzuwägen und die Reform vorzubereiten, wird eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die von Faymann und Mitterlehner geleitet wird. Es passt ins Bild, dass diesem Gremium auch Foglar angehören wird. Ende des Jahres soll das neue ÖIAG-Gesetz in der Regierung, spätestens im März 2015 dann im Parlament beschlossen werden.

Der Übergang von der Staatswirtschaft zur staatlich gelenkten Wirtschaft war gleichsam fließend. Um der Konjunktur einen kleinen Schub zu verleihen, werden einige Investitionen vorgezogen. Die erste Tranche des Breitbandausbaus wird nächstes Jahr von 200 auf 300Millionen Euro erhöht. Davon verspricht man sich 25.500 Arbeitsplätze. Daneben wird auch das Budget für das Sonderbauprogramm der Universitäten von 40 auf 45 Millionen Euro angehoben.

Schulen: Mehr Autonomie?

Die Bildungspolitik wird auch am Samstag Thema sein, wobei es dann eher um die Schulen gehen wird. Dem Vernehmen nach sollen sie mehr Autonomie bekommen, SPÖ und ÖVP wollen zudem die Mittel für sprachliche Frühförderung aufstocken. Auch die Abschaffung der 50-minütigen Schulstunde ist angeblich noch nicht vom Tisch.


Das große Thema am zweiten Klausurtag wird jedoch die Steuerreform sein. Zumindest das Entlastungsvolumen – mutmaßlich zwischen fünf und sechs Milliarden Euro – und der Fahrplan sollen festgelegt werden. Man darf davon ausgehen, dass auch die Steuerreform, von der man sich ebenfalls einen wirtschaftsbelebenden Effekt verspricht, mit den Sozialpartnern besprochen wurde. Am Samstag sind Foglar und Leitl aber nicht mehr dabei. Während die Regierung auf der Schafalm hoch über Schladming noch gemeinsam zu Abend aß, waren die beiden schon am Heimweg. Davor ließ es sich der Kanzler nicht nehmen, sich coram publico bei beiden zu bedanken: „für das gute Verhältnis“ nämlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2014)

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