Pilz: "Bürger vor prügelnder Minderheit der Polizei schützen"

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Gewaltvorwürfe gegen die Polizei sollten künftig von einer unabhängigen Einrichtung untersucht werden, fordert der grüne Sicherheitssprecher. Polizei und Staatsanwaltschaft wirft er Komplizenschaft vor.

Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz tritt für die Schaffung einer unabhängigen Einrichtung ein, die im Fall von Anzeigen gegen Polizisten ermitteln soll. In dieser Institution sollten Juristen, Ärzte und Experten für Menschenrechte vertreten sein, sagte Pilz am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Anlass der Forderung ist der am Dienstag publik gewordene und auf Video dokumentierte Fall der 47-Jährigen Wienerin. Die Frau wirft der Polizei Misshandlung vor, was nie weiterverfolgt wurde, während die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Frau erhob. Justizministerium und Anklagebehörde haben die Anklageerhebung mittlerweile als "vorschnell" kritisiert. Pilz verlangt nun, dass dem zuständigen Staatsanwalt der Fall entzogen wird. "Wir müssen die Bürger vor der prügelnden Minderheit in der Polizei schützen", sagte der Sicherheitssprecher der Grünen.

Pilz zählt weitere Fälle auf

Der Abgeordnete wirft Polizei und Anklagebehörde Komplizenschaft vor und zählte eine Reihe von Fällen auf, in denen ebenfalls schuldlose Menschen zu Opfern von Polizeiübergriffen geworden seien und womöglich noch wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt wurden. In einem Fall im Jahr 2011 sei ein Diabetiker, der sich wegen Ruhestörung beschwert hätte, stundenlang nackt eingesperrt worden - trotz seines Hinweises, dass er Medikamente benötige. Zuletzt sei der Zuckerspiegel des Mannes auf ein lebensbedrohendes Niveau gestiegen.

Einem an Blasenkrebs leidenden Zeugen eines Streits bei der Meisterschaftsfeier der Austria Wien im Mai 2013 sei eineinhalb Stunden lang der Toilettenbesuch verweigert worden, ehe er mit der Ankündigung entlassen wurde, eine Anzeige zu erhalten. Zuvor seien er und drei weitere Zeugen der Auseinandersetzung, bei der fälschlich ein Streitschlichter festgenommen worden sei, von der Polizei grob beschimpft worden.

Schauplatz beider Fälle war nach Angaben von Pilz die Polizeiinspektion Deutschmeisterplatz. Er habe nach einer Sitzung des Innenausschusses im April 2014 eine Reihe von ihm dokumentierter Fälle an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, für interne Ermittlungen übergeben - mit exakter Darstellung des Sachverhalts, aber ohne die Namen der betroffenen Bürger, da nicht garantiert worden sei, dass gegen diese keine Verfahren eingeleitet würden, sagte Pilz. Bei den Ermittlungen sei laut Kogler nichts herausgekommen, sagte der Sicherheitssprecher der Grünen.

Anti-Folter-Konvention nicht umgesetzt?

Die Ermittlungen seien zwar im Auftrag der Justiz, jedoch polizeiintern geführt worden, bemängelte Pilz. Er urgiert für Fälle mit schwieriger Beweislage die Beteiligung eines Staatsanwalts bei den zeitnah durchzuführenden Befragungen. Dies sei in einem auf der Anti-Folter-Konvention der UNO basierenden Erlass des Justizministeriums vorgesehen, aber "es passiert nicht", sagte der Grün-Politiker.

Kritik übte Pilz auch am Korpsgeist innerhalb der Polizei. Er verlangt, dass auch Mitwisserschaft mit Sanktionen verbunden sein sollte und zitierte Zeugenaussagen, wonach Polizisten am Deutschmeisterplatz von älteren Beamten mit den Worten "Hört's auf mit dem Blödsinn" zwar zur Änderung ihres Verhaltens aufgefordert worden seien. Weitere Folgen habe es nicht gegeben.

(APA)

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