Ein Hauch von europäischer Solidarität

Die EU-Kommission verteilt zwischen 2014 und 2020 insgesamt 352 Milliarden Euro, um ärmere Regionen zu unterstützen.

Brüssel/Wien. Das Wort „Solidarität“ wurde im Rahmen der Finanz- und Schuldenkrise oft verwendet. Es ging vordergründig um Solidarität mit Griechenland, Spanien, Portugal, Zypern und Irland. Doch eigentlich hatte der sogenannte Rettungsschirm wenig mit Hilfe für die Bevölkerung dieser Länder zu tun. Er wurde dafür entworfen, die europäische Geldwirtschaft abzusichern.
Um Arbeitsplätze zu schaffen, die notwendige Infrastruktur aufzubauen und Bildungsmaßnahmen durchzuführen, werden aber diese Länder in den nächsten Jahren dennoch verstärkt von der EU profitieren. Diese Solidarität erhalten sie durch die in der EU vorgesehenen Transferzahlungen im Rahmen der Regionalpolitik. Eigentlich ist es eher ein Hauch von Solidarität. Denn dieser Transfer kann von seiner Größe nicht mit einem innerstaatlichen Finanzausgleichen wie in Österreich oder Deutschland verglichen werden. 2014 bis 2020 stehen aus dem gemeinsamen EU-Budget für alle 28 Mitgliedstaaten insgesamt 352 Milliarden Euro (größter Einzelposten) zur Verfügung, größter Profiteur wird erneut Polen sein.

Hilfe für weniger entwickelte Regionen

Die EU-Kommission konzentriert ihre finanzielle Unterstützung in erster Linie auf weniger entwickelte Regionen. Das sind Regionen mit einem regionalen BIP, das unter 75 Prozent des EU-Durchschnitts liegt. Auch das Burgenland zählte elf Jahre lang zu dieser Kategorie. Noch heute weisen die meisten Regionen der 2004 beigetretenen mittel- und osteuropäischen Länder einen solchen Nachholbedarf auf, aber auch Portugal, große Teile Griechenlands, einige Regionen in Spanien und Süditalien dürfen auf Regionalhilfe hoffen. Durch eine Vielzahl von Einzelprojekten soll dazu beigetragen werden, den Wohlstand und die Kaufkraft in diesen Regionen zu heben, sie wettbewerbsfähiger zu machen und nachhaltig Arbeitsplätze zu schaffen. Hilfe in geringerem Maße gibt es für Regionen in reicheren EU-Ländern wie Österreich.

Um an Fördergelder zu gelangen, muss jedes Mitgliedsland Partnerschaftsabkommen mit der EU-Kommission abschließen. Es werden Ziele formuliert, die nach Umsetzung der Förderprojekte evaluiert werden können. Die Programme selbst werden nicht von der EU-Verwaltung durchgeführt. Das muss die nationale oder regionale Behörde übernehmen. Aber die Beamten in Brüssel prüfen regelmäßig, ob das Geld sinnvoll eingesetzt wurde. Geschieht das nicht, werden die Fördergelder zurückgehalten und im Falle von Betrug oder Korruption auch wieder zurückgefordert.

Unterstützung von mehreren Fonds

Die Hilfe für Regionen wird aus mehreren Fonds gespeist: dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Er steht benachteiligten Gebieten zur Verfügung – etwa wegen ihrer geografischen Randlage. Dieser Fonds unterstützt die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Zudem werden aus dem Fonds grenzüberschreitende Projekte finanziert. Der Europäische Sozialfonds (ESF) steht vor allem für die Unterstützung von Arbeitssuchenden zur Verfügung. Es werden mit ihm Umschulungen und Projekte gefördert, die zu einer nachhaltigen Beschäftigung beitragen. Der Kohäsionsfonds fördert insbesondere Verkehrsnetze und Umweltprojekte. Ein Teil des Geldes wird für moderne Infrastruktur zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus gibt es den Fonds zur Unterstützung der ländlichen Entwicklung (ELER) und einen Meeres- und Fischereifonds (EMFF). Für Hilfe bei Naturkatastrophen steht ein Solidaritätsfonds (EUSF) zur Verfügung.
Um Regionalförderungen zu erhalten, müssen sich die Mitgliedstaaten oder deren Kommunen verpflichten, die einzelnen Projekte mitzufinanzieren. Diese Kofinanzierung trägt zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Fördermitteln bei, weil jedes Mitgliedsland selbst Interesse daran hat, dass die Gelder effizient eingesetzt werden.

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen und Kontrollen konnte ein Betrug mit EU-Förderungen bisher nicht völlig verhindert werden. Laut den Berichten des Europäischen Rechnungshofs wurden in den vergangenen Jahren bis zu sieben Prozent der Regionalförderungen nicht korrekt vergeben oder abgerechnet. Nicht immer handelt es sich dabei um vorsätzliches Fehlverhalten. In vielen Fällen wurden beispielsweise die EU-Regeln für öffentliche Ausschreibungen nicht korrekt angewandt oder die Abrechnung von Projekten nicht ausreichend dokumentiert.

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