Varoufakis in Mittelfinger-Video: "Löst das Problem doch selbst"

APA/EPA/ANDREA BUTTI
  • Drucken

Ein Video aus 2013 zeigt eine Szene, in der Varoufakis den Deutschen vermeintlich den Stinkefinger zeigt. Der griechische Finanzminister sprach von Fälschung.

Trotz zunehmend leerer Kassen in Athen hält der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis die Lage nicht für dramatisch. Es handle sich um ein "unbedeutendes Liquiditätsproblem", das Europa nicht auseinander treiben dürfe, sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Günther Jauch". Auch der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat Berichte dementiert, wonach seinem Land noch in diesem Monat die Pleite droht. "Es gibt absolut kein Liquiditätsproblem", sagte Tsipras am Sonntag in Athen nach einem Treffen mit seinem Finanzminister.

Auf die Frage, ob sein Land noch vor Monatsende zahlungsunfähig werden könne, wich Varoufakis aus: "Wir in der griechischen Regierung tun unser Bestes, um sicherzustellen, dass alle Gläubiger ihr Geld zurückbekommen." Gleichzeitig müssten auch Rentner, Pensionisten und Staatsbedienstete rechtzeitig ihr Geld bekommen. Griechenlands Staat brechen die Steuereinnahmen weg. Zugleich steht die Regierung unter Druck, weil sie laufende Schulden bedienen muss. Noch im März stehen Zahlungen an den IWF und andere Gläubiger in Höhe von 1,6 Milliarden Euro an. 

Varoufakis hält Video für Fälschung

Für mehr Aufregung als die Schuldendiskussion sorgte in der Jauch-Sendung die Einspielung eines älteren Videos von Varoufakis, in dem der Grieche vermeintlich den Deutschen den Stinkefinger zeigt. Varoufakis, live aus Athen zugeschaltet, reagierte empört und sprach von einer Fälschung: "Das ist ein unechtes Video. Der Finger ist reinmontiert worden."

Auch ein Youtube-Video von einem Vortrag im Jahr 2013 in Zagreb lässt Jauch einspielen. Darin präsentiert Varoufakis seinen Vorschlag, dass sich Griechenland im Januar 2010 offiziell für bankrott innerhalb der Eurozone hätte erklären sollen. Und während er sagt "Dann zeigt man eben Deutschland den Finger und sagt: Jetzt löst doch das Problem selbst" zeigt er einen Stinkefinger mit der linken Hand. Jauch erwiderte, seinen Informationen zufolge stamme das Bild von einer Konferenz in Zagreb im Jahr 2013. Varoufakis meinte: "Ich schäme mich dafür, dass man mir das zutraut."

Eine ARD-Prüfung auf Echtheit ergab nach Angaben der Redaktion von Günther Jauch, dass das Video allem Anschein nach echt sei. Nach bisherigem Kenntnisstand gebe es keinerlei Anzeichen von Manipulation oder Fälschung im Video, erklärte die Redaktion des ARD-Talkrunde am Montag in Berlin. Die Redaktion lasse aber weiterhin durch mehrere Netzexperten die Echtheit des Videos prüfen.

Fotoserie sorgt für Aufsehen

Auch eine opulente Fotoserie mit seiner Frau in dem franzöischen Magazin "Paris Match" sorgte für Aufsehen. Varoufakis hatte sich von dem Blatt inmitten der schweren Finanzkrise seines Landes im Dolce-Vita-Stil fotografieren lassen. "Ich frage mich: Gefällt mir diese Ästhetik? Nein. Und ich bereue es. Wir beide (er und seine Frau) bereuen es", sagte Varoufakis am Sonntag im griechischen Fernsehen.

Die griechische Boulevardpresse hatte kürzlich ausgerechnet, dass Varoufakis binnen 30 Tagen mehr als 40 Interviews vor allem im Fernsehen gegeben hat. Kritik an den Fotos war auch aus Regierungskreisen gekommen. "Ich bin offen für Kritik", sagte Varoufakis dazu.

Athen weist Einmischung zurück

Bayerns Finanzminister Markus Söder forderte, den Verteidigungsminister, der das gefordert hat, zu entlassen. Varoufakis entgegnet kühl: "Ich glaube nicht, dass ich mir anmaßen würde, Deutschland zu empfehlen, welche Minister es einstellen sollte." Der griechische Verteidigungsminister hatte mehrfach gefordert, dass Griechenland Europa mit Flüchtlingen überschwemmen werde. Varoufakis distanziert sich davon. Er sagt: "Gerade die CSU müsste doch wissen, dass man nicht alle Minister an die Kette legen kann."

Zugleich bezeichnete er die Frage deutscher Reparationen für die Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg als einen moralischen Punkt: "Es geht nicht um Geld. Es tut mir weh, dass das Thema der Zwangskredite nicht beigelegt ist. Ich hätte es sehr, sehr gern, wenn das Thema vom Tisch käme."

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

johnny cash
Medien

Vom Phallus zum „unzüchtigen Finger“

Darf ein Politiker den Mittelfinger recken? Ronald Reagan und Peer Steinbrück taten es – wie schon ein antiker Philosoph: Über eine der ältesten beleidigenden Gesten, und was sie mit englischen Vögeln zu tun hat.
Kommentare

Der Finger

Hat er, oder hat er nicht? Seit Sonntag scheint es in der Griechenland-Debatte nur noch eine Frage zu geben:
Böhmermann ZDF
Medien

ZDF stellt klar: Böhmermann-Video ist Satire

Das Mittelfinger-Video mit dem griechischen Finanzminister Varoufakis ist keine Fälschung, so der Sender. Auf Twitter wird angeregt über Jan Böhmermann, Moderator der ZDF-Show "Neo Magazin Royale", diskutiert.
Willkommen �sterreich mit Stermann & Grissemann
Medien

Nach "Stinkefinger": ZDF erwägt künftig "Vorsicht Satire"-Hinweis

Das angeblich gefälschte Varoufakis-Video sorgt für Verwirrung. Das ZDF will nun vor Ausstrahlungen von Jan Böhmermanns Sendung "Neo Magazin Royale" einen Warnhinweis zu platzieren.
Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis
Medien

"Stinkefinger": ZDF-Kabarettist will Video manipuliert haben

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis soll den Deutschen in einem Video den Mittelfinger gezeigt haben. Unwahr, sagt Jan Böhmermann. Sein Team sei dafür verantwortlich.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.