Mehr Gewicht auf Wirtschaftsstrategie Europa 2020

Österreichs früherer Regionalkommissar, Johannes Hahn, läutete ein Umdenken in der Kohäsionspolitik ein.

Wien/Brüssel. Im Herbst 2013 war es endlich so weit: Die letzten Entscheidungen der vom damaligen österreichischen Regionalkommissar Johannes Hahn (ÖVP) initiierten Reform der europäischen Regionalpolitik gingen in die Zielgerade. Die nachhaltigen Änderungen betreffen in erster Linie eine klarere Ausrichtung auf die EU-Wirtschaftsstrategie Europa 2020. Für die Nutzung des Fonds für Regionale Entwicklung werden Zielvorgaben wie die Förderung von Klein- und Mittelbetrieben, Energieeffizienz, Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Forschung und Entwicklung verpflichtend.
Die Regionalpolitik zeige eine klare Verlagerung von der Infrastruktur hin zur Realwirtschaft, erklärte Hahn jüngst bei einem Kohäsionsforum in Brüssel. Gegenüber der vorangehenden Finanzperiode sei der Infrastrukturanteil um 20 Prozent zurückgegangen, während Energiesicherheit und Klimaschutz einen Auftrieb erfahren hätten.

Während der Finanz- und Eurokrise seit dem Jahr 2009 wurde offensichtlich, dass die Kohäsionspolitik künftig stärker mit der Haushaltsdisziplin der einzelnen Mitgliedstaaten verknüpft werden muss. Die Politik soll sich stärker mit den Regeln des Europäischen Semesters und den länderspezifischen Empfehlungen abstimmen und so den Effekt vermeiden, dass die „Wirksamkeit der Investitionen durch eine unsolide Haushalts- und Wirtschaftspolitik unterminiert wird“, wie die Kommission hofft.

Doch auch formal werden die Regeln für EU-Förderungen konkreter: Schon zu Beginn der jeweiligen Programmplanung müssen künftig „klare, transparente und messbare“ Ziele quantifiziert werden; die Fortschritte sollen nach dem Wunsch der Kommission „gemessen, bekannt gegeben und in weiterer Folge regelmäßig überprüft“ werden.
Durch eine neue Kategorie von „Übergangsregionen“, deren Bruttoinlandsprodukt zwischen 75 und 90 Prozent des EU-Durchschnitts liegt, soll das Fördergefälle zwischen den unterschiedlichen Wirtschaftsniveaus abgemildert werden. Auch soll die grenzübergreifende Zusammenarbeit viel stärker als bisher in den Fokus rücken, um „gemeinsame Probleme mit vereinten Kräften zu bewältigen“. 23 von 28 EU-Mitgliedstaaten sind derzeit bereits an makroregionalen Strategien beteiligt – darunter vor allem im Donau- und Ostseeraum, Atlantik und künftig auch an den neuen Strategien Adria-Ionisches Meer und Alpenraum.
Weil auch die Städte stärker in die Kohäsionspolitik einbezogen werden sollen, wird derzeit an einer eigenen „Städteagenda“ gearbeitet. Integrierte Projekte in Städten sollen zudem höhere Zuweisungen erhalten, als dies bisher der Fall war.

Im Fall von Katastrophen soll künftig schneller reagiert werden: Die Bestimmungen werden vereinfacht und gestrafft, damit künftig auch Vorschüsse gemacht werden können – um „direkt nach einer Katastrophe den dringendsten Bedarf zu decken“. Während der Amtszeit von Johannes Hahn 2010–2014 wurde der Solidaritätsfonds mit rund 1,5 Milliarden Euro in Anspruch genommen, um den Wiederaufbau nach Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Erdbeben und Waldbränden zu finanzieren.
Als größte Herausforderungen für seine Nachfolgerin Corinna Cretu aus Rumänien nannte Hahn jüngst eine weitere Vereinfachung der EU-Kohäsionspolitik, die richtige Balance zwischen Kontrollen und Vertrauen sowie die Förderung risikoreicherer Projekte, etwa für Jungunternehmer. (aga)

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