Pensionen: Finanzminister sieht dringenden Handlungsbedarf

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SONDERSITZUNG DES NATIONALRATES: SCHELLLING(c) APA (ROBERT JAEGER)
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Hans Jörg Schelling Schelling drängt erneut auf raschere Anpassung des Frauenpensionsantrittsalters. Widerstand kommt von der SPÖ und dem ÖGB.

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat am Samstag erneut betont, dass bei den Pensionen Reformdruck bestehe. Im Ö1-"Journal zu Gast" verwies er auf die "enorm" steigende Kosten in diesem Bereich. Einmal mehr äußerte er seine Empfehlung, das Frauenpensionsantrittsalter jenem der Männer rascher als geplant anzupassen, passieren sollte dies alles aber in einem "Gesamtpaket".

Der Ressortchef verwies auf Expertenmeinungen, diese würden alle empfehlen, dass man angesichts der längeren Lebensdauer rasch eine Pensionsreform durchführen sollte. Bisher habe es trotz aller durch die Regierung gesetzten Maßnahmen keinen deutlichen Anstieg des faktischen Pensionsantrittsalters gegeben.

Es gehe nicht um den jetzigen Status, sondern man müssen schauen, was in 25 Jahren ist, so der Minister. "Deshalb müssen wir jetzt handeln, um Kindern und Enkelkindern einen vergleichbaren Wohlstand zu sichern", sagte Schelling. Die Aussagen von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), wonach bei den Pensionen ohnehin alles im Plan sei, seien "zu hinterfragen".

Schelling drängte einmal mehr darauf, das Frauenpensionsalter, das laut aktuellem Beschluss im Jahr 2024 jenem der Männer angeglichen werden soll, schon früher anzugreifen: "Natürlich halte ich das für zweckmäßig, aber es muss im Rahmen eines Gesamtpakets passieren." Denn jede Einzelmaßnahme könne einen Beitrag leisten, "aber diese Einzelmaßnahme wird das System nicht retten." Angehen will er auch die Beamten-Pensionen. "Selbstverständlich darf auch das nicht vergessen werden."

Widerstand aus der SPÖ

"Finanzminister Schelling verunsichert mit derartigen Aussagen die Frauen. Diese Verunsicherung muss endlich aufhören", so SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Andrea Brunner am Samstag in einer Aussendung. Kritik an Schelling übte auch die Opposition sowie der ÖGB.

Brunner machte klar, dass die SPÖ nicht gedenkt, den Vorschlägen des Finanzministers nahezutreten: "Auch wenn wir mit der ÖVP 'Täglich grüßt das Murmeltier' spielen müssen - wir bleiben dabei: Das Frauenpensionsalter wird nicht vorzeitig angehoben!", so die SP-Frauenchefin. "Das Frauenpensionsalter wird ohnehin ab 2024 schrittweise angehoben. Diese Vorgehensweise ist verfassungsrechtlich verankert und muss eingehalten werden. Es wird höchste Zeit, dass auch die ÖVP dies akzeptiert."

Kritik kam auch von der Opposition. Als "wenig erhellend" bezeichnet FPÖ-Budgetsprecher Elmar Podgorschek die Aussagen Schellings im Ö1-"Journal zu Gast". Der Minister habe lediglich "wieder einmal seine Selbstvermarktungsneigung unter Beweis gestellt", inhaltlich erschöpfe er sich in "'No-na'-Aussagen". Dass Österreich grundlegende Reformen brauche, darauf hätten die Freiheitliche schon seit Jahren hingewiesen - "insofern können wir Schellings Bestandsaufnahme durchaus zustimmen". Seinen Worten müssten aber auch Taten folgen - "und an denen werden wir ihn messen", so der FP-Abgeordnete.

Der Grüne Budgetsprecher Bruno Rossmann sprach von einer "Ankündigungsflut" Schellings. Die vorgelegte Steuertarifanpassung habe mit einer echten Reform so viel zu tun, "wie ein Marathon mit einem 100 Meter Sprint", so Rossmann. "Schelling macht es sich zu einfach, wenn er glaubt 100 Meter würden ausreichen, um sich die Reform-Krone aufsetzen zu können. Die Tarifanpassung hat eine verteilungspolitische Schieflage, weil die niedrigen Einkommen - und damit vor allem die Frauen - nur unterdurchschnittlich entlastet werden", so die Kritik des Grünen Abgeordneten, der eine Beteiligung der Reichen und Superreichen an der Finanzierung der Reform vermisst.

Auch Team Stronach-Klubchefin Waltraud Dietrich vermisste konkrete Schritte: "Wann wird diese Regierung endlich die angekündigten Reformen umsetzen?", so die Mandatarin.

Ein klares Nein zur vorzeitige Anhebung des Frauen-Pensionsantrittsalters kam auch von der Gewerkschaft. Dies bringe weder dem Finanzminister etwas, noch den betroffenen Frauen, erklärte ÖGB-Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende Renate Anderl. Denn die Jobchancen für ältere Frauen seien schlecht - "und eine höhere Pension erhalten sie dadurch auch nicht". Der beste Weg, das Pensionssystem zu entlasten, sei es, die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer zu erhöhen. Daher müsse das Bonus-Malus-System "endlich umgesetzt werden".

Schelling: "Ineffizienzen" im Arbeitsmarktbereich

Im Bereich des Arbeitsmarktes will Schelling ebenfalls Schritte setzen. Hier gehe es darum, "Ineffizienzen" zu bekämpfen. Es sei "nicht sehr effizient", wenn man Arbeitssuchende "vier Mal in die gleiche Schulung" schicke, sie aber nicht dem Arbeitsmarkt vermittle. Das vorhandene Geld sollte in "wirksame Maßnahmen" fließen. In beiden Punkten wünscht sich der Ressortchef noch heuer Ergebnisse, thematisieren will er dies auf der Regierungsklausur kommende Woche in Krems.

Zur beschlossenen Steuerreform meinte er generell, er denke schon, dass es gelungen sei, das Paket gut zu verkaufen. Wirklich merken würden die Bürger die Reform aber erst 2016, so seine Einschätzung. Zwei Umfragen zur Steuerreform vom Wochenende hatten unterschiedliche Ergebnisse gebracht: Während in einer IMAS-Umfrage der "Kronen Zeitung" 41 Prozent der Befragten die Reform "eher positiv" bewerteten, glauben laut einer Umfrage des "profil" (Unique research) nur 32 Prozent an einen positiven Effekt für die eigene Brieftasche, 61 Prozent erwarten sich keine spürbare Entlastung.

Das "Morgenjournal" berichtete unterdessen, dass die von der Regierung im Zuge der Steuerreform geplante Vereinfachung beim Lohnsteuerausgleich im Jahr 2017 kommen soll. So sollen etwa Kirchenbeiträge oder Spenden künftig automatisch erfasst werden.

Finanzausgleich: Prozess in sechs bis acht Wochen starten

Zum Finanzausgleich erklärte Schelling, er wolle den entsprechenden Prozess in sechs bis acht Wochen starten. Der Ressortchef plädierte für einen aufgabenorientierten Finanzausgleich, außerdem sollten künftig Zuständigkeit und Verantwortlichkeit in derselben Hand sein. Und eine Arbeitsgruppe solle sich ansehen, in welchen Bereichen Steuerautonomie für die Länder möglich und sinnvoll sein könnte.

Auch zur Hypo-Abbaubank äußerte sich der Finanzminister im "Journal zu Gast": Seine Forderung an die Länder, zu ihren Haftungen zu stehen, würde eingehalten, so seine Einschätzung. Allerdings hatte es gestern aus Salzburg geheißen, dass es dort keine Garantieerklärung für die Landes-Hypo - wie sie in anderen Bundesländern bereits beschlossen wurde - geben werde. Ein Gutachten besage, dass Salzburg nicht mehr Gewährträger der Landes-Hypo sei, hieß es von der Landesregierung am Freitag. Mehrheitseignerin der Hypo Salzburg ist die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich.

Von Griechenland forderte Schelling einmal mehr Reformen ein und äußerte Zweifel, dass das noch laufende zweite Hilfsprogramm erfolgreich abgeschlossen werde. Das sei aber notwendig, damit die meisten anderen Eurostaaten einem dritten Paket zustimmen würden. Auch ortete er ein Vertrauensproblem, so würde Griechenland etwa nicht alle "Zahlen, Daten und Fakten" liefern.

(APA)

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