"Opel hängt am seidenen Faden"

Opel
Opel(c) REUTERS (KAI PFAFFENBACH)
  • Drucken

Die dramatischen Probleme von GM bedrohen auch Opel, dessen Absätze auf dem Heimatmarkt ebenfalls einbrechen. Das ist wiederum auch für Wien schlecht, wo jeder zweite Opel-Motor gebaut wird.

Die Lage des Opel-Mutterkonzerns General Motors wird immer bedrohlicher. Noch in diesem Monat braucht GM zum Überleben ein Darlehen in Höhe von vier Milliarden Dollar, weitere acht Milliarden sind bis Ende März nötig. Zehntausende Stellen werden gestrichen. Sollte der US-Kongress nicht bald Geld bewilligen, ist auch die Zukunft der deutschen Tochter Opel massiv bedroht.

"Es gibt nur zwei Möglichkeiten"

"Das Schicksal von Opel hängt am seidenen Faden des Überlebens von GM", erklärt der Leiter des deutschen Instituts für Automobilwirtschaft (IFA), Willi Diez. Sollte General Motors scheitern, gebe es nur zwei Rettungsmöglichkeiten für das deutsche Traditionsunternehmen: Die Hilfe des deutschen Staates oder die Übernahme durch einen Industriekonzern.

Nur, wer soll Opel übernehmen? Zwar gelten die europäischen Opel-Fabriken als technisch auf dem neuesten Stand, die Belegschaften als produktiv und die Modelle wieder als attraktiv. Immerhin wurde der neue Opel Insignia vor wenigen Tagen erst zum "Auto des Jahres" gewählt. Eine Übernahme von Opel innerhalb der Autoindustrie gilt dennoch als unwahrscheinlich.

Für die Autobranche nur ein Konkurrent

Volumenhersteller wie Volkswagen, Renault oder Toyota bauen nahezu die gleichen Fahrzeuge wie Opel. Für sie ist die GM-Tochter nur ein lästiger Konkurrent. Premiummarken wie BMW und Daimler dagegen haben ihre Modellpalette in den vergangenen Jahren so erweitert, dass sie selbst im Massenmarkt aktiv sind. Auch für sie würde eine Übernahme wenig Sinn machen.

Dazu kommt das Problem, dass die Konzernmutter auf Opel kaum verzichten kann. "GM würde uns nicht gehen lassen", betonte Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz. Opel habe die Entwicklungsverantwortung für ein Volumen von rund vier Millionen GM-Fahrzeugen pro Jahr. Ohne dieses Know-how sei der Konzern für die Zukunft noch viel schlechter aufgestellt als derzeit. Nur bei einem völligen Aus von GM wäre eine eigenständige Zukunft von Opel oder auch eine Übernahme denkbar.

Für GM unverzichtbar

Die Motoren-und Getriebefabrik in Wien Aspern gehört zwar nicht zu Opel sondern zu GM Europe, liefert aber zu 90 Prozent an die deutsche Marke.

Was die Situation für Opel nicht einfacher macht, ist der Umstand, dass der Hersteller nicht allein von seiner Konzernmutter in den Abgrund gerissen werden könnte. Auch auf dem deutschen Markt laufen die Geschäfte alles andere als rund. Um 36 Prozent brach im November der Absatz von Opel ein. Damit verlor der deutsche Traditionshersteller doppelt so viel wie der Durchschnitt aller Anbieter.

Nun laufen die Gespräche zwischen Management und Betriebsrat über Produktionsanpassungen. Bislang will Opel-Chef Hans Demant weder Werke schließen noch Arbeiter entlassen. Einschnitte für die Mitarbeiter dürften aber unvermeidlich sein. Im Gespräch sei ein ganzer Katalog von Maßnahmen, erklärte der Betriebsratschef des Eisenacher Opel-Werks, Harald Lieske. Möglich seien reduzierte Arbeitszeit, Nullrunden und eine Kürzung des Weihnachtsgeldes. Denkbar wäre etwa, dass Opel für eine begrenzte Zeit die 30-Stunden-Woche einführt.

Mit diesem Instrument war im November 2003 bereits einmal ein massiver Personalabbau im Stammwerk Rüsselsheim vermieden worden. Damals war der Opel-Absatz im dritten Quartal 2003 um 20 Prozent eingebrochen. Langfristig kam Opel aber auch damals um einen Personalabbau nicht herum. Ein Jahr später beschloss das Unternehmen, rund ein Drittel der Stellen zu streichen.

GM-Probleme - Grund für Staatshilfen

So paradox es klingt: Die aktuellen Probleme von Opel erleichtern es dem Staat möglicherweise sogar, dem Autobauer zu helfen. Der Rüsselsheimer Hersteller hatte die Bitte um eine Staatsbürgschaft zunächst vor allem mit der Krise von General Motors begründet. Rechtsexperten wiesen allerdings darauf hin, dass eine staatliche Stützungsaktion nach Europarecht unzulässig ist, wenn nur der US-Mutterkonzern in Not ist, nicht aber die europäische Tochter. Dieser Hinderungsgrund dürfte mittlerweile entfallen sein.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch sieht inzwischen gute Chancen, dass Bund und Länder eine Staatsbürgschaft für Opel bewilligen werden. Die vorhandenen Probleme würden Schritt für Schritt abgearbeitet, sagte Koch nach einem Besuch des Opel-Stammwerks am Mittwoch. Es gebe keine unüberwindlichen Hindernisse.

(Ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

obama autokrise
International

US-Autokrise: Kritik an Obama aus den eigenen Reihen

Beim Überlebenskampf der großen US-Autokonzerne hat der designierte Präsident Obama bisher George W. Bush den Vortritt gelassen. Nun kommt Kritik - von seinen eigenen Parteifreunden.
usa auto gewerkschaft
International

US-Auto-Gewerkschaft: Jobabbau kein Tabu mehr

Die größte Auto-Gewerkschaft der USA erkennt die Not der Hersteller und ist bereit, die Tarifverträge neu zu verhandeln. "Wir sind willens, einen weiteren Schritt zu gehen", sagt UAW-Chef Gettelfinger.
General Motors CEO Richard Wagoner, second vehicle passenger seat, travels in a three-car convoy with
International

Chefs der US-Autokonzerne vor dem Kongress

Heute, Donnerstag, stellen sich die Chefs von Chrysler, Ford und General Motors dem US-Kongress. Sie bitten um staatliche Darlehen in Höhe von rund 27 Milliarden Dollar.
General Motors-Absatz bricht ein
International

US-Automarkt am Boden: Absatz bricht erneut ein

Der Autoabsatz in den USA ist auch im November massiv eingebrochen. US-Autobauer General Motors verkaufte um 41 Prozent weniger Fahrzeuge. Toyota meldet einen Rückgang um 34 Prozent.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.