OMV: Raidl nennt ÖIAG-Vorgehen "Desaster"

Nationalbankpräsident Claus Raidl
Nationalbankpräsident Claus RaidlAPA
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Falsche Personalentscheidungen haben zu der gegenwärtigen Situation geführt. Der OMV-Aufsichtsrat sei vor einem Jahr "zu feig" gewesen.

Nationalbankpräsident Claus Raidl, früher selber ÖIAG-Vorstand, hat scharfe Kritik am Vorgehen der ÖIAG bei der OMV geübt. Das Ganze sei ein "Desaster", sagte Raidl Dienstagabend in der "ZiB2" des ORF und liegt damit auf der Linie von VP-Finanzminister Hans Jörg Schelling, der die Vorgänge rund um den OMV-Konzern einmal mehr als "unprofessionell" kritisiert. SP-Bundeskanzler Werner Faymann sieht die Turbulenzen in der OMV als Beleg für die Richtigkeit der Reformpläne in der Staatsholding ÖIAG. Es müsse Ordnung herrschen, "chaotische Zustände nützen niemandem", sagte Faymann am Mittwoch. Der OMV-Aufsichsrat hatte in einer mehrstündigen Sitzung am Dienstag den Abgang von OMV-Chef Gerhard Roiss mit Ende Juni 2015 offiziell besiegelt. Dass nicht sofort ein neuer OMV-Chef bestellt wurde, begrüßte Schelling. Der nun aufgesetzte Prozess sei besser als ein "Hüftschuss". 

Erst vor einem Jahr sei bei objektiv gleichen Gegebenheiten der Vertrag von OMV-Chef Gerhard Roiss verlängert worden. Alles, was man heute über Roiss erzähle, habe man schon vor einem Jahr gewusst und trotzdem den Vertrag verlängert. Zudem werde jetzt eine hohe Ablöse des noch bis 2017 laufenden Vertrages notwendig, sagte Raidl.

"Ich glaube, dass war vor einem Jahr Feigheit. Personalentscheidungen sind schwierig, aber dafür gibt es Spitzenleute" sagte Raidl weiter. Er dachte schon, dass der ÖIAG solche in den OMV-Aufsichtsrat entsende. Zudem gebe es bei Personalfragen zwei Grundregeln, nämlich rasch entscheiden und rasch umsetzen. Raidl bezeichnet die aktuelle Entscheidung, dass Roiss erst Mitte 2015 gehen soll, als nächsten Fehler. Wer werde nun noch ernsthaft mit Roiss reden, fragte er.

Rasinger: "Besser so als weiter zuzuschauen"

Für Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger hingegen ist die OMV-Entscheidung, jetzt den Vertrag mit Vorstandsvorsitzendem Roiss zu beenden, besser als "weiter zuzuschauen". "Eine teure Zwischenlösung ist besser als keine Lösung", so Rasinger mit Hinweis auf die nun fälligen Abfertigungen. Bis zu fünf Mllionen Euro könnte der Abgang die Eigentümer, und damit auch die Steuerzahler, kosten. Das Problem seien die Streitereien im Vorstand gewesen, und dass sich "Leute nicht mehr mit dem Markt und Kunden auseinandersetzen, sondern mit sich selbst beschäftigt sind".

ÖIAG-Chef Rudolf Kemler komme gemeinsam mit seinen Kollegen im Präsidium des OMV-Aufsichtsrates "große Verantwortung zu, dass diese Dinge so eskaliert sind", sie seien "der Situation nicht gewachsen gewesen". Es wäre zwar unfair, alles nur auf Kemler zu reduzieren, zugleich hat der ÖIAG-Chef aber aus Sicht Rasingers nun "ein Ablaufdatum". Rasinger ist gegen eine Verlängerung des Kemler-Vertrages, der bis Ende Oktober 2015 läuft, aber auch gegen eine vorzeitige Auflösung.

Kemler im Fokus der Kritik

VP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner forderte die ÖIAG-Gremien auf, sich die noch im Oktober anstehende Entscheidung über die Verlängerung von Alleinvorstand Rudolf Kemler angesichts der geplanten Reform gut zu überlegen. Zwar habe die Regierung kein Weisungsrecht, räumte der Wirtschaftsminister ein. Er erwartet aber, "wenn jemand merkt, dass die ÖIAG politisch neu ausgerichtet werden soll, dass dann wahrscheinlich überlegt wird, ob es richtig ist, jemanden schon vorweg zu binden".

Finanzminister Schelling hatte zuvor angekündigt, demnächst mit der ÖIAG über Kemler reden und seine Vorstellungen präsentieren zu wollen. Auf eine Ablöse des vor der OMV schon im Zusammenhang mit dem Einstieg von America Movil bei der Telekom Austria in die Kritik geratenen Managers wollte er sich aber nicht festlegen.

SP-Verkehrsminister Alois Stöger plädiert daher für eine rasche ÖIAG-Reform, mit der auch der Zugriff der Bundesregierung auf die Bundesbeteiligungen gesichert werden müsse. "So wie die ÖIAG derzeit aufgestellt ist, hat man sich nicht mit Ruhm bekleckert." 

Kemler: Einigkeit im Vorstand nicht möglich

Kemler verteidigt im Interview mit "News" den erzwungenen Abgang von OMV-Chef Roiss. Im OMV-Vorstand habe es unterschiedliche Vorstellungen über die Strategie gegeben: "Wir haben versucht, Einigkeit im Vorstand herzustellen, aber das war nicht möglich."

Die vorzeitige Ablöse sei die beste Lösung für das Unternehmen, weil sie eine Neuausrichtung unter einer neuen Führung bedeute, sagte Kemler. Der Vertrag von Roiss sei vor einem Jahr "noch unter völlig anderen Marktbedingungen" erfolgt, widerspricht der ÖIAG-Chef seinem Vorgänger Raidl. Inzwischen sei aber vor allem das Gasgeschäft dramatisch eingebrochen.

Dadurch, dass Informationen vorzeitig an die Öffentlichkeit gerieten, sei die Vertraulichkeit verletzt worden. Deshalb werde die OMV eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstatten. Die Kritik von Finanzminister Hans Jörg Schelling "freut mich nicht, ich kann die Verärgerung aber verstehen", sagt Kemler.

"ÖIAG-Reform rückblickend ein Fehler"

Auch Raidl kritisierte den gegenwärtigen ÖIAG-Chef Kemler. Kemler müsse aufpassen, dass er sich nicht irgendwelchen Haftungsfragen stellen müsse. In der ÖIAG fehle auch das Gefühl, wir börsenotierte Unternehmen zu führen seien. "Diese ÖIAG mit dem Vorstand und dieser Aufsichtsratsstruktur braucht wirklich niemand", gab Raidl der Staatsholding ein vernichtendes Zeugnis.

Rückblickend sei die ÖIAG-Reform der schwarz-blauen Regierung ein Fehler gewesen. Man habe damals auf seinen Rat hin die Politisierung des Aufsichtsrats beseitigen wollen, es habe sich aber eine gewisse Gruppe etabliert, die sich selbst erneuere und ihre eigenen Interessen verfolge: "Aus dem Prellbock zwischen Politik und Wirtschaft wurde ein Bunker."

>> Bericht in der "ZiB2"

(APA)

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