Offenbar zur Abschreckung hat die Terrormiliz ein Blutbad unter ihren Gegnern angerichtet. Unterdessen trafen die ersten Peshmerga-Kämpfer in der vom IS belagerten kurdisch-syrischen Stadt Kobane ein.
Im Irak wurde ein neues Massaker der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) an sunnitischen Stammeskämpfern bekannt: Laut Angaben der irakischen Behörden wurde ein Massengrab mit den Leichen von 150 Männern gefunden. Demnach wurden die Gefangenen erst am Mittwoch aus ihren Dörfern in die westirakische Stadt Ramadi gebracht, dort getötet und dann außerhalb der Stadt in einem Flusstal verscharrt. Die Angaben wurden von einem Stammesscheich gegenüber der irakischen Nachrichtenseite "Al-Sumaria" bestätigt.
Die Opferzahlen eines weiteren Massakers an Angehörigen des Albu Nimr Stammes in der Stadt Hit in der Nähe von Ramadi sind am Donnerstag dramatisch gestiegen: Am Vortag war noch von 46 Toten die Rede, nun sprachen die Behörden laut dem US-Sender CNN von bis zu 200. Mehr als 300 Männer des Stammes waren in den vergangenen von den Milizen des IS verschleppt worden.
Die Angst des IS vor sunnitischen Milizen
Der IS besteht selbst aus Sunniten und hat unter der sich marginalisiert fühlenden sunnitischen Bevölkerungsgruppe im Irak viele Unterstützer. Es gibt allerdings auch einige Stammesmilizen, die sich den Jihadisten entgegenstellen und gemeinsam mit der irakischen Armee kämpfen. Die jüngsten Massenmorde sind offenbar als Abschreckung gedacht.
Denn beim IS weiß man nur zu gut, dass genau das die Schwachstelle ist: Ihre Vorgängerorganisation "al-Qaida im Zweistromland" konnte erst zurückgedrängt werden, als die damals noch massiv im Irak stationierten US-Truppen 2006/2007 begannen, sunnitische Stammesmilizen für den Kampf gegen die Terroristen auszubilden und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Diese Milizen konnten sich in den sunnitischen Provinzen, die immer die Hochburg des irakischen al-Qaida-Ablegers waren, wie die Fische im Wasser bewegen und die Terror-Gruppe schließlich an den Rand des Zusammenbruchs bringen.
Das Versprechen, die Stammeskämpfer in die Armee einzugliedern, hat die Regierung des schiitischen Premiers Nuri al-Maliki allerdings nie eingelöst, im Gegenteil, sie ging sogar - nachdem die Milizen ihre Schuldigkeit getan hatten - teilweise gegen diese vor. Auch dies hat dazu beigetragen, dass der IS in den vergangenen Monaten in den sunnitischen Gebieten des Irak so rasch Fuß fassen konnte.
Kämpfer und schwere Waffen für Kobane
Unterdessen sind am Donnerstag die ersten Kämpfer der kurdischen Peschmerga-Miliz aus dem Irak in der syrischen Grenzstadt Kobane eingetroffen, um die Verteidiger der Stadt gegen Angriffe der Terrorgruppe IS zu unterstützen. Rund zehn Kämpfer der Kurden-Miliz hätten am Donnerstag die türkische Grenze überschritten, teilte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.
Der Rest der Peschmerga-Einheit wurde noch im weiteren Verlauf des Tages erwartet. Am Vortag waren 90 bis 100 Kurdenkämpfer per Flugzeug in der Türkei eingetroffen. Eine zweite Gruppe ist mit schweren Waffen auf dem Landweg durch die Türkei unterwegs nach Kobane. Die Türkei hatte vergangene Woche zugestimmt, die etwa 150 Kämpfer über ihr Territorium dorthin verlegen zu lassen.
Die Türkei traut den Kurden nicht
Da Ankara den Kurden aber nicht traut und fürchtet, dass ein kurdischer militärischer Erfolg in Kobane deren Selbstbewusstsein stärken und der Bildung einer gesamt-kurdischen Armee Vorschub leisten könnte, gab es aber eine Bedingung der Türkei: Auch Kämpfer der "Freien Syrischen Armee", die sonst gegen die Truppen von Syriens Diktator Bashar al-Assad kämpfen, mussten sich nach Kobane in Marsch setzen, als eine Art Aufpasser für die Kurden.
Die kurdische Regionalregierung im Irak hatte zudem erklärt, die Peschmerga sollten in Kobane nicht an vorderster Front kämpfen, sondern vor allem Artillerie-Unterstützung leisten. Die Kämpfer des „Islamischen Staates“ (IS) hatten die Stadt mit Panzern und gepanzerten Fahrzeugen angegriffen. Sie drohten mit einem Massaker an den Kurden in Kobane, wenn sie die Stadt einnähmen. Den Verteidigern der Stadt hatte es bisher vor allem an schweren Waffen gefehlt. Nur fortgesetzte Luftschläge einer US-geführten Allianz konnten bisher verhindern, dass Kobane vom IS überrannt wurde.
(APA/Reuters/DPA/hd)