Büromärkte: Mehr Leerstand, mehr Spielraum

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Die Krise ist europaweit spürbar, auch in Wien. Gute Zeiten für Firmen, um umzuziehen, etwa in die aufstrebenden neuen Büroachsen der Stadt.

Ans Expandieren denken Unternehmen derzeit eher wenig. Vielmehr leiden die europäischen Büromärkte unter den Streichungen von Arbeitsplätzen in zahlreichen Wirtschaftssektoren, wie das Beratungsunternehmen Jones Lang LaSalle (JLL) in seiner Büroimmobilienuhr für das vierte Quartal 2008 feststellt. Die gedämpfte Nachfrage lässt die gesamteuropäische durchschnittliche Leerstandsquote steigen: von 7,2 auf 7,7 Prozent im Vergleich zum Quartal davor. Darunter zu leiden hatten vor allem mittel- und osteuropäische Büroflächen, die Anstiege in Westeuropa fielen moderat aus.

Das Rezessionsumfeld ist laut JLL auch dafür verantwortlich, dass das Wachstum der Spitzenmieten weiter abnimmt – auch für Wien wird eine derartige Entwicklung diagnostiziert. Derzeit liegen die Spitzenmieten stabil bei rund 21,5 Euro pro Quadratmeter und Monat. Die Leerstandsrate liegt laut CPB Immobilientreuhand (Stand Jänner) bei 5,6 Prozent. Das ist im internationalen Vergleich gering: In Frankfurt stehen etwa 14,7 Prozent der Büros leer, in Budapest oder Amsterdam mehr als zwölf Prozent. Doch die Tendenz ist auch in Wien steigend.

Zeit für Umzüge

Das bringt jene Mieter in eine gute Position, die vielleicht nicht expandieren, aber umziehen wollen, europaweit genauso wie in Wien: „Oft sitzen Unternehmen in Gebäuden aus den Sechzigerjahren“, berichtet CPB-Bürospezialistin Alexandra Ehrenberger. Im Lauf der Jahre sind ihre Mieten aufgrund der Inflationsanpassung relativ hoch geworden, dazu kommen die hohen Energiekosten in alten Gebäuden sowie die meist schlechte Flächeneffizienz. Durch einen Umzug an einen modernen Bürostandort können die meisten Unternehmen ein Fünftel der Fläche einsparen. Und die Miete pro Quadratmeter ist in den meisten Fällen kaum höher.

In Erdberg, beim Prater

Ein Gutteil der neu bezogenen Büros liegt in den aufstrebenden Büroachsen am Wienerberg, in Erdberg oder um den Prater. Die Gründe für die Attraktivität der neuen Büroagglomerate liegen aber nicht nur in der Modernität oder der guten Infrastruktur, sondern schlicht im Angebot begründet: In diesen Gegenden wird am meisten investiert und gebaut, und für die neue Fläche braucht man Mieter. Einige Häuser füllen sich rasch: Die beiden Bürokomplexe „Hoch Zwei“ und „Plus Zwei“ mit insgesamt 40.000 Quadratmetern in der Krieau wurden heuer an die OMV übergeben. Auch 15.000 neue Quadratmeter in TownTown in Erdberg sind bereits voll vermietet, die vierte Bauphase des Euro Plaza mit 52.000 Quadratmetern immerhin zum Teil. Das sollte potenzielle Mieter aber nicht schrecken: Selbst wenn aufgrund der Finanzkrise im Vorjahr weniger Büroprojekte fertig wurden als ursprünglich geplant– an die 220.000 Quadratmeter kamen auf den Markt–, steigt die Leerstandsrate in Wien, da durch die Umzüge alte Flächen frei werden.

Die Attraktivität von Büroachsen steht und fällt mit der öffentlichen Verkehrsanbindung. Die U3-Verlängerung vor einigen Jahren hat die Gegend um Erdberg attraktiv gemacht. „Da wird auch viel Neues entstehen, etwa das Marximum“, stellt Claudia Strasser, Büromarktexpertin von NAI Otto Immobilien, fest. Es dürfte sich mit 40.000 Quadratmetern um das größte Projekt neben dem Catamaran am Handelskai (ebenfalls 40.000 Quadratmeter) handeln, das heuer in Wien fertig wird. Am Beginn seiner Entwicklung befindet sich die an den Prater angrenzende Gegend dank der erst im Vorjahr erfolgten U2-Verlängerung. Dort soll heuer das Projekt „Rund Vier“ mit 21.000 Quadratmetern auf den Markt kommen.

Die Nachfrage nach den Büroflächen auf diesen Achsen kommt vor allem aus dem Inland, berichtet Ehrenberger. Internationale Vermietungen seien seltener geworden. „US-amerikanische Unternehmen können derzeit schwer Expansionsentscheidungen treffen“, sagt die Expertin. Auch große Büros werden derzeit weniger häufig gesucht. Die stärkste Nachfrage gibt es nach Flächen zwischen 500 und 3000 Quadratmeter Fläche. Die neuen Mieter kommen aus fast allen Branchen, lediglich Anwälte und Steuerberater zieht es – traditionellerweise – in den ersten Bezirk. „Die Clusterbildung ist in Wien nicht wahnsinnig stark ausgeprägt“, bestätigt Strasser. Während die Innenstadt stark von Dienstleistungen geprägt sei, sei der Süden, etwa der Wienerberg, „ein bisschen IT-lastig“. So siedelte sich etwa der Mauttechnologiespezialist Kapsch TrafficCom dort an.

Von teuer bis günstig

Mit welchen Mieten umzugswillige Firmen rechnen können: In Wien liegt die Durchschnittsmiete derzeit bei zwölf bis 16 Euro pro Monat und Quadratmeter. Am meisten bezahlt man in der Innenstadt (13 bis 23 Euro). Zweitteuerstes Pflaster ist der Wienerberg (12,5 bis 19 Euro), in Erdberg kostet der Quadratmeter zwischen elf und 20 Euro. An der Achse um Wiener Messe, Handelskai und Prater muss man mit zwölf bis 17 Euro rechnen, am günstigsten kommt man gegenwärtig noch in der Gegend um den Westbahnhof sowie um Dresdner Straße und Lassallestraße weg (zehn bis 13,5 Euro).

AUF EINEN BLICK

Europa. Rückläufige Spitzenmieten, rezessionsbedingt weniger Nachfrage nach Büroflächen: So sehen die aktuellen Trends auf den europäischen Büromärkten aus.

Wien folgt dem Trend, jedoch nur abgeschwächt. Die Nachfrage nach Büroflächen kommt zurzeit vor allem von Umzügen. Firmen, die in alten, teuren Büros wohnen, nützen die Krise, um an einen attraktiveren Standort zu ziehen. Zu den meistgefragten Büroachsen zählen derzeit der Wienerberg, Erdberg und die Pratergegend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2009)

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