Die Bundesregierung verstärkt ihren bisher geringen Einsatz gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika. Gesundheitsministerium ruft nächste Woche Ärzte auf, freiwillig zu helfen.
Wien. Im internationalen Kampf gegen die tödliche Seuche Ebola hat Österreich bisher eine eher bescheidene bis nicht existente Rolle gespielt. Langsam jedoch verstärkt die Bundesregierung ihr Engagement. Kommenden Dienstag wollen der Finanz- und der Außenminister im Ministerrat die Freigabe von einer Million Euro für das Internationale Rote Kreuz erreichen. Auf einem niederländischen Schiff werden zudem fünf Transport- und Rettungsfahrzeuge aus Österreich nach Westafrika gebracht. Und in Sierra Leone läuft ein Projekt zur Errichtung von Isolierstationen an, an dem sich die Österreichische Entwicklungsbank mit 270.000 Euro beteiligen wird.
Mit insgesamt einer halben Million hat die Entwicklungshilfeagentur bisher Nichtregierungsorganisationen unterstützt, um Ebola einzudämmen. 200.000 Euro davon sind an World Vision gegangen, das in Sierra Leone Schutzausrüstung verteilt und ein Schulungsprogramm aufzieht. Zudem steuert das Innenministerium 900 Schutzanzüge und 4000 Desinfektionssets bei.
Das war es dann aber auch schon. Besonders viel ist es nicht: Deutschland gab 120 Millionen, Großbritannien 200 Millionen. Doch ganz ausklinken will sich Österreich auch nicht. Es hat sich nicht nur mit der UNO und NGOs, sondern insbesondere auch mit Deutschland und den Niederlanden vernetzt, um den Hilfsbedarf in Liberia, Sierra Leone und Guinea zu erheben. Der deutsche Ebola-Beauftragte, Walter Lindner, hat sich unlängst selbst ein Bild der Situation in Westafrika gemacht. Peter Launsky-Tieffenthal, Sektionschef für Entwicklungszusammenarbeit im österreichischen Außenministerium, hält engen Kontakt mit ihm. Die Hauptbotschaft des deutschen Diplomaten: In Westafrika fehlt es vor allem an medizinischer Unterstützung.
Das österreichische Gesundheitsministerium wird deshalb kommende Woche einen Appell an österreichische Mediziner richten, sich freiwillig für einen Hilfseinsatz zu melden. Gebraucht werden Ärzte und Krankenschwestern nicht nur an vorderster Front, sondern auch in Laboren.
Fünf Helfer aus Österreich
Derzeit sind fünf Helfer aus Österreich in den Ebola-Gebieten im Einsatz: Vier arbeiten für die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF), einer für das Internationale Rote Kreuz. Von diesen fünf Österreichern sind „nur“ zwei im medizinischen Bereich tätig: eine Krankenschwester und ein Arzt. Die übrigen arbeiten als Logistiker sowie im administrativen Bereich. Melden sich zu wenige Ärzte oder Krankenpfleger, die sich am Kampf gegen Ebola beteiligen wollen?
„Wir haben eine Aussendung an unsere Mitarbeiter gemacht. Aber nicht jeder kann und will sofort ins Ebola-Gebiete gehen“, erklärt Isabelle Weisswasser-Jorrot, Personaldirektorin bei Ärzte ohne Grenzen. Zudem würde MSF medizinisches Personal, das zum ersten Mal für die Organisation arbeitet, nicht gleich auf Ebola-Einsatz schicken. „Jeder Einsatz in einem neuen Arbeitsumfeld ist eine Herausforderung. Der Ebola-Einsatz ist zusätzlich noch mit einem hohen Stressfaktor verbunden und risikoreicher.“ Daher zieht MSF erfahrene Ärzte und Krankenpfleger aus anderen Projekten ab, die dann in den MSF-Behandlungszentren in Westafrika arbeiten, bevor sie wieder in ihre ursprünglichen Positionen zurückkehren. „Für die Ebola-Projekte braucht man sehr viele Leute. Dazu kommt, dass Mitarbeiter maximal acht Wochen bleiben“, so Weisswasser-Jorrot.
Derzeit verfügt MSF noch über genügend Freiwillige, um die Ebola-Projekte am Laufen zu halten. „Wie es aber in drei Monaten ausschaut, können wir noch nicht sagen. Wir brauchen neue Leute, damit sie Erfahrung kriegen und im nächsten Schritt ins Ebola-Gebiet gehen können“, sagt Weisswasser-Jorrot. „Denn die Epidemie wird noch länger gehen.“
Vorbildliches Kuba
Eine Vorbildrolle kommt Kuba zu: Insgesamt sind knapp 250 Ärzte und Krankenpfleger aus der Karibik in den betroffenen Regionen Afrikas im Einsatz, weitere 200 sollen folgen. Keine andere Nationen hat so viele Mediziner für den Kampf gegen Ebola abgestellt.
Und sie sind bitter nötig: Zur Behandlung Erkrankter ist extrem viel Pflegepersonal nötig, das sich an strenge Sicherheitsmaßnahmen halten muss, um sich nicht selbst anzustecken. Aufgrund von schlechter oder mangelnder Ausrüstung und anfänglicher Unkenntnis sind in den betroffenen Ländern viele Ärzte gestorben.
Fakten
Seit Ausbruch der Ebola-Epidemie haben sich in Westafrika mehr als 13.700 Menschen mit dem Virus infiziert. Besonders stark betroffen sind Guinea, Liberia und Sierra Leone. In Nigeria und im Senegal konnte die Seuche eingedämmt werden. Die Zahl der Toten liegt laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei knapp 5000. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2014)