Der neue Post-Chef: Provisorien halten länger

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Rudolf Jettmar könnte den gelben Riesen bis 2012 führen – bis der Vorstand komplett neu besetzt wird. Auf den zukünftigen Post-General kommen harte Zeiten zu.

Wenn etwas in Österreich Beständigkeit hat, dann sind das Provisorien. Das gilt für Bauvorhaben genauso wie für hohe Ämter im Staat und Spitzenpositionen in der Wirtschaft. Das jüngste Beispiel dafür, dass Provisorien lange halten, könnte die Post werden. Im März musste General Anton Wais vorzeitig den Chefsessel räumen – aus gesundheitlichen Gründen. Interimistisch führt Finanzer Rudolf Jettmar die Geschäfte.

Der Nachfolger von Wais soll schnell gefunden sein: Die Suche, für die sich Aufsichtsratspräsident und ÖIAG-Vorstand Peter Michaelis den Headhunter Egon Zehnder geholt hat, startet am Mittwoch. Vier Wochen später, am Tag vor der Hauptversammlung am 6. Mai, will Michaelis im Aufsichtsrat „Vorstandsangelegenheiten“ besprechen.

Michaelis' Favorit ist Paket-Logistik-Chef Carl-Gerold Mende, der 2008 von Royal Mail geholt wurde. Der Deutsche mit Auslandserfahrung ist politisch nicht punziert, was für ihn spricht. Dennoch wird Michaelis möglicherweise anders entscheiden (müssen) – ungeachtet dessen, dass sich um den Posten, der seit jeher fest in roter Hand ist, etliche Kandidaten in Stellung bringen. Das „Provisorium“ Jettmar könnte nämlich, obwohl er dem bürgerlichen Lager angehört, noch zwei Jahre Post-Chef bleiben. Genauer gesagt bis Ende 2011 bzw. Mitte 2012, wenn die Verträge aller Post-Vorstände auslaufen. Dann muss die Post-Führung komplett besetzt werden.

Auf diese Variante sollen sich Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und seine Parteikollegin, Infrastrukturministerin Doris Bures, verständigt haben. Nicht ohne Grund: Auf den Post-General kommen harte Zeiten zu. Er muss den Monopolisten für die Liberalisierung des Postmarktes ab 2011 fit trimmen. Das bedeutet harte Rationalisierungen bei den Postämtern und Personalabbau. Wais hat damit schon heftigen Widerstand von Politik und Gewerkschaft ausgelöst. Faymann selbst hat als Infrastrukturminister im Herbst Wais' Plan, 300 Postämter durch Postpartner zu ersetzen, bis Jahresmitte 2009 gestoppt. Die Gefahr, dass ein neuer – roter – Post-Chef von den eigenen Genossen „zerlegt“ wird, ist groß. Daher scheint es nur logisch, die ohnehin nicht dick bestückte SPÖ-Personalreserve zu „schonen“.

Jettmars Verbleib an der Post-Spitze dürfte vor allem die Pläne seines Vorstandskollegen Herbert Götz durchkreuzen, der aus seinen Ambitionen auf eine Konzernführung nie ein Hehl gemacht hat. Vielleicht tut sich aber ein anderes Betätigungsfeld auf: Sollte EVN-Vorstandssprecher Burkhard Hofer tatsächlich in Pension gehen, eröffnen sich für Götz neue Perspektiven. Bei der EVN stimmt auch die Farbe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2009)

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