Fröhlich steht Wien gut

EUROVISION SONG CONTEST 2015: EUROVISION VILLAGE / FANS
EUROVISION SONG CONTEST 2015: EUROVISION VILLAGE / FANSAPA/HELMUT FOHRINGER
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Kinder merken, dass etwas anders ist.

Die Stadt ist natürlich nicht für die Kinder da. Sie ist kein großer Jahrmarkt. Sie hat einige Ecken, wo gespielt werden kann, aber sonst hat der Alltag reibungslos zu funktionieren. Die Abläufe werden ohnehin oft genug gestört, durch Veranstaltungen, durch den zähen Verkehr, durch Baustellen. Irgendwas ist immer.

Die Stadt ist seit Wochen für den Song Contest da. Das hat für Kritik gesorgt: die Kosten, die Belästigung mit einem Thema, das viele nicht interessiert. Es wird aber mehr über den Wahnsinn gesprochen, als dass man mit ihm in Berührung kommt. Denn gerade die umstrittenen Ideen sind jene, die man kaum bemerkt. Alles hat man schon über die Ampelpärchen gelesen, aber sie nur einmal zufällig entdeckt. „Jö schau, ein Herz!“, haben die Kinder gerufen. Sonst fällt ihnen nichts auf. Sie würden sich auch freuen, wenn Darth Vader auf einer Ampel zu sehen wäre. Kinder interessieren sich nicht dafür, was hinter dem Aufwand steckt, sie merken nur, dass etwas anders ist.

Es sind viele junge Menschen in der Stadt unterwegs, in kleinen Grüppchen, einige tragen Badges mit dem Song-Contest-Logo. Sie sind gut gelaunt, das fällt auf. Sie werden auch überall willkommen geheißen, sogar auf den Zeitanzeigen der Wiener Linien. Der Zweier kommt trotzdem in genau so wahnwitzigen Abständen wie immer. Dafür sind einige Straßenbahnen mit dem „Building Bridges“-Logo bemalt.


Neue Bildsprache. Was auch in die mediale Welt hinausgetragen wurde, waren die „Postkarten“, die kurzen Filmchen, mit denen die Teilnehmer bei den Finalsendungen vorgestellt wurden. Gezeigt werden schönste Bilder aus ganz Österreich, vom Bregenzer See bis zu den Klettersteigen in Dürnstein. Natürlich werden hier Klischees bemüht. Aber im Gegensatz zu dem, was man etwa von der filmischen Untermalung des Neujahrskonzerts gewöhnt ist, wird hier eine neue Bildsprache verwendet: eine humorvolle, weniger pathetische, eine reduzierte Sprache.

Wie nach jedem großen Fest wird auch vom Song Contest nach dem großen Aufräumen und Bilanzieren nicht viel bleiben. Von einer Erkenntnis könnte man jedoch in Zukunft etwas haben: Es ist nicht das „Andersrum“, das diese Wochen geprägt hat, sondern die Unbeschwertheit. Fröhlich steht Wien auch ganz gut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2015)

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