Hillary bereitet Bill Clintons dritte Amtszeit vor

Hillary und Bill Clinton
Hillary und Bill ClintonReuters
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15 Jahre nach Ende der Ära ihres Mannes schlägt Hillary Clinton eine Zeitreise in die 1990er-Jahre vor.

Washington. Die Kandidatur von Hillary Clinton für das Amt der US-Präsidentin ist seit Sonntag offiziell. Die frühere First Lady, Senatorin und Außenministerin verkündete das vermutlich am schlechtesten gehütete Geheimnis in einer Videobotschaft und bereitete dann Kampagnenreisen in die Bundesstaaten Iowa und New Hampshire vor, wo Anfang 2016 die ersten beiden parteiinternen Vorwahlen stattfinden werden.

Das Brimborium um ihre Kandidatur, die Rückblicke auf ihr Scheitern an Barack Obama vor acht Jahren und die bisweilen ethisch grenzwertige Amtsauffassung des Ehepaares Clinton in den vergangenen vier Jahrzehnten haben die interessierte Öffentlichkeit seit Monaten beschäftigt. Wenig Raum wurde bisher jedoch der Frage gewidmet, wofür die Präsidentin Hillary Clinton politisch stehen würde.

Noch hält sich die Kandidatin möglichst bedeckt, doch anhand ihrer acht Jahre im Senat und vier Jahre im Außenministerium sowie zahlreicher Stellungnahmen lässt sich ein politisches Profil skizzieren, das auf folgende Quintessenz zuläuft: Wer 2016 Hillary wählt, bekommt das prosperierende, auf dem Höhepunkt seiner globalen Großmachtstellung ruhende Amerika des Jahres 2000.
Nach eineinhalb Jahrzehnten stagnierender Reallöhne für die Mittelschicht und Einkommensverluste für die Armen, zwei verlustreichen und teuren Kriegen im Orient und einem so gut wie vollständig im parteipolitischen Hass erstarrten Washingtoner Politikbetrieb verspricht Hillary Clinton somit eine Rückkehr zu den beiden Amtszeiten ihres Mannes, als die US-Amerikaner sich steigenden Wohlstands, der Sicherheit vor dem islamistischen Terror und Überschüsse im Staatshaushalt erfreuen durften.

Chancen nicht nur für Charlotte

Die Kernbotschaft dieser Kampagne, die gleichsam eine dritte Clinton-Amtszeit einläuten soll, lautet: Chancen für alle. Im Internet hat sie ein neues Nachwort zu ihrem 2014 erschienenen zweiten Memoirenband veröffentlicht, der diesen egalitär-meritokratischen Appell zur Belebung des amerikanischen Traums mit einem Verweis auf ihre Enkeltochter Charlotte so fasst: „Man sollte nicht die Enkelin eines Präsidenten oder einer Außenministerin sein, um ausgezeichnete Gesundheitsversorgung, Bildung und all die Unterstützung und Vorteile zu erhalten, die eines Tages zu einem guten Job und einem erfolgreichen Leben führen. Das wollen wir für alle unsere Kinder. Und das ist nicht nur Idealismus. Das ist das Rezept für breiten Wohlstand und eine gesunde Demokratie.“

Konkret ist zu erwarten, dass Clinton sich mit jenen rund zwei Dutzend republikanisch geführten Bundesstaaten ins Einvernehmen setzen wird, die die von Präsident Obama eingeführte neue Krankenversicherung ablehnen. Clinton wird sich, will sie die hohen Studentenkreditschulden eindämmen, auch mit den mächtigen US-Hochschulen anlegen müssen, die seit Jahren ihre Studiengebühren in intransparenter Weise um zum Teil jährliche zweistellige Prozentbeträge steigen lassen und das Studieren auch für Mittelschichtkinder zusehends unerschwinglich machen.

Falkin mit Außenmaß und ruhiger Hand

Es wird zudem interessant sein zu beobachten, auf welche Seite sich Clinton im seit Monaten schwelenden Streit um die Erhöhung gesetzlicher Mindestlöhne stellt: auf jene der Arbeitnehmer, die letztlich von den Gewerkschaftsverbänden unterstützt werden, die die wichtigsten Sponsoren demokratischer Kandidaten sind? Oder auf die Seite der Arbeitgeber, vor allem der großen börsenotierten Fastfood- und Supermarktkonzerne, mit denen die an der Wall Street bestens vernetzte Clinton ein gutes Einvernehmen pflegt?

In der Beziehung zur Welt wird sich Clinton weiterhin bemühen, sich dezent von Obama zu distanzieren, ohne illoyal zu erscheinen oder sich dem Vorwurf auszusetzen, ihre eigene Amtsführung im State Department zu kritisieren. Diesen Balanceakt kann man schon jetzt beobachten. Clinton nimmt zum Beispiel für sich in Anspruch, den Beginn der Gespräche mit dem Iran über die Eindämmung dessen Atomwaffenprogramm initiiert zu haben, doch zuletzt warnte sie davor, dass der Iran nicht genug auf seine Versprechungen verpflichtet werde.
Hinsichtlich Russlands wiederum versucht Clinton, von ihrer Verantwortung für den im Licht der feindseligen Politik Wladimir Putins naiv wirkenden Neustart der Beziehungen zu Moskau durch Hinweise auf das neue Abkommen über die Reduktion von Atomwaffen abzulenken, das sie mit dem Kreml ausverhandelt hat. Zudem spart sie nicht mit harscher Kritik an Putin, und das schließt auch Vergleiche mit Adolf Hitler ein.

Ebenso positioniert sich Clinton angesichts der Wirren des Arabischen Frühlings rechts von Obama. Sie war stets dafür, die gemäßigte Opposition in Syrien zu bewaffnen, um Diktator Assad zu stürzen, während Obama nicht einmal nach Assads Giftgasangriff auf Zivilisten zu Militärschlägen aus der Ferne bereit war. Clinton wird versuchen, das Erstarken des Islamischen Staates als Argument für ihre einstige harte Haltung zu deuten.

Comeback der Transatlantik-Achse

Europa wiederum dürfte sich von Hillary Clinton eine zarte Wiederbelebung der transatlantischen Achse erhoffen, die unter dem an Europa ziemlich desinteressierten Obama eingerostet ist. Vor allem das Zusammenspiel mit Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Christine Lagarde, der französischen Chefin des Internationalen Währungsfonds, könnte der EU indirekt neue Bedeutung bei der Lösung der globalen Fragen verleihen. „Hillary Clinton weiß mehr von Europa, und sie hat mehr Gefühl für Europa“, sagte neulich Ex-EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso der „Presse am Sonntag“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2015)

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