Immer noch befinden sich mehr als 3600 erkrankte Babies in Krankenhäusern, drei Kinder sind in einem kritischen Zustand. Das chinesische Parlament berät derweilen über schärfere Lebensmittel-Kontrollen.
Sechs Wochen nach Bekanntwerden des Skandals um Melamin-verseuchtes Milchpulver werden in China noch immer mehr als 3600 erkrankte Babys in Krankenhäusern behandelt. Drei davon befänden sich in kritischem Zustand, erklärte die Regierung in Peking am Donnerstag. Mehr als 46.700 Kinder wären inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen worden. Das Parlament in Peking begann unterdessen die Debatte über schärfere Lebensmittelkontrollen.
Über 53.000 Kinder erkrankt
Insgesamt waren mehr als 53.000 Kinder in China durch das mit der Industriechemikalie Melamin verseuchte Milchpulver an Nierensteinen und anderen Nierenproblemen erkrankt. Vier Babys starben. In der Volksrepublik waren Milch und Milchprodukte offenbar flächendeckend mit der gefährlichen Industriechemikalie Melamin versetzt worden, um einen höheren Proteingehalt vorzutäuschen. Zunächst war die Chemikalie in Babymilchpulver entdeckt worden, später aber auch in Frischmilch, Joghurt, Süßigkeiten und anderen Produkten. Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao hatte am Wochenende Versäumnisse seiner Regierung in dem Skandal eingeräumt.
Schärfere Kontrollen sollen kommen
Der am Donnerstag vom Nationalen Volkskongress beratene Gesetzesentwurf für schärfere Lebensmittelkontrollen soll dazu beitragen, die Vertuschung von Lebensmittelskandalen in Zukunft zu verhindern. Die örtlichen Gesundheitsbehörden sollen direkt für die Zulassung von Nahrungsmittelzusätzen verantwortlich werden. Es soll unmöglich gemacht werden, Lebensmittelproduzenten von Kontrollen auszunehmen, wie es im Melamin-Skandal geschehen war.
Erste Erkrankungen schon im März
Die Gesundheitsbehörden sollen dem Gesetzentwurf zufolge zudem zu Ermittlungen verpflichtet werden, sobald sie Beschwerden von Verbrauchern erhalten. Im Melamin-Skandal hatte es die ersten Berichte über Erkrankungen nach dem Verzehr von Baby-Milch schon im März gegeben, doch die örtlichen Gesundheitsbehörden reagierten erst im September. Es wurde spekuliert, dass China während der Olympischen Spiele im August keinen Skandal wollte.
Am Mittwoch hatte die UNO China dazu aufgefordert, sein System zur Lebensmittelüberwachung zu modernisieren. Ein veraltetes und wenig koordiniertes Kontrollsystem habe vermutlich dazu beigetragen, das Ausmaß des Melamin-Skandals noch zu verschlimmern. Das derzeitige System zur Lebensmittelsicherheit beruhe noch auf der "alten Philosophie, dass die Regierung für alles zuständig ist", kritisierte der WHO-Experte Jorgen Schlundt. Stattdessen müssten die Produzenten künftig selbst für die Lebensmittelsicherheit verantwortlich gemacht werden.
(Ag./Red.)