Jordanien: Aufgeklärter König mit couragierter Frau

König Abdullah
König Abdullah(c) Reuters (GARY CAMERON)
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Jordaniens Haschemiten-König Abdullah und seine Frau Rania bieten der Jihadisten-Miliz IS die Stirn.

Als der König zur Mittagszeit wieder auf heimatlichem Boden aufsetzte, um zum Palast zurückzukehren und seinem Volk in bitterer Stunde beizustehen, empfingen ihn in Amman tausende Anhänger, nicht allein aus Schulen und Universitäten herbeigekarrte Claqueure. Begleitet von einem Hupkonzert schwenkten sie Fahnen des Haschemitenreichs, sie hielten Fotos des Königs und des bestialisch hingerichteten Piloten der jordanischen Luftwaffe in die Höhe.

In seiner Heimat ist König Abdullah derart begeisterten Jubel nicht unbedingt gewohnt, eher ernten er und Rania, seine aparte Frau, Applaus im Ausland – wie erst unlängst beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Auf internationalem Parkett gibt das Paar denn auch eine glänzende Figur ab.

Die Nachricht von der Exekution Muat al-Kassaebeshs hatte den König in Washington erreicht, als er mit seinem ältesten Sohn, Kronprinz Hussein – benannt nach seinem Großvater –, im Senat auf dem Kapitol, im Außenministerium und zuletzt im Weißen Haus bei Präsident Barack Obama seine Honneurs machte. Die US-Regierung sagte ihm jede Unterstützung zu, vor allem eine Militärhilfe von drei Milliarden Dollar. Abdullah beschloss indessen, seinen Besuch abzubrechen und noch in der Nacht heimzufliegen.

Westliche Prägung

Allein dies belegt die engen Beziehungen zwischen den Verbündeten USA und Jordanien. Der 53-jährige König hat einst auch in Georgetown, der Jesuiten-Universität in Washington, sein Politologie-Studium beendet, das der Sohn einer britischen Mutter nach einer Ausbildung an der Militärakademie im englischen Sandhurst in Oxford begonnen hatte. Der westlichen Prägung, der Ausbildung an angelsächsischen Elite-Unis verdankt der Monarch seine Aufgeschlossenheit.

Gemeinsam mit Abdel Fatah al-Sisi, dem ägyptischen Präsidenten, berief er für Februar an der Kairoer-al-Azhar-Universität eine Konferenz zur Modernisierung des Islam ein. Als Abdullah mit seiner Frau Rania vor einem Monat in Paris am Solidaritätsmarsch für die Terroropfer teilnahmen, stieß dies in Jordanien freilich eher auf Missfallen. Denn auch in Jordanien provozierten die Mohammed-Karikaturen in „Charlie Hebdo“ Proteste.

Ohnehin vollzieht Abdullah – wie sein Vater Hussein – einen heiklen Spagat: Die Wüstenmonarchie ächzt unter dem Ansturm der Flüchtlinge aus dem syrischen Bürgerkrieg, das Flüchtlingslager Saatari quillt über. Das Gefüge des Haschemitenreichs ist seit Jahrzehnten außer Balance. Mehr als die Hälfte der Bewohner kamen einst als palästinensische Flüchtlinge über den Jordan. Hussein versuchte sich zunächst mit den Palästinensern, selbst mit der radikalen Hamas, zu verbünden – ehe er sie unter dem Druck Washingtons aus dem Land warf. Der Monarch überlebte eine Reihe von Attentaten, und seinem Sohn war dies gewiss eine Lehre, als er nach dessen Tod 1999 die Macht übernahm.

Ranias Brandrede gegen IS

In seiner Verurteilung der IS-Terroristen, wie etwa in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung im September in New York, nimmt sich der König kein Blatt vor den Mund – noch weniger allerdings tut dies seine Frau, was in Jordaniens patriarchalischer Struktur keineswegs nur positives Echo auslöste.

Ihre Brandrede vor einem Medienforum in Abu Dhabi im November verstand die in Kuwait aufgewachsene 44-jährige Tochter einer palästinensischen Arztfamilie als Weckruf für die arabische Welt. So eloquent wie emotional prangerte sie die Fanatiker des IS als ganz und gar unislamisch an, ihren Jihad als Frontalangriff auf die islamischen Werte. Sie würden die Identität der arabischen Nationen kidnappen, sagte sie. Sie forderte die arabische Welt zu einem Ende des Schweigens und zur Gegenwehr auf. „Wir sind mitschuldig an ihrem Erfolg. Wenn es je eine Zeit zur Empörung gab, dann jetzt.“ Die Rede mündete in einem Appell: „Entweder wir entwickeln unsere Religion, oder wir lassen sie durch andere zerstören.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2015)

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